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Das Halsband der Koenigin 2

Das Halsband der Koenigin 2

Titel: Das Halsband der Koenigin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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unsern Vater ...«
    »Unser Vater! ah! Philipp, sprich nicht so,« erwiderte Andree voll Bitterkeit, »muß ein Vater nicht die Stütze seiner Kinder sein oder ihre Unterstützung annehmen? Nur unter dieser Bedingung ist er der Vater. Was thut der unsere? frage ich Dich. Hast Du je den Gedanken gehabt, Herrn von Taverney ein Geheimniß anzuvertrauen? Und hältst Du ihn für fähig, Dich zu sich zu rufen, um Dir eines von seinen Geheimnissen mitzutheilen? Nein,« fuhr Andree mit einem Ausdruck von Kummer fort, »Herr von Taverney ist gemacht, um allein in dieser Welt zu leben.«
    »Das will ich wohl glauben, Andree, doch er ist nicht gemacht, um allein zu sterben.«
    Diese mit sanfter Strenge gesprochenen Worte erinnerten die junge Frau daran, daß sie ihrem Zorn, ihrer Bitterkeit, ihrem Groll gegen die Welt zu viel Platz in ihrem Herzen ließ.
    »Ich möchte nicht, daß Du mich für ein Mädchen ohne Gemüth hieltest,« erwiderte sie; «Du weißt, ob ich eine zärtliche Schwester bin, aber es wollte hienieden Jeder in mir den sympathetischen Instinct tödten, der ihm entsprach. Gott hatte mir bei der Geburt, wie jedem Geschöpf, eine Seele und einen Leib gegeben; über diese Seele und diesen Leib kann jedes menschliche Geschöpf zu seinem Glück in dieser und in der andern Welt verfügen. Ein Mann, den ich nicht kannte, hat meine Seele genommen – Balsamo; ein Mann, den ich kaum kannte, und der kein Mann für mich war, hat meinen Leib genommen – Gilbert. – Ich wiederhole Dir, Philipp, um eine gute und fromme Tochter zu sein, fehlt mir nur ein Vater. Gehen wir zu Dir über, untersuchen wir, was Dir der Dienst bei den Großen der Erde eingetragen hat, Dir, der Du sie liebtest.«
    Philipp neigte das Haupt.
    »Schone mich,« sagte er, »die Großen der Erde waren für mich nur mir gleiche Geschöpfe; ich liebte sie: Gott hat uns befohlen, einander zu lieben.«
    »Oh! Philipp!« rief Andree, »es geschieht nie auf dieser Erde, daß das liebende Herz dem, welcher es liebt, unmittelbar entspricht; diejenigen, welche wir gewählt haben, lieben Andere.«
    Philipp erhob seine bleiche Stirne und betrachtete lange seine Schwester, ohne einen andern Ausdruck, als den des Erstaunens.
    »Warum sagst Du mir das? worauf zielst Du ab?« fragte er.
    »Auf nichts,« erwiderte edelmüthig Andree, welche vor dem Gedanken, zu geheimen Mittheilungen oder zu Ohrenbläsereien herabzusteigen, zurückwich. »Ich bin geschlagen, mein Bruder. Ich glaube, daß meine Vernunft leidet; schenke meinen Worten keine Aufmerksamkeit.«
    »Aber ...«
    Andree näherte sich Philipp, nahm ihn bei der Hand und sprach:
    »Genug über diesen Gegenstand, mein geliebter Bruder. Ich bin gekommen, um Dich zu bitten, mich in ein Kloster zu führen: ich habe Saint-Denis gewählt; sei unbesorgt, ich will dort kein Gelübde ablegen. Das wird später kommen, wenn es nothwendig ist. Statt in einem Asyl das zu suchen, was die meisten Frauen darin finden wollen, nämlich Vergessenheit, verlange ich hier die Erinnerung. Mir scheint, ich habe den Herrn zu sehr vergessen. Er ist der einzige König, der einzige Gebieter, der einzige Trost, wie er der Einzige ist, der wirklich niederschlägt. Indem ich mich ihm heute, da ich begreife, nähere, werde ich mehr für mein Glück gethan haben, als wenn Alles, was es Reiches, Starkes, Mächtiges und Liebenswürdiges auf dieser Welt gibt, sich verschworen hätte, um mir ein glückliches Leben zu bereiten. In die Einsamkeit, mein Bruder, in die Einsamkeit, dieses Vorhaus der ewigen Glückseligkeit! ... In der Einsamkeit spricht Gott zum Herzen der Menschen.«
    Philipp hielt Andree durch eine Geberde zurück.
    »Erinnere Dich,« sagte er, »daß ich mich moralisch diesem verzweifelten Vorhaben widersetze; Du hast mich nicht zum Richter der Ursachen Deiner Verzweiflung gemacht.«
    »Verzweiflung!« rief sie mit einer erhabenen Verachtung, »Du sagst Verzweiflung l Oh! Gott sei Dank, ich gehe nicht in Verzweiflung von hinnen! Bedauern mit Verzweiflung! Nein! nein! tausendmal nein!«
    Und mit einer Geberde voll unbändigen Stolzes warf sie über ihre Schultern die seidene Mantille, welche in ihrer Nähe auf einem Lehnstuhl lag.
    »Gerade dieses Uebermaß von Verachtung offenbart bei Dir einen Zustand, welcher nicht fortwähren kann,« sprach Philipp. »Du willst das Wort Verzweiflung nicht, nimm das Wort Trotz.«
    »Trotz!« entgegnete die junge Frau, indem sie ihr höhnisches Lächeln in ein Lächeln voll Stolz verwandelte: »mein

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