Das Halsband der Koenigin 2
bis acht Männern und zehn bis zwölf Frauen war damals der Inbegriff aller Kenntnisse. Herr von Calonne hatte mit d'Alembert rechnen, mit Diderot Vernunftschlüsse machen, mit Voltaire spotten, mit Rousseau trauern können. Er war endlich stark genug gewesen, der Volksthümlichkeit Neckers in's Gesicht zu lachen.
Herrn Necker, den Weisen und Tiefen, dessen Rechenschaftsbericht ganz Frankreich zu erhellen geschienen hatte, machte Calonne, nachdem er ihn von allen Seiten beobachtet, am Ende lächerlich, selbst in den Augen derjenigen, welche ihn am meisten fürchteten, und der König und die Königin, welche dieser Name beben machte, hatten sich nur zitternd daran gewöhnt, ihn durch einen eleganten Staatsmann von gutem Humor schmähen zu hören, der, um auf so viele schöne Ziffern zu antworten, sich auf die Bemerkung beschränkte: »Wozu nützt es, zu beweisen, daß man nichts beweisen kann?«
Necker hatte in der That nur Eines bewiesen, die Unmöglichkeit, worin er sich befand, noch ferner die Finanzen zu verwalten. Herr von Calonne übernahm sie wie eine für seine Schultern zu leichte Last.
Was wollte Herr Necker? Reformen. Diese theilweisen Reformen erschreckten alle Geister. Wenige Menschen gewannen dabei, und diejenigen, welche dabei gewannen, gewannen wenig; viele dagegen verloren dabei, und sie verloren zu viel. Wenn Necker eine gerechte Vertheilung der Steuer in's Werk setzen wollte, wenn er die Güter des Adels und die Einkünfte der Geistlichkeit mit Abgaben zu belasten beabsichtigte, bezeichnete er brutaler Weise eine unmögliche Revolution. Er spaltete die Nation und schwächte sie zum Voraus, während er alle Kräfte hätte concentriren müssen, um sie zu einem allgemeinen Resultat der Regeneration zu führen.
Dieses Ziel bezeichnete Necker, aber seine Erreichung machte er schon dadurch unmöglich, daß er es bezeichnete. Wer von einer Reform von Mißbräuchen mit denjenigen spricht, welche nicht wollen, daß diese Mißbräuche reformirt werden, setzt sich der nicht dem Widerstande der Betheiligten aus? Darf man den Feind von der Stunde in Kenntniß setzen, zu der man einen Platz stürmen wird?
Das hatte Calonne begriffen, und in dieser Hinsicht war er wirklich mehr Freund der Nation, als der Genfer Necker, mehr Freund, sagen wir, in Betreff der vollendeten Thatsachen, denn, statt einem unvermeidlichen Uebel zuvorzukommen, beschleunigte Calonne den Einbruch der Geißel.
Sein Plan war kühn, riesenhaft, sicher; es handelte sich darum, iu zwei Jahren zum Bankerott den König und den Adel fortzureißen, die ihn um zehn Jahre verzögert hätten; aber wenn der Bankerott gemacht war, zu sagen: »Nun, ihr Reichen, bezahlt für die Armen, denn sie haben Hunger und werden diejenigen verschlingen, welche sie nicht nähren.«
Warum sah der König nicht von Anfang an die Folgen dieses Planes oder diesen Plan selbst? Er, der bei Durchlesung des Rechenschaftsberichts vor Wuth gezittert hatte, warum schauerte er nicht, indem er seinen Minister errieth? Warum wählte er nicht zwischen diesen Systemen, und zog es vor, sich dem Zufall zu überlassen? Das ist die einzige wirkliche Rechnung, welche Ludwig XVI. als Politiker mit der Nachwelt zu ordnen hat. Es war das bekannte Princip, dem sich stets Jeder widersetzt, der nicht Macht genug hat, um das Uebel abzuschneiden, wenn es eingewurzelt ist.
Aber um zu erklären, warum sich die Binde dergestalt vor den Augen des Königs verdichtete, warum die in ihren Wahrnehmungen so scharfsichtige und klare Königin sich in Beziehung auf das Benehmen des Ministers so blind als ihr Gemahl zeigte, wird die Geschichte, man müßte vielmehr sagen der Roman, hier ist er willkommen, ewige unerläßliche Details geben.
Herr von Calonne trat bei der Königin ein.
Er war schön, groß von Wuchs und edel von Manieren. Er wußte die Königin lachen und seine Geliebten weinen zu machen. Obschon fest überzeugt, Marie Antoinette habe in einem dringenden Bedürfnisse nach ihm verlangt, kam er mit einem Lächeln auf den Lippen. Viele Andere wären mit einer verdrießlichen Miene gekommen, um hernach das Verdienst ihrer Einwilligung zu verdoppeln.
Die Königin war auch sehr freundlich, sie hieß den Minister sitzen und sprach zuerst von tausend bedeutungslosen Dingen.
»Haben wir Geld, mein lieber Herr von Calonne?« sagte sie sodann.
»Geld!« rief Herr von Calonne, »gewiß haben wir, wir haben immer.«
»Das ist herrlich!« rief die Königin, »ich habe nie einen Mann gekannt, der
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