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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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drückte.
    Man stelle sich vor, wie auf alle Gesichter, die anfangs Leiden, Mattigkeit und Angst verraten hatten, nun vollends Glückseligkeit, entrücktes Insichversenken trat, man stelle sich das Schweigen vor, von Seufzern unterbrochen, das über der Versammlung lag!
    Jeanne de La Motte hatte unter den Zuschauern einen Standort nahe der Tür gewählt, von dem sie sah, ohne gesehen zu werden.
    Wie alle Schaulustigen blickte sie mit besonderer Aufmerksamkeit nach einer schönen jungen Frau in der Schar der Patienten. Mit dem Eisenstab, den sie heftig an ihren Kopf und ihren Magen preßte, brachte sie sich selbst die stärksten Dosen des Fluidums bei, begann, die schönen Augen zu rollen, als ob alles in ihr ver-schmachtete, und ihre Hände zitterten unter dem ersten nervö-
    sen Prickeln, das die Übertragung des magnetischen Fluidums anzeigt.
    Wenn sie den Kopf auf die Rücklehne warf, konnten die Anwesenden nach Gefallen die blasse Stirn, die zuckenden Lippen und den schlanken Hals betrachten, der alsbald durch die raschere Blutzirkulation sich mit Flecken überzog.
    Was unter den Zuschauern jedoch einige den anderen zufl üster-ten und die Aufmerksamkeit für die konvulsivisch erregte Frau erhöhte, bewegte auch Jeanne.
    War dieses Gesicht, sooft es seine Züge auch verwandelte, nicht genau das jener Dame von der Versailler Wohlfahrtsstiftung, der sie ihren Reichtum verdankte? Und begierig näherte sie sich der Kranken.
    In dem Augenblick schloß die Konvulsionärin die Augen, verzerrte den Mund und schlug fahrig mit den Händen um sich.
    Aber diese Hände waren durchaus nicht die feinen, schmalen Hände von wächserner Weiße, die Madame de La Motte an ihrer Besucherin bewundert hatte.
    Durch die Übertragung von einem zum anderen waren unterdessen die meisten Patienten von der elektrischen Krise erfaßt.
    Seufzer, Gemurmel, Schreie wurden hörbar; Arme, Beine, Köpfe bewegten sich unbewußt wie zuvor bei der jungen Frau. Jetzt erschien ein Mann in dem Saal. Niemand hatte ihn eintreten sehen; sein fl iederfarbener Rock, sein mildes Auge, sein schönes blasses Antlitz, klug und heiter zugleich, gaben seinem Auftritt etwas beinahe Göttliches. Er hielt einen langen Stab in der Hand, mit dem er den berühmten Bottich berührte.
    Er gab ein Zeichen: die Türen öffneten sich, und zwanzig kräftige Diener ergriffen gewandt die Patienten, die auf ihren Lehnstühlen das Gleichgewicht zu verlieren begannen, und trugen sie binnen einer Minute in den benachbarten Saal.
    Während dieses Vorgangs, der interessant geworden durch den Paroxysmus unumschränkter Glückseligkeit, dem die junge Konvulsionärin hingegeben war, hörte Madame de La Motte, die mit den übrigen Neugierigen sich dem zweiten Saal genähert hatte, einen Mann rufen: »Das ist sie! Natürlich ist sie das!«
    Jeanne wollte den Herrn eben fragen, wen er mit »sie« meine, als sie, dem raschen Auge des Mannes folgend, zwei Damen gewahrte, die eben den ersten Saal betraten, hinter sich in einigem Abstand einen Mann, der als vertrauter Diener erkennbar war, obschon er bürgerliche Kleidung trug. Die Haltung einer der beiden Frauen, ihr Gesicht, so verhüllt es von einer Haube und einem hochgestellten Kragen war, verblüfften Jeanne derweise, daß sie nähertreten wollte. Doch ein wilder Aufschrei der Elektrisierten im Nebensaal lenkte sie erneut dorthin. Da hörte sie denselben Mann, der soeben gesprochen, dumpf und geheimnisvoll aufs neue sagen: »Aber meine Herren, sehen Sie doch, das ist die Königin!«
    »Die Königin!« wiederholten erstaunte Stimmen.
    »Die Königin bei Mesmer! Unmöglich.«
    »Und doch, die Ähnlichkeit ist unverkennbar!«
    »Die Königin in einer Krise!«
    Damit wandte sich der Mann weiteren Gruppen zu, denen er die gleiche Mitteilung zuraunte.
    Jeanne wandte sich von dem skandalösen Schauspiel ab, das die Konvulsionärin bot, und eilte den beiden Damen zu, die jetzt voll Interesse den Bottich samt Zubehör betrachteten. Sie riß ihre Maske ab und trat erregt vor die Dame hin.
    »Erkennen Sie mich?« fragte sie.
    Die Frau unterdrückte sichtlich eine Bewegung.
    »Nein, Madame«, antwortete sie befangen.
    »Aber ich erkenne Sie, und zum Beweis dafür sehen Sie dies.«
    Damit zog Jeanne die goldene Dose aus der Tasche.
    »Sie haben sie bei mir vergessen, Madame.«
    »Und wäre dem so, weshalb sind Sie so aufgeregt?«
    »Ich bin erschrocken über die große Gefahr, der Eure Majestät an diesem Ort sich aussetzen.«
    »Erklären Sie

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