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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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denn er winkte und zappelte vor der Milchglasscheibe, wie es Männer machen, die noch nie zuvor mit einem Kind zu tun hatten.
    »Ich will versuchen, ihn abzuwimmeln, Astrid. Bleib in der Küche und halte dich etwas zurück, hast du gehört?« Astrid nickte und presste sich ein zerknülltes Küchentuch vor den Mund.
    Seike öffnete die Tür und Axel Sanders stellte sich in den Flur, so verlegen und steif, dass sie gleich wusste, er war nicht wegen einer Tasse Tee vorbeigekommen.
    »Entschuldige, ich habe Besuch. Ist vielleicht gerade ein wenig unpassend«, zischelte sie ihm zu, doch sicher noch laut genug, damit Astrid es mit gespitzten Ohren hören konnte. Sollte sie ruhig glauben, dass es noch etwas Intimes zwischen Sanders und ihr gab. Sie hatte ihr damals erzählt, dass sie Sanders in der Silvesternacht in ihr Bett geschleppt hatte. Astrid hatte damals gekichert vor Vergnügen. Aber sie hatte ja nicht gewusst, dass dieser One-Night-Stand eine der traurigsten Geschichten war, die Seike zu erzählen wusste. Schließlich hatte sie sich in dieser Nacht nur trotzig trösten wollen, weil Gerrit sich mal wieder entschieden hatte, mit Frau und Kind zu feiern.
    »Ich bin dienstlich hier und muss dich dringend unter vier Augen sprechen.«
    »Hm, aber mein Besuch hat auch ein wichtiges Anliegen, geht es wirklich nicht später, eine halbe Stunde vielleicht?« So ein Mist. Seike ahnte, dass Axel sie wegen der Sache vorgestern Abend ansprechen wollte, sicher hatte irgendjemand etwas davon mitbekommen und ihm gestern an der Domäne Bill ein paar verräterische Sätze zugeflüstert. Doch sie konnte Astrid jetzt unmöglich vor die Tür setzen.
    »Gehen wir nach oben«, schlug Seike schließlich vor und führte Axel zur schmalen steilen Treppe, die in einem kleinen Bogen zu ihrem und Pauls Schlafzimmer führte. Hier konnten sie ungestört reden.
    »Du kennst ja den Weg«, sagte sie noch. »Komme gleich hinterher.«
    Als sie sich umdrehte, sah sie Astrid bereits im Türrahmen stehen. »Es tut mir schrecklich Leid, Astrid, ich kann es doch auch nicht ändern!« Astrid schwieg nur, sie hatte aufgehört zu weinen. Paul tapste zur Treppe.
    »Mama, Mama, Attel, Attel!«
    Es fehlte nicht viel und Seike würde kapitulieren. Sie spürte, dass sie sich haarscharf auf den Punkt zubewegte, wo nichts mehr ging. Der fordernde Paul und der Vorwurf in Astrids Augen und Axel Sanders’ dienstlicher Besuch und dann noch diese Übelkeit – es war nicht auszuhalten.
    »Mama, haba Hunga! Mama!«
    Was sollte sie tun? Eigentlich gab es keine wirkliche Lösung, sie steckte drin im Schlamassel ihres Lebens. Sie holte tief Luft, nahm Paul an die Hand und führte ihn zu Astrid. Ihr gelang ein Blick direkt in das verheulte Gesicht.
    »Kannst du dich einen Moment um Paul kümmern? Mach ihm doch bitte einen Obstquark. Die Sachen sind im Kühlschrank!« Astrid zeigte keine Reaktion und Paul quakte noch immer. Er wollte Astrids Hand nicht ergreifen. »Himmel, vielleicht lenkt es dich ein wenig ab, Astrid. Ich weiß, es ist anmaßend, ich weiß, du würdest mich am liebsten killen. Das kannst du auch tun. Gleich, okay? Nur einen Moment!«
    Langsam beugte Astrid sich zu Paul herunter. Seike beobachtete, wie sie über seinen Haarschopf strich.
    Dann eilte sie ins Schlafzimmer hinauf. Axel Sanders stand mit verschränkten Armen am Fenster und starrte auf die Dünen, als gäbe es dort wichtige Dinge zu beobachten. Er war distanziert, man konnte auf den ersten Blick erkennen, dass er nicht gern in diesem kleinen Zimmer stand, neben dem Bett, in dem sie vor elf Wochen das neue Jahr begrüßt hatten. Er blickte sich nicht um, als sie die Tür hinter sich schloss. »Hast du mir etwas zu sagen?«
    »Ich habe dir immer schrecklich viel zu sagen, Axel Sanders, was meinst du genau?« Sie versuchte es auf die Art, mit der sie immer die Männer zum Lachen brachte, mit der sie stets Verlegenheiten ausräumen und sich selbst ins beste Licht rücken konnte. Doch er reagierte nicht. »Gut, ich weiß, was du meinst. Es würde mich sehr interessieren, wer dir davon erzählt.«
    »Dieser Bonnhofen«, sagte er kurz.
    »Bonnhofen? Der Immobilienmakler von Norderney?« Wie um Himmels willen war der dahinter gekommen, dachte sie. War er vielleicht der Mann gewesen, der vorgestern in Kais Wohnung gewartet hatte? Als Kai rübergekommen war, um nach Henner zu fragen, und ein einziger Blick in ihre Wohnung gereicht hatte, alles zu verstehen? Aber warum hatte dieser geldgeile Gauner dieses

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