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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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bedauernd an, setzte den Verschluss wieder auf und verschränkte die Arme, als wollte er sich daran hindern, das nächste Glas einzugießen. »Heathcote Manor«, begann er und erzählte mir dann alles, was ich schon in der Broschüre gelesen hatte. All die alten Geschichten von Heathcote Vandenbourgh und seinem Pakt mit dem Teufel, von den vielen Malen, die das Haus in Flammen gestanden hatte, u nd den Toten, die immer wieder in seinen Mauern gefunden wurden. Ich unterbrach ihn deshalb nach ein paar Sätzen. »Das kenne ich alles, Mr Skegg. Eliette Burges meinte, Sie wüssten mehr, als in der Broschüre steht.«
    Er verzog das Gesicht. »Das sind Informationen, für die ich teuer bezahlt habe«, beklagte er sich.
    »Dafür habe ich Ihnen die Flasche mitgebracht.«
    Er schaute noch ein wenig missvergnügter aus der Wäsche und grummelte irgendwas Unverständliches vor sich hin. »Das Haus ist verflucht«, sagte er dann. Er griff nach der Flasche und schraubte sie auf, und dieses Mal hielt er sich nicht damit auf, den Gin erst in ein Glas umzufüllen.
    »Verflucht?« Ich hätte gelacht, wenn da nicht dieses Flüstern hinter mir gewesen wäre. Irgendwer zupfte an meinem Ärmel, aber ich weigerte mich, das zur Kenntnis zu nehmen. Außer mir und Milton Skegg war niemand hier im Raum.
    Er nickte mehrmals nachdrücklich. »Verflucht«, wiederholte er. »Die jetzige Ms Vandenbourgh war als Erste so klug, ihre Familie in Sicherheit zu bringen, weit weg von diesem Spukgemäuer.« Er rülpste und trank. »Leider war ihr Sohn weniger schlau, er hat seine Kinder hierher zurückgebracht. Die alte Frau ist ihnen natürlich gefolgt und hat ab da alles darangesetzt, ihrer Schwiegertochter und dem renitenten Sohn das Leben so sauer wie möglich zu machen.« Er lachte und schwenkte die Flasche, wobei er mich mit scharf riechenden Spritzern Schnaps taufte. »Alles, damit sie wieder von hier verschwinden. Aber der Sohn war ein echter Vandenbourgh, stur wie ein Maulesel. Er hat ausgeharrt und dann hat das Haus ihn sich geholt. Ihn und die anderen. Alle tot, bei dem Autounfall. Bis auf die Tochter, denn d ie spart das verfluchte Haus sich auf, als Nachtisch.« Er wischte sich über den Mund und trank einen großen, gluckernden Schluck, ehe er weitersprach. »Sie war in der Klapsmühle, die Kleine. Kann man ihr nicht verdenken. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich über die Klippe hüpfen und nach Amerika schwimmen. Alles besser, als hier zu hocken und darauf zu warten, dass es dich holt.« Er lachte wieder, und sein Lachen klang scharf und voller Angst.
    Ich mochte nicht mehr zuhören. Das war das Gefasel eines Mannes, der sich das Gehirn weggesoffen hatte und der Gespenster sah. Obwohl seine Geschichte mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte, das musste ich zugeben. Sie brachte etwas in mir zum Klingen, und das war ein unangenehmes Gefühl.
    Milton Skegg bückte sich und zog einen großen Blechkoffer unter dem Tisch hervor. Er klappte ihn auf. Der Koffer war vollgestopft mit Papier: Notizbücher, Kladden, Zeitungsausschnitte. Skegg grub darin herum und legte zwei dünne Hefte auf den Tisch. Er blätterte sie durch, machte nachdenkliche Grunzgeräusche und wiegte den Kopf. »Da«, sagte er dann. Er schob mir eins der aufgeschlagenen Hefte hin. Sein schmutziger Daumen deutete auf eine Stelle mitten auf der vollgeschriebenen Seite. Ich beugte mich vor, um sie zu entziffern.
    In einer Schrift, die irgendwie gehetzt und krakelig wirkte, berichtete da jemand von seltsamen Geräuschen und unsichtbaren Wesenheiten, die nachts die Korridore und Zimmer eines Hauses unsicher machten. Das Geschreibsel schien von einem Wahnsinnigen zu stammen. Sätze fingen irgendwo in der Mitte an und endeten genauso abrupt ohne erkennbaren Grund, manchmal mitten im Wort, tanzten über und unter den Linien d es Papiers herum. Wer auch immer das geschrieben hatte, er war nicht besonders talentiert. Wenn das ein Buch werden sollte, würde es schwer einen Verleger finden.
    Ich las die Seite zu Ende, wollte umblättern, da schoss Milton Skeggs schmutzige Hand vor und riss mir das Heft weg. »Eine Flasche, eine Information«, sagte er. Er klang betrunken.
    »Das ist doch keine Information«, sagte ich empört. »Das ist irgendein Zeug, das ein Irrer zusammengekrakelt hat. Es ergibt keinen Sinn. Was soll ich damit?«
    Er presste das Heft an die Brust, als hätte ich sein Baby beleidigt. »Bitte«, schnappte er, »dann geh doch und frag anderen Leuten ein Loch in

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