Das Halsband der Königin
kannte, unsere Leser sahen ihn bereits im Saal des Doktors Mesmer eifrig am Werk. Er war es, der viel Geld für ein Pamphlet bezahlt und die Zuschauer zur Begrüßung der vorgeblichen Königin aufgewiegelt hatte. Sein lebhafter Blick richtete sich voller Wohlwollen auf die Eintretende.
»Ich weiß«, eröffnete er das Gespräch, »was Sie mich fragen wollen, Fräulein Oliva – so ist doch Ihr Name? –, aber erlauben Sie, daß ich mit den Erklärungen selbst beginne. – Nun setzen Sie sich doch; wenn Sie weiter so stehenbleiben, muß ich auch aufstehen, und unsere Unterhaltung verliefe entschieden unbequemer.«
»Sie dürfen sich schmeicheln, ziemlich ungewöhnliche Manieren zu haben, mein Herr«, erwiderte Oliva, indem sie Platz nahm.
»Mein Fräulein, ich sah Sie vorhin bei Herrn Mesmer und fand Sie, wie ich Sie zu fi nden wünschte. Erschrecken Sie nicht, ich mache Ihnen keine Liebeserklärung, das ist nicht meine Absicht.«
»Was wollen Sie dann von mir?« fragte Oliva naiv.
»Was hielten Sie von einem kleinen Geschäft zwischen uns?«
»Einem Geschäft?«
»Sie mißverstehen noch immer, Mademoiselle. Hier ist nicht von Liebe, sondern von Geld die Rede.«
Oliva bekundete ihre Neugier.
»Ich vermute«, fuhr der Fremde fort, »Sie gehen gern aus, Sie leben gern gut, ohne etwas dafür zu tun; wenn ich Ihnen monatlich fünfundzwanzig Louisdors bieten würde, wäre Ihnen das angenehm?«
»Mein Herr!«
»Sie zweifeln schon wieder, Mademoiselle. Wir wollen uns doch aber beide nicht ärgern. Im übrigen würde ich auch fünfzig sagen, wenn Sie das lieber hörten.«
»Ich zöge fünfzig vor«, entgegnete Oliva, »aber noch mehr wert ist mir die Freiheit, meine Liebhaber selbst zu wählen. Wenn Sie nicht bald gehen, werden Sie mit dem meinigen die unerquick-lichste Bekanntschaft machen.«
»Werfen Sie ihn hinaus.«
»Beausire wirft man nicht ohne weiteres hinaus, Monsieur. Au-
ßerdem liebe ich ihn.«
»Ah, Beausire also! Gut, den nehmen wir in Kauf.«
»Wenigstens sind Sie nicht unbequem. – Aber was müßte ich denn tun, um die fünfzig Louisdors zu verdienen?«
»Sie werden mich hier empfangen, mit dem freundlichsten Gesicht, wenn ich bitten darf, Sie werden mit mir ausfahren oder ausgehen, wenn ich es wünsche, oder mich dort erwarten, wohin ich Sie bestelle. Das ist alles.«
»Ehrenwort?«
»Ehrenwort! Allerdings könnte es bisweilen erforderlich sein, daß Sie meine Mätresse spielen, aber nur zum Schein, vor der Öffentlichkeit. Abgemacht?«
Fräulein Oliva dachte nicht ohne Schrecken an die Eifersucht ihres Freundes, aber ein solches Angebot erhielt man nicht alle Tage, und Beausire verspielte oft mehr Geld, als er nach Hause brachte. Sie und die fünfzig Louisdors würden ihn schon zähmen.
»Gut, abgemacht«, sagte sie, »und wann soll die Sache steigen?«
»Heute nacht auf dem Opernball.«
»Wissen Sie, daß es bald Mitternacht ist und daß man dazu Dominos benötigt?«
»Beausire wird welche ausleihen gehen. Hier die erste Monats-rate und hier zehn Louisdors für die Dominos.«
Lächelnd wurde das Geld gereicht, lächelnd wurde es eingestri-chen. Krachend fi el unten die Haustür ins Schloß.
»Das ist er«, sagte Oliva, »warten Sie im oberen Stock, bis er herein ist. Um zwei Uhr also in der Oper. Ich werde einen wei-
ßen Domino tragen und ein blaues Seidenband auf der linken Schulter.«
Amüsiert verfolgte der fremde Herr nach kurzem von der Straße aus den torkelnden, wild gestikulierenden Schatten, den zweifellos Herr Beausire auf die gelben Vorhänge im zweiten Stockwerk warf. Dann schien eine Prügelei zwischen den Liebesleuten statt-zuhaben. Darauf eilte der Soldat Beausire mit abgerissenen Rock-schößen aus dem Haus, wahrscheinlich, um die Dominos zu besorgen und nebenbei gleich ein paar der neuen Taler in einer Spelunke aufs Spiel zu setzen.
Das kleine Haus
Madame de La Motte – wir verließen sie, als sie im Hochgefühl des Erfolgs dem entschwindenden Wagen der Königin nachblickte – war entschlossen, den verheißungsvoll begonnenen Abend weiter auszukosten. Sie fuhr nach Hause, um sich zu verkleiden und zum Opernball zu gehen.
Daheim jedoch erwartete sie ein Billett Seiner Eminenz.
»Frau Gräfi n, Sie haben sicherlich nicht vergessen, daß wir einige Dinge miteinander zu regeln haben. Sollten Sie auch ein kurzes Gedächtnis haben, ich vergesse nie, was mir gefallen hat.
Ich habe die Ehre, Sie zu erwarten, wohin der Briefbote Sie führen wird.«
Verärgert
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