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Das Halsband der Koenigin 1

Das Halsband der Koenigin 1

Titel: Das Halsband der Koenigin 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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und Sammten einer geheizten Wohnung eingemummt ist. Jeder Frost ist ein Gepränge, jedes Unwetter eine Decorationsveränderung, die der Reiche durch seine Fensterscheiben von dem großen und ewigen Maschinisten, den man Gott nennt, ausführen sieht.
    In der That, wer warm hat, kann die schwarzen Bäume bewundern und einen Reiz in den düstern Perspectiven der vom Winter einbalsamirten Ebenen finden.
    Derjenige, welcher die süßen Wohlgerüche des Mittagsmahles, das seiner harrt, zu seinem Gehirn emporsteigen fühlt, kann von Zeit zu Zeit durch ein halbgeöffnetes Fenster den scharfen Duft des Nordostwinds und den eisigen Dunst des Schnees einschlürfen.
    Derjenige endlich, welcher nach einem Tag ohne Leiden, wenn Millionen von seinen Mitbürgern gelitten haben, unter Eiderdunen, in seinen Leintüchern, in einem warmen Bett sich ausstreckt, der kann, wie jener Egoist des Lucretius, den Voltaire verherrlicht, finden, Alles sei gut in dieser besten der möglichen Welten.
    Derjenige aber, welcher friert, sieht Nichts mehr von all' diesen Herrlichkeiten der Natur, die ebenso reich sind in ihrem Weißen, als in ihrem grünen Mantel.
    Derjenige, welcher Hunger hat, sucht die Erde und flieht den Himmel: den Himmel ohne Sonne und folglich ohne Lächeln für den Unglücklichen.
    In der Epoche nun, zu der wir gelangt sind, nämlich gegen die Mitte des Monats April, seufzten dreimalhunderttausend Unglückliche, vor Kälte und Hunger sterbend, in Paris allein, wo man unter dem Vorwand, keine Stadt enthalte mehr Reiche, nicht die geringsten Vorsichtsmaßregeln getroffen hatte, um es zu verhindern, daß die Armen durch die Kälte und die Noth umkamen.
    Seit vier Monaten trieb ein eherner Himmel die Unglücklichen der Dörfer in die Städte, wie gewöhnlich der Winter die Wölfe aus den Wäldern in die Dörfer treibt.
    Kein Brod, kein Holz mehr.
    Kein Brod mehr für die Menschen, welche die Kälte auszustehen hatten, kein Holz mehr, um Brod zu backen.
    Alle Vorräthe, die eingebracht worden waren, hatte Paris in einem Monat aufgezehrt; der Prevot der Handelsleute, ein unvorsichtiger und unfähiger Mann, verstand es nicht einmal, nach Paris, das seiner Fürsorge anvertraut war, zweimalhunderttausend in einem Umkreise von zehn Meilen um die Hauptstadt verfügbare Klafter Holz hereinzuschaffen.
    Als Entschuldigung nannte er, wenn es gefror, das Eis, das die Pferde am Gehen verhindere; wenn es aufthaute, die Unzulänglichkeit der Wagen und Pferde. Ludwig XVI., stets gut, stets menschenfreundlich, stets zuerst berührt von den physischen Bedürfnissen des Volkes, dessen sociale Bedürfnisse ihm eher entgingen, fing damit an, daß er zweimalhunderttausend Livres zum Miethen von Wagen und Pferden anwies; dann nahm er die einen und die andern zwangsweise in Requisition.
    Der Verbrauch fuhr indessen fort, das Ankommende wegzuraffen. Man mußte die Käufer taxiren. Niemand war berechtigt, vom allgemeinen Holzhof Anfangs mehr als eine Fuhre, dann mehr als eine halbe Fuhre wegzunehmen. Man sah nun den Schweif der Käufer vor dem Thor der Holzhöfe sich verlängern, wie er sich später vor den Thüren der Bäcker verlängern sollte.
    Der König verausgabte all sein Geld in Almosen. Er erhob drei Millionen von den Einnahmen des Octroi, und verwendete diese drei Millionen auf die Erleichterung der Unglücklichen, wobei er erklärte, jeder Drang müsse weichen und schweigen vor dem Drang der Kälte und des Hungers.
    Die Königin gab ihrerseits fünfhundert Louisd'or von ihren Ersparnissen. Man verwandelte die Klöster, die Hospitäler, die öffentlichen Gebäude in Zufluchtsorte, und jeder Thorweg öffnete sich auf den Befehl seiner Gebieter, nach dem Beispiel der königlichen Schlösser, um in die Höfe der Hotels den Armen, die sich um ein großes Feuer kauerten, Zugang zu gewähren.
    Man hoffte so das gute Thauwetter zu erreichen.
    Doch der Himmel war unbeugsam! Jeden Abend breitete sich ein kupferrother Schleier über dem Firmament aus; die Sterne glänzten trocken und kalt, wie das Feuer einer Pechpfanne bei einer Beerdigung, und das nächtliche Gefrieren verdichtete abermals den bleichen Schnee, den die Mittagssonne ein wenig flüssig gemacht hatte, in einen Diamantsee.
    Am Tag häuften Tausende von Arbeitern mit Hacke und Schaufel den Schnee und das Eis längs den Häusern auf, so daß ein doppelter, dichter, feuchter Wall die Hälfte der größtentheils schon zu engen Straßen versperrte. Gewichtige Wagen mit glitschenden Rädern,

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