Das Haus Am Potomac
einen Tisch aussuchen.
Bei einem Cocktail berichtete Pat von ihrem
Tagesablauf, einschließlich der Szene im Sitzungssaal.
Sam stieß einen Pfiff aus. »Das war ein scheußlicher
Moment für Abigail. Das fehlt einem noch: jemanden auf
der Lohnliste zu haben, der einen schlecht dastehen läßt!«
»Könnte etwas Derartiges tatsächlich die Entscheidung
des Präsidenten beeinflussen?« fragte Pat.
»Pat, alles kann die Entscheidung des Präsidenten
beeinflussen. Ein Fehler kann das Ende für einen sein.
Naja, überleg doch selber, wäre Chappaquiddick nicht
gewesen, wäre Teddy Kennedy heute vielleicht Präsident.
Und vergiß nicht Watergate und andere Skandale. Alles
fällt auf den Mann oder die Frau zurück, der oder die das
Amt innehat. Es ist ein Wunder, daß Abigail den Skandal
mit den verschwundenen Wahlkampfgeldern überlebt hat,
und wenn sie versucht hätte, ihre Assistentin zu decken,
hätte sie damit ihre Glaubwürdigkeit ruiniert. Wie hieß das
Mädchen noch?«
»Eleanor Brown.« Pat dachte daran, was Margaret
Langley gesagt hatte. »Eleanor könnte nicht stehlen. Sie
ist zu ängstlich.«
»Eleanor hat immer ihre Unschuld beteuert«, sagte sie
jetzt zu Sam.
Er zuckte die Schultern. »Pat, ich war vier Jahre lang
Bezirksstaatsanwalt. Soll ich dir etwas sagen? Neun von
zehn Kriminellen schwören, das Verbrechen nicht
begangen zu haben. Und wenigstens acht von diesen neun
lügen.«
»Aber dann bleibt immer noch einer, der wirklich
unschuldig ist«, beharrte Pat.
»Sehr selten«, meinte Sam. »Worauf hast du Appetit?«
Es kam ihr so vor, als könnte sie zuschauen, wie er in
den anderthalb Stunden, die sie zusammen waren,
merklich lockerer wurde. Ich tue dir gut, Sam, dachte sie.
Ich kann dich glücklich machen. Du meinst, ein Kind zu
haben, wäre das gleiche wie damals, als du alles für Karen
machen mußtest, weil Janice krank war. Mit mir wäre das
anders …
Beim Kaffee fragte er: »Wie ergeht es dir in dem Haus?
Irgendwelche Probleme?«
Sie zögerte erst, doch dann beschloß sie, ihm von der
Notiz zu erzählen, die unter der Tür durchgeschoben
worden war, und von dem zweiten Anruf. »Aber wie du
schon sagtest, wahrscheinlich erlaubt sich da jemand nur
einen Scherz«, schloß sie.
Sam erwiderte das Lächeln nicht, um das sie sich
bemühte. »Ich habe gesagt, daß ein vereinzelter Anruf bei
dem Sender in Boston vielleicht nichts zu sagen hat. Aber
deinen Worten zufolge hast du in den letzten drei Tagen
einen zweiten Anruf erhalten und einen Brief unter der
Tür durchgeschoben bekommen. Was glaubst du, woher
dieser Verrückte deine Adresse hat?«
»Wie hast du sie bekommen?« fragte Pat.
»Ich habe bei Potomac Cable angerufen und gesagt, ich
sei ein Freund von dir. Eine Sekretärin hat mir deine
Telefonnummer und deine genaue Anschrift gegeben und
mir gesagt, wann du ankommst. Offen gestanden, war ich
ein bißchen überrascht, wie unbekümmert sie so viele
Informationen herausgeben.«
»Ich habe mein Einverständnis dazu erklärt. Ich benutze
für diese Sendung das Haus als Büro, und du wärest
verblüfft zu erfahren, wie viele Menschen einem von sich
aus Anekdoten oder Erinnerungen erzählen, wenn sie
lesen, daß man eine Dokumentarsendung vorbereitet. Ich
wollte nicht riskieren, daß Anrufe verlorengehen. Ich habe
natürlich nicht damit gerechnet, daß ich etwas zu
befürchten hätte.«
»Dann hat dieses Scheusal deine Adresse vielleicht auf
die gleiche Art und Weise bekommen. Hast du den Zettel
zufällig bei dir?«
»Ja, in meiner Tasche.« Sie fischte ihn heraus, froh, ihn
loszuwerden.
Sam betrachtete ihn mit nachdenklich gerunzelter Stirn.
»Ich bezweifle, daß man anhand dessen etwas
herausfinden kann, aber laß mich die Notiz Jack Carlson
zeigen. Er ist FBI-Agent und so etwas wie ein
Handschriftenexperte. Und du leg bloß auf, wenn du noch
so einen Anruf bekommst.«
Er setzte sie um halb neun ab. »Du brauchst
Zeitschaltuhren für die Lampen«, meinte er, als sie an der
Tür standen. »Hier könnte jeder herkommen und
unbemerkt einen Brief unter der Tür herschieben.«
Sie blickte zu ihm auf. Der entspannte Gesichtsausdruck
hatte sich verflüchtigt, und die neuen Falten um den Mund
waren wieder tiefer. Du mußtest dir immer Sorgen machen
wegen Janice, dachte sie. Ich will nicht, daß du dir
meinetwegen Sorgen machst.
Sie versuchte, den lockeren Umgangston dieses Abends
wieder einzufangen: »Danke für den neuerlichen
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