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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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neb-ligen Träume, gekommen, hatte dort zunächst mit einer These über die astralen Einfl üsse auf das Nervensystem aufgewartet.
    Aber seine Theorie war zu abstrakt und zu schwierig gewesen, um Erfolg zu haben, eine Vermischung kompliziertester astronomi-scher Fakten und astrologischer Phantastereien. Also wandte er sich dem Studium der Magnete zu. Der Magnetismus stand derzeit im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses, denn seine sympathischen und antipathischen Wirkungen schienen den Mineralen ein Leben, ähnlich dem menschlichen, zu verleihen.
    Sah es nicht aus, als reagierten sie gemäß den großen menschlichen Leidenschaften, Liebe und Haß? Man war folglich bereit, dem Magnetismus erstaunliche Heilwirkungen zuzugeste-hen. Mesmer verband den Magnetismus mit seiner Astraltheorie und erhoffte sich davon den großen Durchbruch. Leider traf er in Wien auf einen etablierten Rivalen, einen gewissen Hall, der behauptete, Mesmer habe sein Verfahren schlechthin gestohlen.
    Als phantasievoller Mann gab Mesmer den mineralischen Magnetismus sofort auf und verfi el, dem Wirken des uns bereits bekannten Joseph Balsamo nachspürend, auf den animalischen Magnetismus. Das Wort klang neu, die Geheimnisse des animalischen Magnetismus jedoch waren schon den ägyptischen und griechischen Priestern bekannt gewesen. Doch wie dem sei, als Doktor Mesmer nach Paris kam, heilte er binnen drei Monaten ein siebzehnjähriges Mädchen von einer Leberkrankheit und einer Lähmung des Sehnervs. Und nach etlichen Widrigkeiten, die aus dem Neid von Kollegen sowie aus der Knauserigkeit des Königs und seines Finanzministers erwuchsen, konnte Mesmer schließlich in Paris festen Fuß fassen.
    Die Zeit war ihm günstig. Der Mesmerismus machte Furore, gerade weil er voller Rätsel war. In Zeiten, die großen Umwälzungen vorangehen, sind die Geister in fi ebriger Erregung. Ob man die Veränderung herbeiwünscht oder davor zurückschreckt, alles spürt voll Unruhe das nahe Ende des Bestehenden. Frankreich befand sich in einem solchen Stadium. Man suchte Sensationen. Wer immer sie bot, war willkommen. Das Erscheinen einer neuen Oper beschäftigte die Gemüter mehr als der Friedensvertrag mit England oder die Anerkennung der Vereinigten Staaten. Nachdem die Philosophen dafür gekämpft hatten, daß man die Wahrheit der Dinge erkenne, war man dieser Wahrheit, die zugleich Desillusio-nierung brachte, dieser Erkenntnisse des Möglichen leid und suchte die Grenzen der Wirklichkeit zu durchbrechen, in die Welt der Träume und Mysterien vorzudringen.
    So wurden die Franzosen auf schier unwiderstehliche Weise von jenem rätselvollen Mesmerischen Fluidum angelockt, das nach Behauptung der Anhänger dieser Lehre die Kranken gesund, die Narren verständig und die Verständigen närrisch machte.
    Überall sprach man von Mesmer. Was hatte er getan? Welchem hohen Herrn hatte er die Sehkraft wiedergegeben? Welcher von Ausschweifung zerrütteten Dame hatte er die Lebensgeister neu gestärkt? Welches junge Fräulein hatte er in einer Nervenkrise die Zukunft sehen lassen?
    Die Zukunft – magisches Wort, die große Neugier aller Zeiten, Lösung sämtlicher Probleme! Was war dagegen die Gegenwart?
    Ein Königtum, das seine Strahlen eingebüßt hatte, eine Ober-schicht, die keine Autorität mehr genoß, ein Land ohne wirt-schaftliche Blüte, ein Volk ohne Rechte, eine Gesellschaft ohne Zuversicht, ohne Selbstvertrauen.
    All das vergessen, nur an sich selber denken, aus neuen, wunderbar anmutenden Quellen die Gewißheit längeren Lebens und unzerstörbarer Gesundheit schöpfen, dem geizigen Himmel etwas entreißen – war das nicht das Ziel des leicht begreifl ichen Strebens nach dem Unbekannten, von dem Mesmer ein Stück entschleierte?
    Voltaire war tot; es gab in Frankreich kein Gelächter mehr, aus-genommen das von Beaumarchais, aber es war weit bitterer als das des Meisters. Rousseau war tot; es gab in Frankreich keine religiöse Philosophie mehr. Rousseau hatte Gott bestehen lassen wollen; aber seit Rousseau nicht mehr war, traute sich niemand eine solche Aufgabe zu, ihre Schwere hätte ihn zermalmt.
    Was Wunder also, daß man um Mesmers Bottich zusammen-strömte, ob krank, ob gesund, wie zu einem faszinierenden Schauspiel. Wir erinnern uns, sogar die Königin wollte sehen, was alle Welt anzog.
    Zwei Tage nach dem Besuch des Kardinals bei Jeanne de La Motte machte sich Marie-Antoinette in Begleitung der Prinzessin de Lamballe dorthin auf den Weg. Wie aber war

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