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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberley Wilkins
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sichern, und musste nun feststellen, dass diese Zukunft leer war: keine Liebe, keine Familie und nun auch noch eine zum Tode verurteilte Existenz in einer Stadt, die sich unwiderruflich verändern würde. Und sie war nicht mehr jung; das hatte die Geschichte mit Damien ihr nur zu deutlich vor Augen geführt. Ganz plötzlich kam ihr das Leben kurz und vergänglich vor. Sie bohrte die Zehen in den Sand, doch die zurückweichenden Wellen zogen ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie schloss die Augen, ihr war einen Moment lang schwindlig.
    Aber es war halb zwölf. Sie konnte nicht ewig hier stehen bleiben und sich bemitleiden. Melody und Cheryl warteten auf sie: auf ihre allzu ernste, verbrauchte Chefin. Heute würden sie jedenfalls noch Gäste haben. Was morgen oder übermorgen oder nächstes Jahr geschah, konnte niemand wissen. Schon gar nicht Juliet.
    ***
    Libby wachte mitten in der Nacht auf. Sie hatte die Decke weggestrampelt, und ihre Haut kribbelte vor Kälte. Im Halbschlaf griff sie nach der Decke.
    Dann hörte sie ihn. Den Wagen. Der Motor wurde abgestellt.
    Sie setzte sich auf, schob den Vorhang beiseite und schaute hinaus. Die Scheinwerfer brannten noch. Das Nummernschild konnte sie nicht erkennen.
    Sie hatte ihr Handy neben dem Bett liegen, wie Damien ihr geraten hatte, und wählte rasch die Nummer der Polizei. Ein junger Beamter meldete sich. Sie erzählte, was passiert war, und hängte ein.
    Die Polizei würde ein paar Minuten brauchen. Sie schaute aus dem Fenster. Eine dunkle Gestalt – unverkennbar der Sohn von Graeme Beers – stieg aus dem Wagen und kam von Norden her auf das Haus zu.
    Libby saß wie erstarrt da, unentschlossen. Sie konnte ihn zur Rede stellen. Sie konnte ihn fragen, was zum Teufel er hier trieb.
    Er könnte gefährlich sein. Das kann man nie wissen. Gut, sie würde sich von ihm fernhalten. Aber sie konnte von der anderen Seite ums Haus schleichen und einen Blick auf das Nummernschild riskieren. Dann müsste selbst Scott Lacey ihr glauben.
    Sie stand auf und ging in ihrem kurzen Baumwollpyjama durchs Atelier, um die Taschenlampe zu holen. Durch die Haustür konnte sie nicht gehen; falls Graeme im Wagen saß, würde er sie entdecken. Also entfernte sie leise das Fliegengitter vom Fenster des Ateliers, stellte einen Stuhl davor und kletterte vorsichtig hinaus, um mit einem sanften Aufprall in dem zugewucherten Beet darunter zu landen. Sie blieb stehen und horchte. Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie kaum die Meeresbrandung und das Zirpen der Grillen hören konnte. Keine Schritte. Nichts. Sie schlich um die Ecke des Hauses und wartete ab.
    Der Wagen stand auf der Straße. Wenn sie aus dem Schatten des Hauses trat, würde er sie kommen sehen. Also kletterte sie über den Zaun, von dem Farbe blätterte, und schürfte sich das Knie dabei auf. Geduckt lief sie zur Straße, schaltete die Taschenlampe ein, leuchtete damit auf das Nummernschild und merkte sich die Zahlenkombination.
    Jetzt kam jemand angelaufen: Graemes Sohn hatte sie entdeckt. Sie schaltete die Taschenlampe aus und wich mit pochendem Herzen zurück, stolperte über einen Stein und fiel der Länge nach hin. Der Motor erwachte donnernd zum Leben, die Reifen knirschten auf dem Schotter.
    Dann waren sie verschwunden.
    Doch diesmal hatte sie einen Beweis.
    Sie wollte ins Haus gehen, doch ihr fiel ein, dass die Tür von innen abgeschlossen war, also musste sie wieder durchs Fenster des Ateliers steigen. Ihre Neugier erwachte. Wonach suchten sie bloß?
    Libby leuchtete mit der Taschenlampe vor sich auf den Boden. Seine Fußabdrücke waren deutlich im Schlamm neben dem tropfenden Gartenschlauch zu erkennen. Sie ging vorsichtig durch das hohe Gras, leuchtete hin und her, suchte nach einem Hinweis. Doch sie sah nur Steine und Pflanzen und Spinnweben. In der Nähe der Hausmauer war das Gras niedergedrückt, und sie richtete den Strahl der Taschenlampe auf die Stelle. Das Cottage stand auf Pfählen, die etwa einen halben Meter lang waren. Es sah aus, als hätte er sich auf den Bauch gelegt und dabei das Gras platt gedrückt. Sie kauerte sich hin, leuchtete unter das Haus, es roch nach kalter Erde. Ein Abdruck deutete darauf hin, dass er ein Stück unter das Haus gekrochen war … sie schob sich halb darunter … und entdeckte ein flaches Loch, das er mit einer Gartenschaufel ausgehoben hatte.
    Ein Motorengeräusch ließ sie zusammenzucken, und sie stieß sich den Kopf an der Unterseite des Hauses. Sterne tanzten vor ihren Augen.
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