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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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das ist auch nicht so wichtig. Hasch ist wirklich harmlos, wenn man sich davon nicht abhängig macht.«
    »Das leuchtet ein«, gab ich zu, »aber wie, bitte sehr, verhindert man das? Ein Alkoholiker merkt ja auch in den seltensten Fällen, daß er einer ist. Das fällt nur seiner Umgebung auf.
    »Eben! Und wann ist dir aufgefallen, daß ich Hasch rauche?«
    Ich schnappte nach Luft. »Willst du damit sagen, daß sei heute nicht das erste Mal?«
    »Natürlich nicht. Und wenn du nicht so unerwartet früh hier reingeschneit wärst, hättest du auch weiterhin nichts gemerkt.«
    Es stellte sich heraus, daß mein Sohn, den ich zwar nie für einen Unschuldsengel gehalten hatte, den ich aber zumindest gegen die negativen Einflüsse einer Großstadt gefeit glaubte, schon seit Monaten ein Blechdöschen besaß, in dem er einen gewissen Vorrat an schwarzem, grünem oder sonstwelchem Afghanen hortete, der sich bei passender Gelegenheit in süßlichen Rauch auflöste.
    »Nun glaub bloß nicht, ich hocke jede Nacht in meinem Kämmerlein und ziehe mir einen Joint nach dem anderen rein. Manchmal rühre ich das Zeug wochenlang nicht an. Allein macht’s keinen Spaß, dazu gehört die richtige Clique, und du weißt ja selbst, daß ich in Stuttgart vor lauter Rödelei kaum Zeit habe.«
    Das stimmte. Seine Lehrzeit war kein Zuckerschlecken, vor Mitternacht kam er selten aus seinem Nobelschuppen raus.
    »Dann erklär mir doch bloß mal, weshalb du dieses Zeug überhaupt rauchst? Was bewirkt es? Wie fühlt man sich, wenn man high ist? Schwebst du durch rosarote Wölkchen?«
    »Nee, so was erlebt man bei LSD, sofern man Glück hat. Ich hatte allerdings einen Horrortrip, deshalb habe ich diesen Kram nie wieder angefaßt. Außerdem ist mir hinterher jämmerlich schlecht geworden.«
    Na bravo! Auf’m Trip ist er also auch schon gewesen! Schlagartig wurde mir klar, daß ich von Saschas Privatleben eigentlich recht wenig wußte. Er verbrachte seine freien Tage ziemlich regelmäßig zu Hause, mal mit, mal ohne weibliche Seitendeckung, er war abwechselnd charmant oder rotzfrech, an manchen Tagen hätte man mit ihm Pferde stehlen können, an anderen sprach man ihn am besten gar nicht erst an – genaugenommen war er ein völlig normaler Beinahe-schon-Twen. Und nun das! Hasch!! LSD!!! Wer weiß, was jetzt noch alles kam, nachdem er angefangen hatte auszupacken.
    Der Knabe Hanno hatte bisher nur den Mund aufgemacht, um ihn mit Chips vollzustopfen, jetzt wurde er plötzlich redselig. »Sie müssen das nicht so eng sehen, Frau Sanders. LSD ist sowieso out, das schluckt kein Mensch mehr. Ich hab’s übrigens nie probiert, bringt ja nichts. Aber nach ‘nem Joint kann ich sogar einen ganzen Abend lang meine Eltern ertragen, und das will was heißen. Reden kann man mit denen nämlich nicht. Da läuft doch nichts mehr außer Fernsehen und der Klospülung.«
    »Dann schaff dir eine Freundin an!«
    »Hab ich ja. Die ist auch ganz okay, aber manchmal braucht man eben so ein richtiges Männergespräch.«
    Ich sah mir die vier Männer der Reihe nach an und verschluckte lieber das, was mir auf der Zunge lag. Statt dessen sagte ich: »Reden kann man auch ohne Stimulanzien.«
    »Aber mit ist es ergiebiger. Sie können sich gar nicht vorstellen, was wir schon alles für Probleme gelöst haben. Vom Weltfrieden bis zum Ladenschlußgesetz.«
    »Das versteht sie ja doch nicht!« ergriff Sascha wieder das Wort. »Määm, die Sache ist ganz einfach. Mit ein bißchen Hasch im Hirn kann man herrlich träumen, spinnen, Illusionen rücken plötzlich in greifbare Nähe – man taucht für eine kurze Zeit aus der Wirklichkeit weg. Dann verfliegt der Rausch, die Realität ist wieder da, und man bemerkt, daß der Schnürsenkel im Schuh immer noch zerrissen ist und man endlich neue reinziehen muß. Das Geschirr von morgens steht auch noch rum, also rafft man sich auf und geht zur Tagesordnung über. Ende der Vorstellung.«
    Das klang zwar ganz einleuchtend, aber – »Wie ist das nun, wenn das Bedürfnis, der Wirklichkeit zu entfliehen, weiter zunimmt? Die Gefahr besteht doch?«
    »Kann schon sein, aber bestimmt nur bei den labilen Typen, die ohnehin auf der Kippe stehen und ihr Leben nicht in den Griff kriegen. Die brauchen schon morgens ihren Joint, bevor sie überhaupt die Augen aufmachen. Genau wie Alkoholiker, die erst mal einen Dreistöckigen frühstücken. Bei uns ist das wirklich eine ganz harmlose Sache. Früher haben wir hinterm Stromhäuschen gesessen und heimlich

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