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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberley Wilkins
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ändert leicht die Richtung, und sie folgt ihm, bleibt aber im Schutz der Büsche. Das Geräusch des Meeres wird lauter, und der Wind trocknet den Schweiß auf ihrer Haut.
    »Da vorn ist ein Bach«, ruft er. »Dort werden wir eine Pause machen.«
    Dankbar lässt sie sich am Rand des Wassers zu Boden sinken und schöpft die kühle Flüssigkeit in ihren Mund. Sie schmeckt nach Erde und Gras, Isabella trinkt sie dennoch.
    Matthew setzt sich neben sie und trinkt ebenfalls. Dann schaut er sie an. »Kannst du weitergehen?«
    »Noch nicht.«
    »Wenn wir erst in Tewantin sind, werde ich mich sicherer fühlen. Der Schaufelraddampfer könnte sogar schon vor Anker liegen. Wir können sofort in unsere Kojen gehen und uns dort ausruhen und verstecken.«
    »Lass mich bitte noch ein bisschen rasten. Das Baby macht mich müde.«
    Er nickt zustimmend, und sie sitzt zwischen den Büschen und holt tief Luft. Er geht um sie herum, ist unruhig, will wieder aufbrechen. Sie schließt die Augen und versucht, es zu verdrängen.
    »Wirst du das Meer vermissen?«, fragt sie.
    Er schweigt einen Moment und sagt dann: »Vermutlich schon. Daran habe ich noch gar nicht gedacht.« Sie hört, dass er endlich stehen geblieben ist. »Ich bin seit zwanzig Jahren mit dem Geräusch des Meeres in den Ohren eingeschlafen. Als wir in Brisbane waren, kam mir die Welt unnatürlich still vor. Ich nehme an, daran muss ich mich gewöhnen.«
    Sie öffnet die Augen. Er steht da, seine Umrisse zeichnen sich vor der Sonne ab. Er hat sich von ihr abgewandt und schaut über den Bach zum Ozean.
    »Tut mir leid, dass ich dich von hier weghole.«
    Er dreht sich um und lächelt. »Du bringst mich an einen Ort, von dem ich nie geträumt habe. In ein Leben mit einer liebenden Frau und Kindern. Eine neue Stadt. Eine neue Welt …« Die Gefühle überwältigen ihn, er kann nicht weitersprechen.
    Sie steht auf und geht zu ihm, legt den Arm um seine Taille. »Siehst du? Jetzt bin ich bereit, weiterzugehen. In diese glückliche neue Welt.«
    Er hebt den Koffer auf, und sie waten gemeinsam durch den Bach. Ihre Schuhe sind ohnehin durchweicht, also ist es egal, und dann wandern sie weiter nach Süden.

    Die Mittagszeit naht, die Sonne wird warm. Wann immer sie kann, huscht Isabella in den Schatten, aber ihre Haut brennt dennoch. Sie trägt einen Hut, um ihr Gesicht zu schützen, hat aber die Ärmel aufgerollt, um den Wind zu spüren, und sieht, dass ihre Hände und Unterarme sich rosa färben. Ihr Magen knurrt, und sie sammelt Beeren und andere essbare Pflanzen. Sie knabbern etwas, während sie langsamer weitergehen, und sie erzählt Matthew von ihrer Wanderung über den Strand nach dem Untergang des Schiffs. Es scheint ein ganzes Leben her zu sein, ein Trauma, das jemand anderem zugestoßen ist. Aber das ist es nicht, es ist ihr zugestoßen. Und wenn sie das überlebt hat, wird sie auch diese kurze Wanderung überleben. Der Gedanke verleiht ihr neue Kraft und Zuversicht, und sie beschleunigt ihre Schritte. Sie kommen schnell voran in Richtung Noosa River.
    ***
    Als sie das nächste Mal stehen bleiben, muss Matthew sich ausruhen, weil er einen Stein im Stiefel hat. Er setzt sich auf den Boden und zieht beide Schuhe aus, um sie auszuschütteln, dann lehnt er sich kurz zurück, um Atem zu schöpfen. Isabella bleibt stehen und fächelt sich mit den nutzlos gewordenen Fahrkarten von Mooloolah Heads nach Sydney Luft zu. Sie sind nicht mehr weit vom Ziel entfernt. Seit einer Stunde folgen sie dem Fluss ins Landesinnere. Die Vegetation verändert sich, wird dicht und dunkelgrün, sie müssen über Farnbüschel steigen, es riecht scharf nach Eukalyptus. Das andere Ufer, das für den Ackerbau gerodet wurde, backt in der heißen Sonne. Bald werden sie die Anlegestelle sehen. Sie fühlt sich plötzlich leicht und glücklich, als könne sie den Rest des Weges rennen.
    Matthew steht auf und reckt sich, will sie umarmen, fährt dann aber mit einem Schmerzensschrei zusammen.
    »Was ist los?« Die Angst schießt heiß unter ihre Rippen.
    Er fällt auf den Boden und umklammert sein Bein. »Schlange«, stößt er keuchend hervor.
    Sie kniet sich neben ihn und kann gerade noch sehen, wie ein dunkler Umriss ins Unterholz gleitet. »Was sollen wir machen? Ist sie giftig?«
    »Keine Ahnung. Ich …« Sein Gesicht ist weiß vor Angst.
    »Lass mal sehen.«
    Er nimmt die Hände weg, und sie kann zwei deutliche Bissspuren am Knöchel sehen, knapp über dem Knochen. »Oh Gott, Matthew. Was sollen wir tun?
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