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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Matrone am Nebentisch.
    Das Kaffeekännchen war leer, der Uhrzeiger rückte auf die Zehn vor, ich konnte mich also auf den Weg machen. Zu den Veranstaltungsräumen führte ein breiter Gang, flankiert von Glasvitrinen mit Schmuck und Haute Couture, hin und wieder halbgeöffnete Türen, hinter denen Gelächter zu hören war – dort hatte man mit den Partys schon früher angefangen und war entsprechend beschwingt –, ganz hinten endlich Saal Nr. 5. Einige der Herren in dunklen Anzügen kannte ich flüchtig, es waren die Außendienstmitarbeiter und heute zur Truppenbetreuung abkommandiert, alle anderen Gesichter waren mir fremd. So reihte ich mich erst einmal in die Schlange ein, die sich gerade zum Defilee formierte. Nacheinander schritten wir durch die Tür, neben der sich die Gastgeber aufgestellt hatten: Erst Verlegers, dann das Ehepaar Konsalik, von dem ich inzwischen wußte, daß es im Verlag irgendwie mit drinhing. Die Begrüßung war formellhöflich, Küßchen rechts und Küßchen links waren Prominenteren vorbehalten, nur Herr Konsalik zog mich kurz zur Seite. »Ich hab ja so gelacht über Ihre Bücher!« Ich strahlte ihn an.
    Die Gäste tröpfelten erst spärlich herein. Wer auf sich hielt, kam später, wer nicht eingeladen war, kam noch später, weil es dann nicht mehr auffiel. Cocktailpartys zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, daß es immer zu viele Leute gibt und zuwenig Stühle. Deshalb hatte ich auch sofort einen angepeilt und mich darauf niedergelassen. Er hatte sogar den Vorzug, hinter einer Säule halb verborgen zu sein, und außerdem stand ein Tisch daneben, darauf ein Aschenbecher. Es macht keinen so guten Eindruck, wenn man mangels geeigneter Gefäße seine Zigarette jedesmal verstohlen im Blumentopf ausdrücken muß. Kellner in Weinrot servierten Alkoholika.
    »Ist hier noch frei?« Vor mir stand etwas Platinblondes in einem viel zu engen Kleid aus schwarzem Lackleder. Dieses Futteral bewies zwar, daß es sich um eine Frau handelte, es bewies aber auch, daß sie keine Dame war. Sascha hätte doch mitkommen sollen!
    »Ich war schon auf zwei anderen Partys, müssen Sie wissen, und nun kann ich nicht mehr stehen.« Sie ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen, streifte ihre Pumps ab, rieb die Zehen aneinander. »Eigentlich gehöre ich ja gar nicht dazu, aber mein Freund ist bei der Zeitung, der kommt überall rein mit seinem Ausweis, der hat mich einfach mitgenommen. Ist ja auch hochinteressant, nicht wahr? Die vielen bekannten Leute. Seh’n Sie mal den da hinten, ist das nicht einer vom Fernsehen?«
    Ich folgte ihrem ausgestreckten Zeigefinger. Doch, das war der Auslandsreporter mit dem Pferdegesicht, nur sein Name fiel mir nicht ein.
    »Meinen Sie, ich könnte mir ein Autogramm holen?«
    »Versuchen Sie es doch.« Immerhin wäre das eine Möglichkeit, dieses aufdringliche Geschöpf loszuwerden. »Lieber nicht, da stehen so viele Leute herum. Das ist mir denn doch zu peinlich.«
    Ich bezweifelte stark, daß dieser Person auch nur irgend etwas peinlich sein könnte, aber sie blieb sitzen und wandte ihr uneingeschränktes Interesse nun mir zu. Unter der gebleichten Mähne hatte sie ein rundes, leeres Gesicht, das aussah, als habe sie es noch nicht bezogen. »Wer sind Sie denn?« Und als ich nicht antwortete: »Haben Sie auch was mit Büchern zu tun?«
    »Ja.«
    »Ich lese nämlich sehr viel«, plapperte sie weiter, »am liebsten was mit Adel und natürlich Ärzteromane. Kennen Sie ›Die letzte Entscheidung‹? Hochinteressant, sage ich Ihnen. Mein Freund sagt immer, Lesen bildet. Da hat er ja auch recht. Aber neulich hat er mir ein Buch gebracht, das war gar kein richtiges, das war ein berühmtes Theaterstück, ich glaub, von einem Amerikaner. Shakespeare heißt er. Aber es hat mir nicht besonders gefallen. Da kamen lauter Sprichwörter drin vor, die hat er bestimmt woanders abgeschrieben. Mein Freund hat nämlich ein anderes Buch, da stehen die alle drin.«
    Hilfesuchend sah ich mich um. Gab es denn niemanden, der mich hier loseiste oder – noch besser – diese Nervensäge abschleppte?
    »Müßten Sie sich nicht einmal um Ihren Freund kümmern?« schlug ich vor.
    »Ach nein, der kommt schon von allein. Wahrscheinlich steht er am kalten Büfett. Er hat ja immer so’n Hunger, aber bei der Party nebenan gab es nur Sandwiches. Deshalb sind wir auch hierhergegangen. Wir haben nämlich gesehen, wie die Ober Spanferkel hereingetragen haben und Würstchen.«
    »Haben Sie sich da nicht geirrt?«

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