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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Terrassentür, Beine auf dem Papierkorb, der Rest des Körpers auf einem Stapel Kissen.
    »Was macht ihr hier eigentlich? Den großen Manitou beschwören?« Mir war inzwischen das kleine langstielige Pfeifchen aufgefallen, das von einem zum anderen weitergegeben wurde, nachdem jeder einmal daran gezogen hatte. Und ich hatte geglaubt, sie seien über das Winnetou-Alter längst hinaus.
    »Wollen Sie auch mal?« Auffordernd hielt mir Klaus die Pfeife entgegen.
    »Nee, danke. Wer weiß, was ihr da für Kraut reingestopft habt. Es riecht wie billiges Parfum.«
    »War aber gar nicht so billig«, kicherte er.
    Plötzlich dämmerte es mir. Der süßliche Geruch, die allgemeine Gleichgültigkeit, die Kerzen auf dem Boden… »Raucht ihr etwa Hasch???«
    »Na, was hast du denn gedacht?« grinste Sascha. »Hier, probier mal. Du warst doch bestimmt noch nie high?«
    »Darauf lege ich auch nicht den geringsten Wert. Wenn ich euch traurige Gestalten sehe, halte ich diesen Zustand für nicht besonders erstrebenswert.«
    Diese scheinbare Gleichmütigkeit war allerdings nur gespielt. Krampfhaft überlegte ich, wie ich mich jetzt am besten verhalten sollte. Schreien, toben, den ganzen Verein rausschmeißen? Mit der Polizei drohen? Damit hätte ich die Geschichte nur an die große Glocke gehängt und vielleicht aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Wenn Engländer Nervenstärkung brauchen, kochen sie Tee. In Deutschland kocht man Kaffee. Der würde diesem geistig weggetretenen Kleeblatt ohnehin guttun, vielleicht kriegte man die Jungs damit wieder auf die Beine.
    Während ich die Maschine mit der doppelten Portion Kaffee füllte und Tassen aufs Tablett stellte, überlegte ich den nächsten Schritt. Es hätte wohl wenig Zweck, die Knaben abzufüllen und dann nach Hause zu schicken. Wer weiß, ob sie überhaupt stehen konnten. Dank ihrer Bewegungslosigkeit hatte ich das noch nicht herausfinden können. Außerdem hielt ich es für unfair, wenn Sascha die anschließende Standpauke allein über sich ergehen lassen müßte, letzten Endes waren ja alle vier an diesem Tabakskolleg beteiligt.
    Eine Menge Gedanken schossen mir durch den Kopf und verdichteten sich zu Horrorbildern. Man war schließlich aufgeklärt, hatte »Christiane F.« gelesen und die Statistik der Rauschgifttoten, man wußte, daß Haschisch die Einstiegsdroge war und zwangsläufig zu stärkeren Mitteln führen würde, man war über die Folgen informiert, über die steigende Jugendkriminalität… Wie, zum Henker, waren die Bengels überhaupt an das Zeug herangekommen? In unserer ländlichen Gegend, wo der Polizeiposten um 17 Uhr seine Amtsstube zuschließt und nach Hause geht, manifestierten sich kriminelle Delikte allenfalls mal in einem aufgebrochenen Zigarettenautomaten. Deshalb hielt ich es für ausgeschlossen, daß die Jungs hier am Ort das Gras aufgetrieben hatten. Und Sascha war meines Wissens der einzige, der weiter aus Bad Randersau herauskam als nur bis zur nächsten Kreisstadt, weil er seinen Ausbildungsplatz in Stuttgart hatte. Sollte ausgerechnet er…?
    Nachdem ich die Kaffeetassen auf dem Couchtisch abgestellt hatte, bequemten sich die Herren sogar zum Aufstehen und verteilten sich über die verschiedenen Sitzgelegenheiten. Keiner schwankte, keiner lallte vor sich hin, sie erkundigten sich im Gegenteil sehr wortreich, ob ich nicht vielleicht etwas Eßbares im Haus habe. Ich holte Chips und Kekse, die dankbar angenommen und auch im Handumdrehen vertilgt wurden, und dann diskutierten wir. Stundenlang. Bis vier Uhr morgens.
    »Weshalb qualmt ihr dieses Zeug überhaupt?«
    »Just for fun«, sagte Sascha.
    »Das ist kein Argument. Da müßt ihr schon mit stichhaltigeren Gründen kommen! Nur zum Spaß nimmt man keine Drogen.«
    Wolfgang war der erste, der mir den Wind aus den Segeln nahm. »Trinken Sie Alkohol?«
    »Ab und zu. Das ist ja nicht verboten.«
    »Sind Sie Alkoholikerin?«
    »Ob ich was bin?« Der Junge tickte wohl nicht richtig! »Wenn ich mal ein Glas Wein trinke oder einen Whisky, bin ich doch nicht alkoholabhängig.«
    »Na, sehen Sie«, feixte er, »und nur weil wir mal einen Joint rauchen, glauben Sie sofort, wir seien drogensüchtig.«
    »Ja, aber…«, stotterte ich hilflos.
    »Ich weiß, was du sagen willst, Määm«, unterbrach mich Sascha, »Hasch ist Einstiegsdroge, dann folgt Koks, danach Heroin – glaubst du denn, wir seien von gestern? Übrigens gibt es da noch ein paar Zwischenstationen, von denen du bestimmt keine Ahnung hast, aber

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