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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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für Discos entdeckt. Ich wunderte mich, aber ich konnte meine fast volljährige Tochter nicht mehr zu Hause anbinden.
    Die Bombe platzte, als sie mir auf dem Sommerfest über den Weg lief. In ihrer Begleitung befand sich ein Herr, der beinahe ihr Vater hätte sein können. Sie murmelte seinen Namen, den ich nicht verstand, der Herr murmelte ebenfalls etwas, das ich nicht verstand, und dann waren sie auch schon wieder im Gedränge verschwunden.
    Am nächsten Morgen herrschte eisige Stimmung. Ich bohrte, Steffi schwieg beharrlich, Rolf sagte erst mal gar nichts, weil er heikle Aufgaben grundsätzlich an mich delegierte, und die Zwillinge suchten zu vermitteln. Sie kannten den Herrn bereits näher und fanden ihn »super«.
    »Sobald ich achtzehn bin, ziehe ich sowieso aus!« erklärte mir meine Tochter nach der siebenundzwanzigsten Debatte über Altersunterschiede, zu frühe Bindungen und ähnliche Argumente, die Mütter von sich geben, wenn sie feststellen müssen, daß ihre Kinder plötzlich erwachsen geworden sind.
    Stefanies Emigrationspläne nahm ich natürlich nicht ernst. Wovon wollte sie denn leben? Sie hatte zwar ihren Handelsschulabschluß in der Tasche, sogar einen recht guten, aber keine Stellung. Im Augenblick jobbte sie in einer kleinen Autoreparaturwerkstatt, wo sie morgens die Buchhaltung erledigte und nachmittags unter den defekten Karren lag, um mit fachmännischer Hilfe Kolbenringe und Auspufftöpfe zu erneuern. Ich fand das ganz nützlich. Meine technischen Fähigkeiten reichen nicht mal zu einem Ölwechsel.
    Inzwischen hatte ich herausbekommen, daß der bewußte Herr in Heidelberg wohnte, nur seinen Namen kannte ich noch nicht. Horst hieß er, soviel hatten mir die Zwillinge verraten. Also setzte ich mich mit Steffis bester Freundin in Verbindung, von der ich mir nähere Einzelheiten erhoffte.
    »Ich war schon darauf und dran, Sie anzurufen, hab’s dann aber doch nicht getan, weil ich Steffi nicht in die Pfanne hauen wollte«, sagte Christiane aufatmend. »Ich hatte ja keine Ahnung, daß Sie Bescheid wissen.«
    »Ich weiß gar nichts! Ich will im Gegenteil von dir etwas wissen. Wer ist der Knilch überhaupt?«
    »Er heißt Horst Hermann, aber die Adresse kenne ich nicht. Ich hab ihn auch nur einmal gesehen, als ich Steffi im Krankenhaus besucht habe. Da hat sie ihn ja kennengelernt.«
    »So lange geht das schon?« Stefanies Meniskusoperation lag mindestens ein halbes Jahr zurück.
    »Eigentlich ist er ganz nett«, behauptete Christiane, »aber für Steffi ist er doch viel zu alt!«
    Genau das war der springende Punkt! Hoffentlich hatte dieser Mensch Telefon. Er hatte. Aus dem amtlichen Fernsprechverzeichnis Band 76 suchte ich seine Anschrift heraus, schrieb ihm ein paar Zeilen und bat um seinen Besuch. Allein.
    Entgegen meiner Befürchtung, er könne sich vor einer Aussprache drücken, trabte er pünktlich an, war höflich, verbindlich und genauso dickköpfig wie meine Tochter. Argumente, die gegen eine Verbindung sprachen, widerlegte er, Rolfs Einwände zogen auch nicht, worauf er unseren Besucher nach einer halben Stunde vor die Tür setzte.
    Drei Tage später wurde Stefanie achtzehn, vier Tage später zog sie aus. Zunächst mit einem Handköfferchen, dann mit einem etwas größeren Koffer, zum Schluß fuhr sie mit einem Kombi vor und holte Stereoanlage, Fernseher, Bücherregal und Herrn Hoffmann ab, einen schon etwas ramponierten überdimensionalen Teddy, seinerzeit bejubelter Hauptgewinn bei einer Losbude.
    Ich heulte, Steffi heulte, keiner sagte etwas, schließlich klappte die Haustür zu, Steffi war weg. Endgültig. Oder vielleicht doch nicht? Die Sache konnte ja nicht gutgehen, zwei, drei Wochen möglicherweise, höchstens einen Monat. Steffi konnte nicht kochen, konnte nicht bügeln, hatte vom Haushalt so gut wie gar keine Ahnung… Horst Hermann würde sehr schnell dahinterkommen, was er sich da eingehandelt hatte.
    Horst Hermann kam nicht dahinter. Oder vielmehr doch, aber es machte ihm Spaß, Stefanie in die Kunst der gutbürgerlichen Küche einzuweihen. Als gelernter Junggeselle beherrschte er sie recht gut. Nach zwei versengten Oberhemden hatte das dritte nur noch ein paar Falten, wo eigentlich keine hingehörten, und wie man Knöpfe annäht, muß er ihr wohl auch beigebracht haben. Außerdem hatte er ihr einen Job bei einer Versicherung besorgt.
    Alles das erfuhr ich natürlich erst viel später. Spärliche Auskünfte über meine entfleuchte Tochter erhielt ich nur durch die

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