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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ich
sagen soll, kann ich es genauso gut sein lassen«, meinte
sie.
»Wenn dieses verdammte Budget nicht bald
verabschiedet wird, tagen wir deswegen noch zu
Weihnachten. Aber ich werde nicht zulassen, daß die
Sozialleistungen weiter gekürzt werden.«
Toby sah im Rückspiegel, wie sie sich aus einer
Thermoskanne Kaffee eingoß. Er sah ihrer Haltung an,
daß sie gesprächsbereit war.
»Hast du gut geschlafen letzte Nacht, Senatorin?« Hin
und wieder redete er sie mit »Senatorin« an, auch wenn sie
allein waren. Damit brachte er ihr in Erinnerung, daß er
allen Geschehnissen zum Trotz wußte, wohin er gehörte.
Und vor Fremden siezte er sie natürlich auch.
»Nein, habe ich nicht. Ich fing an, mir wegen dieser
Sendung Gedanken zu machen. Es war dumm von mir,
daß ich mich dazu habe überreden lassen. Sie wird mir nur
schaden. Ich spüre es in meinen Knochen.«
Toby runzelte die Stirn. Er hatte eine gesunde
Hochachtung vor dem, was Abby »in ihren Knochen
spürte«. Er hatte Abby noch nicht erzählt, daß Pat
Traymore im Dean-Adams-Haus wohnte. Das würde sie
erst recht mit abergläubischer Furcht erfüllen. Dies war
nicht der rechte Augenblick, um sie aus der Ruhe zu
bringen. Doch irgendwann mußte sie es erfahren. Es
würde sowieso herauskommen. Auch Toby beschlich in
bezug auf die Sendung langsam ein unangenehmes
Gefühl.
    Pat hatte den Wecker auf fünf Uhr gestellt. Bei ihrer ersten
Fernsehtätigkeit hatte sie gelernt, daß es ihr half, sich mit
ganzer Energie auf ihre jeweilige Arbeit zu konzentrieren,
wenn sie innerlich ruhig und gesammelt war. Sie wußte
noch, wie sie vor Wut gekocht hatte, als sie außer Atem zu
einem Interview mit dem Gouverneur von Connecticut
gehetzt war und feststellen mußte, daß sie ihre sorgsam
vorbereiteten Fragen vergessen hatte.
    Nach der Nacht im Apple Motel war es gut gewesen,
wieder in dem breiten und bequemen Bett zu liegen. Aber
sie hatte schlecht geschlafen, weil sie an die Szene mit
Luther Pelham denken mußte. Im Nachrichtenbereich des
Fernsehens gab es viele Männer, die den unumgänglichen
Annäherungsversuch machten, und einige reagierten
nachtragend, wenn man sie abblitzen ließ.
    Sie zog sich schnell an und entschied sich für ein
langärmeliges schwarzes Wollkleid mit Wildlederweste.
Es sah so aus, als würde es wieder einer jener rauhen,
windigen Tage, wie sie für diesen Dezember typisch
waren.
    An einigen Fenstern gab es keine Doppelverglasung, und
an der Nordseite des Hauses klapperten die Scheiben,
wenn der Wind dagegen pfiff.
    Sie erreichte den Treppenabsatz.
Das Heulen verstärkte sich. Doch jetzt war es ein Kind,
das schrie und heulte. Ich rannte die Treppe hinunter. Ich
hatte solche Angst, und ich heulte …
Ein momentanes Schwindelgefühl veranlaßte sie, sich
am Geländer festzuhalten. Es geht los, dachte sie grimmig.
Die Erinnerung kommt wirklich zurück.
Auf dem Weg zum Büro der Senatorin fühlte sie sich
aufgewühlt, nicht im Einklang mit sich selbst. Sie konnte
sich nicht von jener überwältigenden Angst befreien, die
sie bei jener flüchtigen Erinnerung überkommen hatte.
Warum sollte sie jetzt Angst empfinden?
Wieviel hatte sie von dem mitbekommen, was in jener
Nacht geschah?
Bei ihrer Ankunft im Büro wurde sie bereits von Philip
Buckley erwartet. In der trüben frühmorgendlichen
Stimmung schien es ihr, als verhielte er sich ihr gegenüber
noch vorsichtiger und feindseliger als zuvor. Wovor hat er
Angst? dachte Pat. Man könnte glauben, ich wäre eine
britische Spionin in einem Siedler-Camp. Sie sagte ihm
das.
Sein Lächeln war klein, kalt und humorlos. »Wenn wir
Sie für eine britische Spionin hielten, wären Sie nicht mal
in die Nähe dieses Siedler-Camps gekommen«, meinte er.
»Die Senatorin wird jeden Moment eintreffen. Vielleicht
möchten Sie einen Blick auf ihren heutigen Terminplan
werfen. Es könnte Ihnen eine Vorstellung von ihrem
Arbeitspensum vermitteln.«
Er blickte ihr über die Schulter, während sie die dicht
beschriebenen Seiten las. »Tatsächlich müssen wir wohl
wenigstens drei von diesen Leuten auf später vertrösten.
Wir haben gedacht, wenn Sie einfach im Büro der
Senatorin sitzen und aufpassen, können Sie hinterher
selbst entscheiden, welche Abschnitte aus ihrem
Tagesablauf Sie in Ihre Sendung aufnehmen wollen. Wenn
sie vertrauliche Dinge zu bereden hat, müssen Sie
natürlich hinaus. Ich habe für Sie einen Schreibtisch in ihr
Privatbüro stellen

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