Das Halsband der Koenigin 2
Ferne, als Sie es hier gewesen sind. Erinnern Sie sich jedoch stets des Umstandes, daß meine Freundschaft die Leute trotz ihrer Launen nicht verläßt, und daß Sie nicht aufhören werden, für mich eine Freundin zu sein. Nun gehen Sie, Andree, gehen Sie, Sie sind frei.«
Andree machte eine Hofverbeugung und entfernte sich. An der Thüre rief die Königin sie zurück.
»Wohin gehen Sie, Andree?«
»In die Abtei Samt-Denis, Madame,« antwortete Fräulein von Taverney.
»In's Kloster! ah! es ist gut, mein Fräulein, Sie haben sich vielleicht nichts vorzuwerfen; doch wäre es nur die Undankbarkeit und die Vergessenheit... so ist das schon zu viel; Sie sind sehr strafbar gegen mich; gehen Sie, Fräulein von Taverney, gehen Sie.«
Folge hievon war, daß Andree, ohne andere Erklärungen zu geben, auf welche das gute Herz der Königin rechnete, ohne sich zu demüthigen, ohne sich rühren zu lassen, die Erlaubniß der Königin rasch benützte und verschwand.
Marie Antoinette konnte gewahren und gewahrte, daß Fräulein von Taverney auf der Stelle das Schloß verließ.
Sie begab sich in der That in das Haus ihres Vaters, wo sie, wie sie erwartete, ihren Bruder im Garten fand. Der Bruder träumte, die Schwester handelte.
Als er Andree erblickte, die ihr Dienst im Schlosse zurückhalten mußte, ging Philipp erstaunt, beinahe erschrocken auf sie zu.
Erschrocken, besonders über diese düstere Miene, da Andree ihn nie anders als mit einem Lächeln zärtlicher Freundschaft anredete. Er fing an, wie die Königin angefangen hatte; er fragte.
Andree teilte ihm mit, sie habe soeben den Dienst der Konigin verlassen, ihr Abschied sei angenommen, und sie werde in's Kloster treten.
Philipp schlug heftig in seine Hände, wie ein Mensch, der einen unerwarteten Streich empfangt.
»Wie?« rief er, »Du auch, meine Schwester?«
»Was! ich auch? was willst Du damit sagen?«
»Die Berührung mit den Bourbonen bringt also unserer Familie Nichts als Fluch?« rief er; »Du glaubst Dich genöthigt, das Gelübde abzulegen? Du! Nonne aus Neigung, aus Gemüth! Du, die am Mindesten weltliche der Frauen und am wenigsten zum ewigen Gehorsam gegen die Gesetze des Ascetismus fähig! Laß hören, was wirfst Du der Königin vor?«
»Man hat der Königin nichts vorzuwerfen, Philipp,« erwiderte kalt die junge Frau. »Du, der Du so sehr auf die Gunst der Höfe gezählt hast, Du, der Du mehr, als irgend Jemand, darauf zählen mußtest, warum hast Du nicht bleiben können? warum bliebst Du nicht drei Tage? Ich bin drei Jahre geblieben!«
»Die Königin ist zuweilen launenhaft. Andree?«
»Ist es so, so konntest Du als Mann es ertragen; ich als Weib muß und will es nicht; hat sie Launen, nun wohl! so sind ihre Dienerinnen da.«
»Meine Schwester,« erwiderte der junge Mann mit einem düstern Wesen, »das erklärt mir nicht, wie Du Zwistigkeiten mit, der Königin bekommen hast.«
»Keine, das schwöre ich Dir; hast Du welche gehabt, Philipp, der Du sie verlassen? Oh! sie ist undankbar, diese Frau.«
»Man muß ihr verzeihen, Andree; die Schmeichelei hat sie ein wenig verdorben. Sie ist im Grunde gut.«
»Beweis ist, was sie für Dich gethan hat, Philipp.«
»Was hat sie gethan?«
»Du hast es schon vergessen? Oh! ich, ich habe ein besseres Gedächtniß! Ich bezahle auch an einem und demselben Tage, mit einem und demselben Entschluß Deine und meine Schuld, Philipp.«
»Zu theuer, wie mir scheint. In Deinem Alter, mit Deiner Schönheit verzichtet man nicht auf die Welt. Nimm Dich in Acht, liebe Freundin, Du verlassest sie jung, Du wirst Dich alt wieder nach ihr sehnen, und wenn es nicht mehr Zeit ist, wirst Du gegen den Willen aller Deiner Freunde, von denen eine Tollheit Dich getrennt hat, dahin zurückkehren.«
»Du urtheiltest nicht so als ein braver, ganz aus Ehre und Gefühl zusammengesetzter Officier, der Du Dich aber um Ruf oder Vermögen so wenig bekümmerst, daß Du da, wo hundert Andere Vermögen und Titel aufgehäuft haben, nur Schulden zu machen und Dich zu verkleinern wußtest; Du urtheiltest nicht so, als Du zu mir sagtest: sie ist launenhaft, Andree, sie ist cokett, sie ist treulos, ich will ihr lieber nicht dienen. Diese Theorie praktisch anwendend, hast Du auf die Welt verzichtet, obgleich Du kein Klosterbruder geworden bist, und wer von uns Beiden den unwiderruflichen Gelübden am nächsten steht, bin nicht ich, die ich sie ablegen will, sondern Du, der sie schon abgelegt hat.«
»Du hast Recht, meine Schwester, und ohne
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