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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sicher? Er hat dich geschickt, oder nicht?«
    Tugomir stand abrupt auf, um den Hustensirup in Krüge zu füllen – und Widukind bei der Gelegenheit den Rücken zuzukehren. Der blieb an seinem Platz sitzen, hielt ausnahmsweise einmal die Klappe und trank seinen Met. Womöglich hätte die wohltuende Stille sogar angehalten, bis sein Becher geleert war und er sich verabschiedete, doch Semela fragte: »Und welcher der aufsässigen Herzöge wird den König als Nächstes herausfordern, Vater? Stimmt es, dass er Eberhard von Franken schon wieder hat laufen lassen?«
    »Was kümmert es dich?«, fragte Tugomir verwundert.
    Semela verschloss die ersten Krüglein mit den bereitliegenden Holzdeckeln und gab achselzuckend zurück: »Ich bin nur neugierig.«
    »Ja, das ist mir nicht neu«, bemerkte Tugomir verdrossen.
    »Es stimmt«, antwortete Widukind dem jungen Mann. »Nach seiner siegreichen Rückkehr aus Bayern hat der König Herzog Eberhard auf freien Fuß gesetzt, denn es wäre unklug gewesen, Eberhard weiter zu demütigen, verstehst du. Er hat immer noch viele mächtige Freunde, auch in Sachsen. Außerdem kann der König es sich leisten, großmütig zu sein, schätze ich. Er hat seine Herrschaft gefestigt. Der Herzog von Schwaben ist loyal, der neue Herzog von Bayern wird es auch sein. Giselbert von Lothringen ist König Ottos Schwager und zu bequem, um ein Aufrührer zu sein. Und selbst wenn du es nicht gerne hörst, Tugomir: Auch Prinz Thankmars Tod bedeutet, dass Ottos Thron sicherer geworden ist.«
    »Sag das dem König, und du wirst feststellen, dass er es erst recht nicht gern hört.«
    »Ich weiß«, gab Widukind zurück. »Und dennoch ist es so. Thankmar mag ihm teuer und dein Freund gewesen sein, aber seine Rebellion war ein abscheulicher Akt wider die Natur und Gottes Gebot.«
    Tugomir räumte die fertigen Krüge auf das Wandbord. »Wer weiß«, gab er scheinbar gleichgültig zurück. »Aber der abscheulichste von Ottos Brüdern lebt noch.«
    »Ich fürchte, das ist wahr«, musste der Priester bekennen, stellte seinen Becher ab und stand auf. »Für mich wird es Zeit. Nicht auszudenken, was mir bevorstünde, wenn Kanzler Poppo auf den Gedanken käme, ich drücke mich vor der Arbeit … Habt Dank für den Met.«
    »Jederzeit, Widukind«, gab Tugomir zurück, und er meinte, was er sagte. Widukind war einer der wenigen Sachsen, deren Gegenwart er gut ertragen konnte. Beide Priester von fürstlichem Geblüt, hatte Tugomir erstaunliche Gemeinsamkeiten entdeckt, und inzwischen verstand er, warum seine Schwester ihr Herz ausgerechnet an diesen Mann verschenkt hatte. »Wann immer Poppo dich aus seinen Klauen lässt.«
    Mit einem leisen Lachen öffnete der Priester die Tür und wäre um ein Haar mit Rada zusammengestoßen, die mit Holc auf dem Arm nach Hause kam, beide zum Schutz gegen die Kälte in den dicken Wollmantel gehüllt, den Tugomir für Rada hatte schneidern lassen. Widukind ließ ihr den Vortritt.
    Sie lächelte scheu. »Habt Dank, Vater.«
    Er nickte und verschwand in der Dämmerung. Nicht ganz ohne Mühe schloss Rada die Tür gegen den heulenden Wind, und als er ausgesperrt war, nahm sie das wollene Tuch vom Kopf. »Eben ist ein Bote gekommen, und kaum war er in die Pfalz geritten, ist sein Pferd tot umgefallen«, berichtete sie. »Kein Wunder bei so einem Wetter. Ich sage euch, es sind Geisterstimmen in diesem Wind.«
    Tugomir nickte. Er hörte sie auch. »Ein Bote woher?«, fragte er mit mäßigem Interesse. Wenn sein Gaul unter ihm verreckt war, hieß das möglicherweise, dass Tugomirs Götter dem Boten oder seinem Herrn nicht wohlgesinnt waren.
    »Keine Ahnung«, erwiderte sie. »Von weit her, glaub ich. Er trug ganz seltsame Stiefel, und er sprach ein Deutsch, das ich kaum verstehen konnte.«
    Semela nahm seiner Frau das schlafende Kind ab. »Soll ich gehen und es herausfinden?«, erbot er sich. Das Spionagenetz der daleminzischen Sklaven funktionierte immer noch zuverlässig.
    Doch Tugomir winkte ab. Es fiel ihm in letzter Zeit schwer, für irgendetwas Interesse aufzubringen. Die einzigen Nachrichten, für die er sich aus seiner Lethargie riss, waren solche, die aus dem Osten kamen. Der Reiter, den Rada beschrieben hatte, schien eher aus dem Süden oder Westen zu kommen. »Was kümmert uns Ottos Verdruss mit seinen aufsässigen Herzögen?«
    »Falls es Verdruss ist, den der Bote bringt, dann nicht für Otto«, bemerkte Rada und hängte den feuchten Mantel über einen Schemel am Feuer. »Seine

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