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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberley Wilkins
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sie könnten leiser laufen. Gewiss kann Percy seinen donnernden Pulsschlag hören; er ist ohrenbetäubend, ebenso wie das Knacken der Äste, ihr heftiger Atem, ihre Schritte. Weiter geht es, sie beschreiben einen großen Halbkreis um das Dorf und lassen es hinter sich. Isabella keucht vor Anstrengung, und er wird langsamer, damit sie zu Atem kommen kann.
    »Ich kann nicht mehr.«
    Vor ihnen liegt ein ausgetrocknetes Bachbett. Er ergreift ihre Hand und zieht sie dorthin. Sie springen hinein. Er drückt sie zu Boden und legt sich neben sie auf den Bauch, verdeckt von dem verschlungenen, üppigen Unterholz, das die Ufer des Bachbettes bedeckt. Sie sind nicht zu sehen. Er horcht angestrengt.
    In der Ferne ertönt ein Knall. Aber er hört keine Schritte mehr. Nur die Laute von Vögeln und anderen Tieren, der Wind in den Bäumen, der das trockene Laub herunterweht, das mit einem sanften Rascheln auf dem Boden landet.
    Das Meer.
    Ihr Atem.
    »Sind wir ihn los?«, flüstert sie.
    »Sieht so aus.«

    Percy jagt ihnen eine Weile hinterher, stolpert dann über eine Wurzel und fällt geräuschvoll zu Boden. Er streckt die Hände aus, um den Sturz zu bremsen, worauf ein scharfer Schmerz durch sein Handgelenk schießt. Er ist wütend. So wütend, dass sein Inneres zu kochen scheint. Dieser Wald ist ein Alptraum, voller seltsamer, prähistorisch anmutender Pflanzen und bedrohlicher Kriechtiere im Unterholz. Er erinnert sich an die Worte des Polizisten, den er an der Stelle des Schiffsunglücks getroffen hat: Schlangen, Wildhunde, tückische Eingeborene; er läuft geradewegs in den Schlund eines Ungeheuers.
    Percy setzt sich auf den Boden. Er ist müde, hat eine schreckliche Nachtfahrt von Brisbane in einer privaten Kutsche hinter sich. Er wollte nicht zwei Tage auf den Schaufelraddampfer warten, doch das ständige Rütteln und Schütteln und die Pferdewechsel haben ihn am Schlafen gehindert. Die Kutsche wartet noch vor dem Exchange Hotel auf ihn. Er hatte gehofft, um diese Zeit schon mit Isabella unterwegs nach Brisbane zu sein, zur Polizeiwache. Wie gern hätte er miterlebt, dass man sie an diesem widerlichen, feuchten Ort fern der Heimat in ein stinkendes Gefängnis wirft. Wie hätte er es genossen, sie auf der langen Kutschfahrt für sich allein zu haben, um auf eine unmittelbare, persönlichere Art Rache zu üben.
    Seine Kehle brennt bei dem Gedanken, dass er diese Rache nicht bekommen wird, und er spuckt auf den Boden.
    Doch er ist klüger als eine Frau und ein Leuchtturmwärter. Sie müssen irgendwann irgendwo auftauchen. Und wo immer das sein mag, er wird sie finden.
    Percy steht auf und wischt sich den Schmutz von der Jacke. Schüttelt eine seltsame Verlegenheit ab. Niemand muss erfahren, dass er gestürzt ist. Hocherhobenen Hauptes kehrt er ins Dorf zurück und betritt den Kolonialwarenladen. Die Frau hinter der Theke, ein Rotschopf mit schmalem Gesicht, lächelt herzlich.
    Er erwidert das Lächeln nicht. »Sagen Sie mir, was Sie über Mary Harrow und Matthew Seaward wissen.«
    Die Frau stottert, ist eingeschüchtert von seinem Auftreten. »Mary Harrow? Sie war eine Zeitlang Kindermädchen bei den Fullbrights, aber sie ist schon lange weg.«
    »Nun, ich habe sie heute Morgen noch gesehen. Lügen hier eigentlich alle Leute?«
    Ein gutgekleideter Mann, der rauchend neben dem Postkartenständer steht, meldet sich zu Wort: »Die Frau hier lügt nicht. Ich kenne Mary Harrow. Sie hat für die Fullbrights gearbeitet, ist aber vor vielen Monaten weggezogen. Ich habe sie allerdings im Winter gesehen.«
    »Ihr Name?«
    »Abel Barrett.«
    Percy mustert ihn. Er sieht aus wie ein Gentleman und möchte offenbar nur allzu gern erzählen, was er über Mary Harrow weiß. »Sie hat Sie alle getäuscht«, sagt Percy. »Ihr Name ist nicht Mary Harrow, sondern Isabella Winterbourne. Sie ist eine Diebin. Möglicherweise eine Mörderin.«
    »Sie hat Katherine Fullbright bestohlen«, sagt die Frau hinter der Theke.
    Barrett hebt die Hand, um die Frau zum Schweigen zu bringen. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Percy Winterbourne aus der Juweliersfamilie.«
    Barrett runzelt die Stirn. »Sie hatte Schmuck. Sie hat ihn in Brisbane verkauft.«
    Percy zuckt zusammen und denkt daran, wie viel von ihrem eigenen Schmuck, den seine Familie bezahlt hat, sie wohl verkauft haben mag. Und sie hat noch immer den Amtsstab. Warum sonst sollten sie und der Leuchtturmwärter weggelaufen sein? »Es war alles gestohlen«, verkündet Percy mit drohender Stimme. »Von
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