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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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zunächst, daß ihr Vorsatz durchkreuzt werden sollte, faßte Jeanne nach kurzer Überlegung ihren Entschluß.
    »Nennen Sie meinem Kutscher die Adresse!« befahl sie dem Überbringer des Billetts.
    Zehn Minuten darauf fuhr sie im Faubourg Saint-Antoine vor einem jener reizenden Häuser vor, das hohe Bäume, alt wie der Vorort selbst, vor aller Augen verbargen und das, unter Ludwig XV. erbaut, im Äußeren den Geschmack des 16. Jahrhunderts bezeugte und dennoch mit dem unvergleichlichen Komfort des 18. Jahrhunderts ausgestattet war.
    Der hohe Herr bestellt mich in eines seiner Lusthäuser, schau an, sagte sich Jeanne, die kleine Valois wird es ihm heimzahlen.
    Und kaum hatte sie die Schwelle des Palais überschritten, stand ihr Plan fest.
    Sie wurde von Raum zu Raum, das heißt von Überraschung zu Überraschung geführt, bis sie in ein Speisezimmer von erlesen-stem Geschmack gelangte.
    Dort erwartete sie der Kardinal.
    »Ah, da sind Sie; ich danke Ihnen, Frau Gräfi n.« Und der Fürst erhob sich und küßte ihr die Hand.
    Jeanne wich mit gekränkter Miene zurück.
    »Was denn?« rief der Kardinal. »Was haben Sie, Madame?«
    »Eure Eminenz sind offenbar eine solche Miene nicht gewohnt bei Frauen, denen Sie die Ehre erweisen, sie hierher zu bestel-len?«
    »Madame, ich bitte Sie.«
    »Wir befi nden uns in einem Ihrer kleinen Lusthäuser, nicht wahr, Eminenz?« sagte Jeanne, indem sie einen verächtlichen Blick um sich warf. »Ich hatte gehofft, Monseigneur, daß Eure Eminenz geruhen würden, sich zu erinnern, in welchem Rang ich geboren wurde.«
    »Aber Gräfi n, Gräfi n, ich hatte Sie für eine Frau von Geist gehalten«, sagte der Kardinal.
    »Anscheinend nennen Sie, Monseigneur, Frauen von Geist gewisse Geschöpfe, denen ich einen anderen Namen geben wür-de.«
    »Eine Frau von Geist nenne ich jede Frau, die zuhört, wenn man mit ihr spricht, und die nicht spricht, ehe sie gehört hat.«
    »Gut denn, ich höre.«
    Und mit den galantesten Komplimenten eröffnete ihr der Kardinal, daß dieses kleine Haus, das er durchaus nicht als ein Lusthaus betrachte, von nun an ihr, Jeanne de La Motte, gehören solle und daß er hoffe, sie werde ihn hier »bisweilen nicht allzu ungern«
    empfangen.
    Jeanne zierte sich eine Zeitlang, ein solches Geschenk anzunehmen, doch konnte sie ihr heißes Glück, dieses bezaubernde Haus ihr eigen zu nennen, nicht verhehlen. Sie sagte kein Wort mehr von »Lusthaus« und versicherte dem Kardinal, sie werde nie vergessen, daß er hier zu Hause sei. Und obwohl fast von Sinnen vor Freude, tat sie dem Souper alle Ehre an und entzückte Herrn de Rohan durch ihr Lachen und ihr Geplauder.
    Der Kardinal, als Diplomat an den Umgang mit den herrschen-den Frauen seiner Epoche gewöhnt, lächelte im stillen voll Über-legenheit über das Gebaren der kleinen Gräfi n, die er noch vor wenigem in ihrer Armut gesehen, vor ihm wie eine Provinzlerin Ehrbarkeit zu spielen und auf ihren Rang zu pochen, dessen Echtheit er nach wie vor bezweifelte. Die Besitzgier in ihren Augen war ihm nicht entgangen, und er glaubte, diese Frau durch sein großzügiges Präsent ganz in der Hand zu haben. So durchschaute er die Manöver der kleinen Dame nicht und hegte keinerlei Argwohn. Das war sein Verderben.
    Tatsächlich übertraf dieses Haus jegliche Erwartungen Jeannes, nur konnte der Kardinal nicht erraten, daß ihr Ehrgeiz über seine Person hinaus zielte. Ihrer scheinbaren Unterlegenheit wohl be-wußt, fuhr sie also fort, das begrenzte kokette Weibchen zu spielen, um den hohen Herrn desto leichter in Sicherheit zu wiegen.
    »Übrigens«, begann mit einemmal der Kardinal, als ginge ihm zufällig ein ganz entlegener Gedanke durch den Sinn, »was be-richteten Sie mir doch neulich über diese Damen von der Versailler Wohlfahrt?«
    »Die Damen mit dem Porträt?« entgegnete Jeanne. »Nun, Eminenz, ich wette, Sie kennen sie ebenso gut und sogar besser als ich.«
    »Ich? Oh, Gräfi n, Sie tun mir unrecht.«
    »Leugnen Sie noch einmal, und ich nenne Sie Lügner.«
    »Dann räche ich mich für die Beschimpfung.«
    »Und wie denn, bitte?«
    »Indem ich Sie küsse.«
    »Herr Botschafter am Wiener Hof, Vertrauter Maria Theresias, mir scheint, sofern das Porträt nicht ganz unähnlich war, müß-
    ten Sie Ihre kaiserliche Freundin erkannt haben.«
    »Wie! Sie meinen wirklich, das war das Bildnis Maria Theresias?«
    »Ach, spielen Sie nicht den Unwissenden, Herr Diplomat!«
    »Nun denn, und wenn ich die Kaiserin erkannt hätte, was

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