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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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alte Rolle zurück.
    »Aber etwas verstehe ich ganz und gar nicht«, sagte Werner. »Warum haben Sie denn den Mord an Ihrer Tante nicht der Polizei gemeldet?«
    »Ich … ja, also …« Joschi wischte sich die Hände an der Hose ab. »Also …«
    »Also was?«, fragte Benno.
    »Na ja, ehrlich gesagt, es war doch nicht ganz so, wie ich es erzählt habe. Ich hatte keinen Schlüssel, ich bin in das Haus eingebrochen, mit einem Schraubenschlüssel.«
    »Mit einem Schraubenschlüssel? Den hatten Sie dabei? Sie hatten diesen Einbruch also geplant. Wann war das genau?«, wollte Werner wissen.
    »Am Sonntag, den 12. August.«
    Benno schaute in sein Notizbuch. »Der Tag, an dem Sie angeblich in den Alpen wandern waren? Für den Sie nach Ihrer Aussage ein todsicheres Alibi haben?«
    »Ach, das mit dem Alibi. Da muss ich mich irgendwie getäuscht haben.«
    »Tja, das müssen Sie wohl.« Werner war bewusst vorsichtig in seiner Wortwahl. »Sie sind also an diesem Tag in das Haus Ihrer Tante eingedrungen. Und um welche Uhrzeit haben Sie die Tür geöffnet?«
    »Das wird so gegen zwölf Uhr gewesen sein.«
    »Sie sind am helllichten Sonntagmittag an einer vielbefahrenen Straße mit einem Schraubenschlüssel in ein Haus eingebrochen, und niemand hat etwas bemerkt?«
    »Bei so einem Schloss geht das ganz schnell. Das hat mir einer im Internat beigebracht, als wir nachts weg wollten.«
    »So viel zur Internatserziehung«, murmelte Werner. »Aber trotzdem – das ist doch kein Grund, die Polizei nicht zu verständigen, nach einem Mord!«
    »Es war so …« Joschi wand sich. Er brauchte mehrere Anläufe und ein verständnisvolles Nicken von Werner, bevor er sagen konnte: »Ich brauchte dringend Geld, sehr dringend. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn die Gläubiger einem im Nacken sitzen, bösartige Gläubiger … Und das Geld gehörte ja sowieso mir. Ich bin doch ihr Erbe …«
    »Von welchem Geld sprechen Sie?«
    Schweigen.
    »Herr Schneider«, mahnte Werner. »Was für ein Geld?«
    Joschi starrte auf den Boden. »Es wäre wohl cleverer gewesen, damals doch die Polizei zu rufen und einen Einbruch zu melden«, murmelte er. »Aber ich war so … also ich habe das Geld genommen und bin so schnell wie möglich verschwunden.«
    »Welches Geld?« Werners Stimme hatte jetzt einen ungeduldigen Unterton.
    »Auf Tante Elfis Schreibtisch lagen dreitausend Euro. Aber das war ja sowieso mein Geld.«
    »Das bezweifle ich sehr«, sagte Benno hart. »Abgesehen davon, dass noch keineswegs sicher ist, dass Sie überhaupt etwas erben – Mörder erben nämlich nicht –, lag auf dem Schreibtisch von Frau Rothammer, als wir ihn untersuchten, nämlich ein Zettel mit einer Büroklammer und der Aufschrift ›Für Tanja und den Kleinen‹. Unter der Büroklammer klemmte aber nichts. Könnte es vielleicht sein, dass dort einmal dreitausend Euro steckten?«
    Joschi blähte die Nasenflügel. »Das ist doch wohl egal, oder?«, murmelte er.
    Benno holte schon Luft, als Werner schnell sagte: »Kommen wir zu einer weiteren Frage: Was ist das für eine Geschichte mit dem Alibi? Warum haben Sie Staatsanwalt Berg erzählt, Sie seien nachweislich am 12. August in den Bergen auf einer Wanderung gewesen, während Sie uns jetzt erklären, Sie seien zur selben Zeit in Bamberg im Haus Ihrer Tante eingebrochen?«
    »Ich muss wohl …«
    »Erzählen Sie uns jetzt nicht, dass Sie sich getäuscht hätten.«
    Werners Stimme wurde immer strenger.
    Joschi schwieg.
    »Herr Schneider, das sieht nicht gut aus für Sie. Wollen Sie jetzt vielleicht doch Ihren Anwalt verständigen? Sie haben natürlich auch das Recht, die Aussage zu verweigern.«
    »Ich hab keinen Anwalt, und ich kann mir auch keinen leisten.«
    »Sollen wir Ihnen einen Pflichtvertei…«
    »Nein, das kann ich selbst! Also gut …« Joschi atmete tief auf, wie vor dem Sprung vom Fünfmeterbrett. »Also gut: Ich wollte sie töten. Deswegen habe ich mir das Alibi gebastelt. Ich brauchte ihr Geld, brauchte zumindest die Aussicht auf das Haus. Das hätte die Aasgeier erst mal hingehalten. Ich war so nah dran am Gewinn. Ich hatte ein todsicheres System beim Spielen entwickelt. Ich brauchte nur noch etwas Kapital, dann hätte ich Geld gescheffelt. Wenn sie mir nur ein bisschen entgegengekommen wäre! Aber sie hat mich behandelt wie den letzten Dreck. Rausgeschmissen hat sie mich. ›Ich habe schon deine Mutter davongejagt, und du verschwindest jetzt auch, auf der Stelle, du Erbschleicher!‹, hat sie

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