Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Libby ließ die Taschenlampe fallen, um sich abzustützen, bevor sie hinfiel.
Diesmal war es nicht Graeme, sondern Scott Laceys Streifenwagen. Sie begegneten sich vor dem Haus.
»Sie waren wieder hier.« Libby rieb sich den Kopf. »Ich habe das Kennzeichen.«
»Alles in Ordnung?«
»Ich habe mir nur den Kopf gestoßen.«
»Und das Knie.«
Sie schaute an sich hinunter und sah, dass es mit Blut und Dreck verschmiert war. Sie seufzte.
»Gehen wir rein.«
»Ich habe mich ausgesperrt. Wir müssen durchs Fenster einsteigen.«
Er berührte sie leicht an der Schulter. »Warte hier. Ich gehe rein und mache dir die Tür auf.«
Sie nickte dankbar. Ein paar Minuten später schaltete sie im Wohnzimmer das Licht ein, während Scott sich hinsetzte und seinen Notizblock hervorzog.
»Tee?«
»Nein. Lass uns das erledigen.«
Sie drehte den Wasserhahn in der Küche auf und hob wenig elegant das Bein, um ihr Knie abzuwaschen. Sie nannte ihm das Kennzeichen sowie Fabrikat, Modell und Farbe des Wagens.
Sie drehte sich um und bemerkte, dass Scott offenbar ihre Beine in dem kurzen Pyjama bewunderte. Ihre Wangen wurden heiß. Er wandte sich rasch ab.
»Die suchen nach etwas«, sagte sie. »Die haben unter das Haus geschaut. Hast du irgendeine Ahnung, was es sein könnte? Kennst du dich mit Heimatkunde aus?«
»Ich weiß gar nichts.« Scott tippte mit dem Stift auf den Notizblock. »Aber wenn wir das Kennzeichen morgen früh identifiziert haben, fahre ich sofort hin.« Er lächelte. »Und du wirst es als Zweite erfahren.«
Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Bist du noch sauer wegen Juliet?«
»Ich war nie sauer auf dich.« Er konnte ihr nicht in die Augen sehen.
»Keine Sorge. Ich bin bald weg.«
»Ach ja?«
»Ich war hier doch nie richtig willkommen, oder?«
»Du hast es auch nie richtig versucht.« Er stand auf.
Sie schaute ihm nach und schloss dann die Tür ab. Sie war viel zu aufgedreht, um weiterzuschlafen, und schaltete den Computer ein, um am Katalog zu arbeiten. Das Meer donnerte, die Sterne schimmerten, und der Wind fuhr leise durch die Bäume, die den Strand von der Stadt trennten. So war es auch vor zwanzig Jahren gewesen, als sie hier gelebt hatte. Und so würde es auch lange, nachdem sie weggegangen war, bleiben.
***
Ein anderer Polizeibeamter kam am Nachmittag vorbei, um ihr zu sagen, dass der Wagen tatsächlich wie vermutet auf Graeme Beers zugelassen war, sie aber nicht mit ihm gesprochen hatten. Sein Haus war verschlossen, das Tauchboot verschwunden, Wagen und Anhänger parkten an der Bootsrampe. Sie hatten eine Karte für ihn hinterlassen, doch fürs Erste konnten sie nichts unternehmen. Libby fühlte sich leer und unbehaglich und war froh, dass sie bald von hier weggehen würde.
Achtundzwanzig
1901
A n dem Tag, an dem Isabella Daniels Armband begraben will, scheint die Sonne. Der Himmel ist klar und blau. Sie trägt ein schwarzes Kleid. Matthew ist ins Dorf gegangen, um ein Stück schwarze Baumwolle zu kaufen, und sie hat zwei Tage lang von morgens bis abends daran genäht. Jetzt sitzt Isabella auf dem Bett und löst vorsichtig die Stiche, mit denen sie das Armband so lange an dem schwarzen Band befestigt hatte. Schließlich fällt die kleine Korallenkette aufs Bett. Isabella wickelt den schwarzen Stoffstreifen wieder um ihr Handgelenk, verknotet es mit der freien Hand und den Zähnen. Dann nimmt sie das Armband und betrachtet es im Morgenlicht, das durchs Fenster fällt.
Jede einzelne Korallenperle ist glatt. Jede silberne Verbindung zwischen ihnen glitzert. Es ist ein winziges Ding, gerade groß genug, um das Handgelenk eines Babys zu umfassen. Ehrfürchtig küsst sie jede einzelne Perle. Tränen laufen ihr über die Wangen und tropfen von ihrem Kinn, aber diese Tränen fühlen sich anders an als sonst. Sie fühlen sich richtig an, als würden sie sie reinigen.
Matthew kommt in seinem Hochzeitsanzug herein. Er hält ihr die Truhe aus Walnussholz hin, in der einmal der Amtsstab gelegen hat.
»Ja, die ist perfekt«, sagt sie. »Ich könnte es nicht ertragen, das Armband einfach in der Erde zu vergraben. Das hier sieht fast wie ein kleiner Sarg aus.«
Er stellt die Truhe auf das Bett und streichelt ihr übers Haar. Sie nimmt das Armband ein letztes Mal in die Hand. Es wiegt fast nichts. Dann lässt sie es auf das Samtfutter fallen und schließt feierlich den Deckel.
Matthew nimmt die Truhe, Isabella folgt ihm. Die Sonne scheint ihr warm ins Gesicht. Die Seeluft ist leicht und salzig. Dieser
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