Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
zu Ludwig XVI.:
»Sire, diejenige, welche Herr von Charny gern heirathen möchte, ist in einem Kloster.«
»Ah!« rief der König, »das ist ein Grund; es ist in der That schwierig, Gott sein Gut zu nehmen, um es den Menschen zu geben. Aber es ist seltsam, daß Herr von Charny so schnell diese Liebe gefaßt hat: nie hat Jemand mit mir davon gesprochen, nicht einmal sein Oheim, der Alles von mir erlangen kann. Wer ist die Frau, die Sie lieben, Herr von Charny? sagen Sie es mir, ich bitte Sie.«
Die Königin fühlte einen stechenden Schmerz. Sie sollte einen Namen aus Oliviers Munde kommen hören, sie sollte die Qual dieser Liebe erdulden, und wer weiß, ob nicht Charny einen einst geliebten Namen, eine noch blutende Erinnerung an die Vergangenheit, oder einen Namen, der der Keim einer Liebe, eine unbestimmte Hoffnung auf die Zukunft war, zu nennen im Begriff stand? Um diesen furchtbaren Schlag nicht zu empfangen, kam Marie Antoinette zuvor und rief plötzlich:
»Sire, Sie kennen diejenige, welche Herr von Charny zu heirathen verlangt, es ist ... es ist Fräulein Andree von Taverney.«
Charny gab einen Schrei von sich und verbarg sein Gesicht in beiden Händen.
Die Königin drückte ihre Hand an ihr Herz und wäre beinahe ohnmächtig in ihren Lehnstuhl gefallen.
»Fräulein von Taverney,« wiederholte der König, »Fräulein von Taverney, die sich nach Saint-Denis zurückgezogen hat?«
»Ja, Sire,« antwortete die Königin mit schwachem Tone.
»Sie hat aber noch nicht das Gelübde abgelegt, so viel ich weiß?«
»Doch sie muß es thun.«
»Wir werden dabei eine Bedingung stellen,« sagte der König. »Warum sollte sie übrigens das Gelübde ablegen?« fügte er mit einem letzten Sauerteig von Mißtrauen bei.
»Sie ist arm ... Sie haben nur ihren Vater bereichert,« sprach Marie Antoinette mit hartem Tone.
»Das ist ein Unrecht, das ich wieder gut machen werde. Herr von Charny liebt sie ...«
Die Königin bebte und warf Charny einen gierigen Blick zu, als wollte sie ihn anflehen, daß er leugne.
Charny schaute Marie Antoinette starr an und antwortete nicht.
»Wohl!« sagte der König, der dieses Stillschweigen für eine ehrfurchtsvolle Beistimmung nahm, »und ohne Zweifel liebt Fräulein von Taverney Herrn von Charny? Ich werde Fräulein von Taverney aussteuern; ich gebe ihr die fünfmal hunderttausend Livres, die ich eines Tages für Sie Herrn von Calonne abschlagen mußte. Danken Sie der Königin, Herr von Charny, daß sie die Güte gehabt hat, mir diese Sache zu erzählen und so das Glück Ihres Lebens zu sichern.«
Charny machte einen Schritt vorwärts und verbeugte sich wie eine bleiche Bildsäule, der Gott durch ein Wunder einen Augenblick das Leben gegeben hätte.
»Oh! das ist wohl der Mühe werth, daß Sie noch einmal niederknieen,« sagte der König mit jener leichten Nuance von plattem Spott, der zu oft bei ihm den traditionellen Adel seiner Ahnen verminderte.
Die Königin bebte und reichte mit einer freiwilligen Bewegung dem jungen Mann ihre beiden Hände. Er kniete vor ihr nieder und drückte auf diese schönen eiskalten Hände einen Kuß, in dem er seine Seele aushauchen zu dürfen Gott anflehte.
»Auf!« sprach der König, »überlassen wir nun der Königin die Sorge für ihre Angelegenheiten, kommen Sie, mein Herr, kommen Sie.«
Und er ging sehr rasch voran, so daß sich Charny auf der Schwelle umdrehen und den unaussprechlichen Schmerz dieses ewigen Abschieds sehen konnte, den ihm die Augen der Königin zusandten.
Die Thüre schloß sich wieder zwischen ihnen, eine fortan unübersteigliche Schranke für unschuldige Liebe.
LXXXI.
Saint-Denis.
Die Königin war allein und in Verzweiflung. So viele Schläge trafen sie zugleich, daß sie nicht mehr wußte, von welcher Seite der heftigste Schmerz kam.
Nachdem sie eine Stunde in diesem Zustand des Zweifels und der Niedergeschlagenheit geblieben war, sagte sie sich, es sei Zeit, einen Ausgang zu suchen. Die Gefahr wuchs. Stolz auf einen über falschen Anschein davon getragenen Sieg, würde sich der König beeilen, das Gerücht zu verbreiten. Es könnte geschehen, daß dieses Gerücht auswärts so aufgenommen würde, daß der ganze Vortheil des begangenen Betrugs verloren ginge.
Dieser Betrug, ach! wie sehr machte sich ihn die Königin zum Vorwurf! wie gern hätte sie das entflogene Wort wieder zurückgenommen, wie gern hätte sie selbst Andree das chimärische Glück entzogen, das diese vielleicht ausschlagen würde!
Hier erhob sich
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