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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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beruhigte sich.
    Als der Prinz die Augen aufschlug, lächelte er erleichtert. »Es wird besser«, flüsterte er. »Gott segne dich, Prinz Tugomir. Hab Dank …«
    »Keine Ursache«, knurrte Tugomir und zwang einen weiteren Becher Stutenmilch seine Kehle hinab.
    Er war kaum geleert, als die Königin auf leisen Sohlen hereinkam.
    Mathildis schenkte dem slawischen Heiler nicht die geringste Beachtung, sondern beugte sich über ihren Sohn. »Wie geht es dir?« Ihre Sorge war unübersehbar, doch auch sie berührte ihn nicht, strich ihm nicht etwa das feuchte Haar aus der Stirn, und sie hielt einen Schritt Abstand zum Bett.
    »Besser. Hab Dank, Mutter.« Höflich, doch ebenso reserviert wie sie.
    Thankmar nickte Tugomir zu. »Komm mit mir. Die Königin wird bei Otto wachen. Es wird Zeit, dass wir unseren Teil des Handels erfüllen, denn der Tag ist nicht mehr fern.«
    Die Nacht war lau und mondhell. Vor der Tür stand immer noch die angelsächsische Prinzessin. Man hätte meinen können, sie habe sich in all den Stunden überhaupt nicht gerührt, doch Tugomir entdeckte dunkle Staubflecken auf ihrem Rock, etwa in Kniehöhe. Vermutlich hatte sie die Nacht im Gebet verbracht.
    »Wie geht es ihm, Thankmar?«, fragte sie. »Und keine schönen Lügen, bitte.«
    »Viel besser, glaube ich. Was sagst du, Tugomir?«
    Der hob kurz die Linke. »Für den Moment, ja. Aber der Fluch mag zurückkehren. Heute Abend wissen wir mehr.«
    Editha nahm seine Rechte in beide Hände, führte sie an die Lippen und küsste seinen Handrücken. Es war keine impulsive Geste, sondern wirkte wohlüberlegt und würdevoll. »Ich stehe in Eurer Schuld, Prinz Tugomir.«
    Er befreite seine Hand – aber nicht so schroff, wie er eigentlich wollte.
    »Ich denke, du kannst hineingehen und nach ihm sehen«, sagte Thankmar zu ihr. »Die Königin ist bei ihm; es ist also nicht unschicklich.« Der Spott in seiner Stimme war nachsichtig, aber unüberhörbar.
    Editha nickte und wandte sich zur Tür.
    Thankmar führte Tugomir zum Pferdestall hinüber, weckte mit einem gut platzierten Tritt einen Stallknecht, der in der Sattelkammer schlief, und befahl ihm, zwei Pferde zu satteln.
    »Einen Schimmel für mich«, verlangte Tugomir.
    »Wozu?«, fragte Thankmar verdutzt.
    »Das verstehst du nicht«, entgegnete Tugomir kurz angebunden. Schimmel waren die Pferde der Götter, ohne deren Hilfe er seine schwere Aufgabe nicht erfüllen konnte.
    Thankmar hob gleichmütig die Schultern. »Also bitte. Du hast es gehört, Wido. Einen Schimmel für unseren wunderlichen Slawenprinzen.«
    Der Stallknecht wandte sich gähnend ab.
    Während sie draußen warteten, sagte Thankmar: »Die Panzerreiter lagern eine Meile außerhalb der Stadt am Fluss. Dort sind auch die Gefangenen. Wirst du mir schwören, dass du auf dem Weg dorthin nicht zu fliehen versuchst? Oder auf dem Weg zurück?«
    Tugomir warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Ehe ich euch Sachsen irgendeinen Schwur leiste, werden den Fischen in der Elbe Flügel wachsen.«
    Thankmar seufzte leise. »Du bist ein wirklich harter Brocken, Prinz Tugomir. Jetzt muss ich mitten in der Nacht Ketten besorgen.«
    »Tu, was du willst. Aber ich werde euch schon nicht davonlaufen. Nicht heute Nacht jedenfalls. Nicht ehe die zwei Dutzend Männer, die der König mir geschenkt hat, sicher über den Fluss sind.«
    Der Bursche brachte die Pferde. Mürrisch und verschlafen drückte er ihnen die Zügel in die Hand und machte kehrt, ohne auf Thankmars Erlaubnis zur warten.
    Thankmar sah ihm ungläubig hinterher, schnalzte mit der Zunge und saß auf. »Also meinetwegen. Dann komm. Ich hoffe, du hast dir gut überlegt, was du tust. Wie willst du die Männer auswählen, die weiterleben sollen? Hast du keine Angst, dass die Gesichter der anderen dich bis ins Grab verfolgen werden?«
    Tugomir schüttelte den Kopf und schwang sich in den Sattel. »Die Götter werden entscheiden, nicht ich.«
    Sie ritten durch das bewachte Tor und im Mondschein hügelab. Die Pfalz – am südlichen Rand des Städtchens gelegen – war von einem hohen Palisadenzaun umgeben, aber der Ort selbst, kaum mehr als ein Marktflecken mit windschiefen Holzhäuschen und staubigen Straßen, die sich um einen zentralen Platz gruppierten, hatte keinerlei Befestigung. Wie einfach es wäre, ihn zu nehmen, dachte Tugomir. Wenn ein Heer von hundert unerschrockenen Kriegern die Elbe weiter nördlich überquerte und sich Magdeburg bei Nacht näherte, konnte es dieses traurige Nest in Brand

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