Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
wohl, mein Herr, selbst nach dem, was Sie mir gesagt haben, bitte ich
Sie
um die Hand des Fräuleins von Taverney. Wäre ich nur ein feiger Berechner, wie Sie dieß vor einem Augenblick vermutheten; heirathete ich meinetwegen, so wäre ich so erbärmlich, daß ich vor dem Mann, der mein Geheimniß und das der Königin in seiner Gewalt hält, bange hätte. Aber die Königin muß gerettet werden, das muß geschehen.«
»In welcher Beziehung ist die Königin verloren?« sagte Philipp. »Weil Herr von Taverney, sie den Arm des Herrn von Charny drücken und vom Glück feuchte Augen zum Himmel aufschlagen sah? In welcher Hinsicht ist sie verloren? weil ich weiß, daß sie Sie liebt? Oh! das ist kein Grund, meine Schwester zu opfern, mein Herr, und ich werde sie nicht opfern lassen.«
»Mein Herr,« erwiderte Olivier, »wissen Sie, warum die Königin verloren ist, wenn diese Heirath nicht zu Stande kommt? Weil diesen Morgen, während man Herrn von Rohan verhaftete, der König mich auf den Knieen vor der Königin überrascht hat.«
»Mein Gott!«
»Und von ihrem eifersüchtigen Gemahl befragt, hat die Königin geantwortet, ich sei vor ihr niedergekniet, um mir die Hand Ihrer Schwester zu erbitten. Darum, mein Herr, ist die Königin, wenn ich Ihre Schwester nicht heirathe, verloren. Begreifen Sie nun?«
Ein doppeltes Geräusch unterbrach hier Olivier: ein Schrei und ein Seufzer; der eine kam aus dem kleinen Salon, der andere aus dem Boudoir.
Olivier lief zum Seufzer; er sah in dem Boudoir Andree von Taverney, weiß gekleidet wie eine Braut. Sie hatte Alles gehört und war in Ohnmacht gefallen.
Philipp lief zum Schrei in den kleinen Salon. Er erblickte den Leib des Barons von Taverney, den diese Offenbarung der Liebe der Königin für Charny auf den Ruin aller seiner Hoffnungen niedergeschmettert hatte.
Vom Schlage getroffen, hatte der Baron den letzten Seufzer von sich gegeben.
Die Weissagung Cagliostro's war in Erfüllung gegangen.
Philipp begriff Alles, selbst die Schmach dieses Todes, verließ stillschweigend den Leichnam und kehrte in den Salon zu Charny zurück, der dieses kalte, leblose schöne Mädchen, zitternd und ohne daß er es zu berühren wagte, betrachtete.
Die zwei offenen Thüren ließen die zwei Körper erblicken, welche gleichsam symmetrisch an dem Orte lagen, wo der Schlag dieser Enthüllung sie getroffen hatte.
Die Augen angeschwollen, das Herz kochend, hatte Philipp den Muth, das Wort zu nehmen und zu Herrn von Charny zu sagen:
»Der Herr Baron von Taverney ist so eben gestorben. Nach ihm bin
ich
das Haupt der Familie. Wenn Fräulein von Taverney wieder zum Leben kommt, so gebe ich sie Ihnen zur Frau.«
Charny schaute den Leichnam des Barons mit Entsetzen, den Körper Andree's mit Verzweiflung an.
Philipp riß sich die Haare mit beiden Händen aus, und schleuderte zum Himmel einen Ausruf, der das Herz Gottes auf seinem ewigen Thron bewegen mußte.
»Graf von Charny,« sagte er, nachdem er den Sturm in seinem Innern beschwichtigt hatte, »ich übernehme diese Verbindlichkeit im Namen meiner Schwester, die mich nicht hört: sie wird ihr Glück unserer Königin geben, und ich werde vielleicht eines Tags glücklich genug sein, für sie mein Leben hinzugeben. Gott befohlen, Herr von Charny; Gott befohlen, mein Schwager.«
Nach diesen Worten grüßte er Olivier, der nicht wußte, wie er sich entfernen sollte, ohne an einem der Opfer vorbeizukommen; er hob Andree auf, erwärmte sie in seinen Armen und machte so den Weg für den Grafen frei, worauf dieser durch das Boudoir verschwand.
LXXXV.
Nach dem Drachen die Natter.
Es ist Zeit für uns, daß wir zu den Personen unserer Geschichte zurückkehren, welche die Notwendigkeit und die Intrigue sowohl, als die historische Wahrheit auf den zweiten Plan verwiesen haben.
Oliva schickte sich an, für Rechnung Jeanne's zu fliehen, als Beausire, der nach der Wiedererlangung Nicole's keuchte, durch eine anonyme Nachricht in Kenntniß gesetzt, sich bis in ihre Arme geleitet sah und sie von Cagliostro entführte, während Herr Reteau von Billette vergebens in der Rue du Roi-Doré wartete.
Um das glückliche Liebespaar, das zu entdecken Herr von Crosne ein so großes Interesse hatte, wieder aufzufinden, ließ Frau von La Mothe alle ihre vertrauten Leute in's Feld ziehen.
Sie wollte lieber, wie man leicht begreift, selbst über ihrem Geheimniß wachen, als es den Händen Anderer überlassen, und zur guten Durchführung der Angelegenheit, die sie
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