Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
Greise verbeugend; ich werde zuerst gehen, wenn Sie mir erlauben.«
In demselben Augenblick fuhr ein zweiter Wagen geräuschvoll in den Hof.
»Wer Teufels kommt noch!« murmelte der Baron, »das ist eine Stunde der Abenteuer.«
»Der Graf Olivier von Charny!« rief die mächtige Stimme des Portier den Bedienten zu.
»Führen Sie den Grafen in den Salon,« sagte Philipp zu Champagne, »der Herr Baron wird ihn empfangen ... ich gehe in das Boudoir, um mit meiner Schwester zu sprechen.«
Die zwei Männer stiegen langsam die Treppe hinab.
»Was will der Graf hier?« fragte sich Philipp.
»Warum ist Andree hierhergekommen?« dachte der Baron.
LXXXIV.
Der Vater und die Braut.
Der Salon des Hauses lag im Erdgeschoß; zu seiner Linken war das Boudoir, mit einem Ausgang auf die Treppe, welche nach der Wohnung Andree's führte.
Zu seiner Rechten war ein anderer Salon, durch den man in den großen eintrat.
Philipp kam zuerst in das Boudoir, wo ihn seine Schwester erwartete. Er hatte in der Flur seine Schritte verdoppelt, um früher in den Armen dieser theuren Gefährtin zu sein.
Sobald er die Doppelthüre des Salons geöffnet hatte, nahm ihn Andree beim Halse und umarmte ihn mit einer freudigen Miene, an welche dieser traurige Liebende, dieser unglückliche Bruder seit langer Zeit nicht mehr gewöhnt war.
»Gütiger Himmel! was begegnet Dir denn?« fragte der junge Mann Andree.
»Etwas Glückliches! ... oh! etwas sehr Glückliches, mein Bruder!«
»Und Du kommst zurück, um es mir mitzutheilen?«
»Ich komme für immer zurück!« sagte sie mit einem Entzücken des Glücks, das aus ihrem Ausruf einen schallenden Schrei machte.
»Leise, Schwesterchen, leise.« sagte Philipp; »das Täfelwerk dieses Hauses ist nicht an die Freude gewöhnt, und dann ist dort, oder wird sogleich dort in dem Salon Jemand sein, der Dich hören könnte.«
»Jemand, wer denn?« fragte Andree.
»Horche,« erwiderte Philipp.
»Der Herr Graf von Charny,« meldete der Lakai, Olivier aus dem kleinen Saale in den großen einführend.
»Er! er!« lief Andre«, ihre Liebkosungen bei ihrem Bruder verdoppelnd. »Oh! ich weiß wohl, was er hier will.«
»Du weißt es?«
»Ich weiß es so gut, daß ich die Unordnung in meinem Anzug wahrnehme, und daß ich, da ich den Augenblick vorhersehe, wo ich ebenfalls in den Salon werde eintreten müssen, um dort mit meinen Ohren zu hören, was Herr von Charny zu sagen beabsichtigt ...«
»Sprichst Du im Ernste, meine liebe Andree?«
»Höre, höre, Philipp, und laß mich in mein Zimmer hinaufgehen. Die Königin hat mich ein wenig schnell zurückgeführt; ich will mein Klosternegligee gegen ein Gewand ... gegen ein Brautgewand vertauschen.«
Und nach diesen Worten, die sie leise und in Begleitung eines freudigen Kusses zu Philipp sprach, verschwand Andree leicht und brausend auf der Treppe, die nach ihrer Wohnung führte.
Philipp blieb allein, legte seine Wange an die Thüre, welche das Boudoir mit dem Salon verband, und horchte.
Der Graf von Charny war eingetreten. Er ging langsam auf und ab und schien mehr nachzusinnen, als zu warten.
Herr von Taverney Vater trat ebenfalls ein und begrüßte den Grafen mit ausgezeichneter, wenn auch gezwungener Höflichkeit.
»Welchem Umstand,« sagte er, »verdanke ich die Ehre dieses unerwarteten Besuches, Herr Graf? in jedem Fall glauben Sie mir, daß ich im höchsten Grade darüber erfreut bin.«
»Ich komme, wie Sie sehen, in Ceremonie, mein Herr, und ich bitte Sie, mich zu entschuldigen, wenn ich meinen Oheim, den Herrn Bailli von Suffren, nicht mitgebracht habe, wie ich es hätte thun sollen.«
»Wie!« stammelte der Baron, »ich entschuldige Sie, mein lieber Herr von Charny.«
»Ich weiß, es wäre dieß der Schicklichkeit gemäß gewesen, bei der Bitte, die ich Ihnen vorzutragen im Begriff bin.«
»Eine Bitte?«
»Ich habe die Ehre,« sprach Charny mit einer Stimme, welche seine Aufregung beherrschte, »ich habe die Ehre, um die Hand von Fräulein Andree von Taverney, Ihrer Tochter, zu bitten.«
Der Baron machte gleichsam einen Sprung in seinem Lehnstuhl. Er riß funkelnd die Augen auf, welche jedes von den Worten, die der Graf von Charny gesprochen, zu verschlingen schienen.
»Meine Tochter!« murmelte er, »Sie verlangen Andree von mir zur Frau?«
»Ja, Herr Baron; wenn nicht etwa Fräulein von Taverney einen Widerwillen gegen diese Verbindung hegt.«
»Ah!« dachte der Greis, »steht Philipp schon so hoch in der Gunst, daß einer seiner
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