Das Halsband der Koenigin 2
Nein, mein Herr, wir wollen Sie nicht erwürgen, aber wir werden Sie befragen und dann sehen. Sie erlauben, Herr von Taverney, daß ich nach meinem Gutdünken gegen diesen Menschen verfahre?«
»Gewiß, mein Herr.« erwiderte Philipp, »Sie haben den Vortritt, da Sie zuerst gekommen sind.«
»Lehnen Sie sich an die Wand und rühren Sie sich nicht,« sprach Charny zu dem Zeitungsschreiber, während er zugleich mit der Geberde dankte. »Sie gestehen also, mein lieber Herr, daß Sie gegen die Königin das kurzweilige Mährchen, so nennen Sie es, das diesen Morgen in Ihrer Zeitung erschienen ist, geschrieben und veröffentlicht haben?«
»Mein Herr, es ist nicht gegen die Königin.«
»Ah! das fehlte nur noch.«
»Ah! Sie sind sehr geduldig, mein Herr!« rief Philipp von der andern Seite des Gitters.
»Seien Sie unbesorgt,« erwiderte Charny, »der Bursche wird durch das Warten nicht verlieren.«
»Ja,« murmelte Philipp, »aber ich warte auch.«
Charny antwortete nicht, wenigstens nicht Taverney. Aber wandte sich gegen den unglücklichen Reteau und sagte:
»Etteniotna ist umgekehrt Antoinette ... Oh! lügen Sie nicht, mein Herr, das wäre so gemein, daß ich Sie, statt Sie zu schlagen oder anständig umzubringen, bei lebendigem Leibe schinden würde. Antworten Sie also und zwar kategorisch. Ich frage Sie, ob Sie der einzige Urheber dieses Pamphlets sind?«
»Ich bin kein Angeber,« erwiderte Reteau, sich aufrichtend.
»Sehr gut! damit sagen Sie, daß Sie einen Mitschuldigen haben; vor Allem der Mann, der Ihnen tausend Exemplare von dieser Schmähschrift abkaufen ließ, der Graf von Cagliostro, wie Sie vorhin sagten, wohl! der Graf wird für sich selbst bezahlen, wenn Sie für Ihre Person bezahlt haben werden.«
»Mein Herr, ich klage ihn nicht an,« jammerte der Zeitungsschreiber, der sich dem Doppelzorn dieser zwei Männer auszusetzen fürchtete, abgesehen von dem Zorn Philipps, welcher jenseits des Gitters erbleichte.
»Da ich Sie aber zuerst in meinen Händen habe, so werden Sie auch zuerst bezahlen.«
Und er hob seinen Stock in die Höhe.
»Mein Herr, wenn ich einen Degen hätte,« heulte der Zeitungsschreiber.
Charny ließ seinen Stock sinken. »Herr Philipp,« sagte er, »ich bitte Sie, leihen Sie diesem Burschen Ihren Degen.«
»Oh! keineswegs, ich leihe meinen ehrlichen Degen diesem Menschen nicht; hier ist mein Stock, wenn Sie nicht genug an dem Ihrigen haben. Doch nach meinem Gewissen kann ich nichts Anderes für ihn und für Sie thun.«
»Alle Wetter! einen Stock,« sagte Reteau außer sich; »wissen Sie, mein Herr, daß ich ein Edelmann bin?«
»So leihen Sie mir Ihren Degen,« sagte Charny, indem er den seinigen dem erbleichenden Zeitungsschreiber vor die Füße warf. »Ich werde dadurch quitt sein, daß ich diesen nicht mehr berühre.«
Philipp hatte keine Einwendung mehr zu machen. Er zog seinen Degen aus der Scheide und reichte ihn durch das Gitter Charny.
Charny nahm ihn mit einer Verbeugung.
»Ah! Du bist Edelmann,« sagte er, sich gegen Reteau umwendend, »Du bist Edelmann und schreibst über die Königin von Frankreich solche Schändlichkeiten! Wohl! so hebe diesen Degen auf und beweise, daß Du Edelmann bist.«
Aber Reteau rührte sich nicht; es war, als hätte er eben so sehr Angst vor dem Degen, der zu seinen Füßen lag, als vor dem Stock, der einen Augenblick über seinem Haupte geschwebt hatte.
»Alle Teufel!« rief Philipp außer sich, »öffnen Sie mir doch dieses Gitter.«
»Verzeihen Sie, mein Herr,« erwiderte Charny, »Sie haben zugestanden, daß dieser Herr zuerst mir gehöre.«
»So machen Sie schnell ein Ende, denn es drängt mich, auch anzufangen.«
»Ich mußte zuerst alle Mittel erschöpfen, ehe ich zu diesem Aeußersten greife, denn ich finde, daß es beinahe eben so viel kostet, Prügel zu geben, als zu empfangen; da aber der Herr die Stockschläge entschieden den Degenstichen vorzieht, so soll er nach seinem Gefallen bedient werden.«
Kaum waren diese Worte gesprochen, als ein von Reteau ausgestoßener Schrei verkündigte, daß Charny die That mit den Worten verbunden hatte. Fünf bis sechs gut aufgemessene Schläge, von denen jeder einen dem Schmerz, den er hervorbrachte, gleichkommenden Schrei entriß, folgten auf den ersten.
Diese Schreie zogen die alte Aldegonde herbei; doch Charny kümmerte sich eben so wenig um ihre Schreie, als er sich um die ihres Herrn bekümmerte.
Während dieser Zeit zernagte sich Philipp, der sich wie Adam jenseits des
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