Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
abzuwarten, dass der Anrufer sich meldete.
Für einen Moment herrschte Stille am anderen Ende der Leitung, dann vernahm Patrick ein heiseres Räuspern – und das war eindeutig männlich. “Entschuldigung, aber spreche ich mit Mr. Patrick Douglas?”
“Ja, der bin ich”, erwiderte Patrick und bemühte sich, seine Enttäuschung angesichts der Tatsache, dass es sich nicht um Stina handelte, zu unterdrücken. “Was kann ich für Sie tun?”
Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte leise. “Die Frage müsste genau andersherum lauten, Mr. Douglas, denn ich kann Ihnen helfen.”
Patrick dachte sofort an Stina. “Wissen Sie, wo sich meine Frau aufhält?”
“Ihre Frau?” Der Anrufer wirkte verwirrt. Patrick wurde klar, dass der Mann ihn nicht wegen Stina angerufen hatte, und musste sich bemühen, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. “Nein”, sprach der Anrufer weiter, “da kann ich Ihnen leider nicht helfen, aber ich hörte, dass Ihr Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Mein Name ist Nils Tjögren, und ich würde mich gerne diesbezüglich mit Ihnen unterhalten. Es ist nämlich so, dass ich schon seit Längerem mit dem Gedanken spiele, einen Teil meines Vermögens lukrativ zu investieren. Ich habe mich über Ihr Geschäftskonzept informiert, und es scheint mir durchaus vielversprechend. Mit dem nötigen Kapital könnte sich Ihre Firma in den nächsten Jahren sicherlich fest am Markt etablieren. Hätten Sie Interesse?”
Patrick war verwirrt. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Sollte es nun zumindest in beruflicher Hinsicht wieder bergauf gehen? “Natürlich interessiere ich mich dafür”, entgegnete er, auch wenn Stinas Abwesenheit seine Begeisterung merklich trübte. Schon lange war die Firma nicht mehr der Dreh- und Angelpunkt seines Lebens. Ohne seine geliebte Frau schien nichts mehr von besonderer Bedeutung zu sein. Dennoch durfte er nicht so einfach den Kopf in den Sand stecken. Seine Angestellten vertrauten darauf, dass er ihre Arbeitsplätze nach bestem Wissen und Gewissen sicherte. “Wann und wo können wir uns treffen?”
“Ich halte mich momentan in Stockholm auf, morgen früh werde ich dann aber auch schon nach Sydney weiterreisen. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir uns gleich heute Abend in meinem Hotel treffen.”
Patrick schluckte. “Heute Abend?” Es behagte ihm ganz und gar nicht, Hals über Kopf abreisen zu müssen. Er wollte immer und jederzeit für Stina erreichbar sein, falls sie sich dazu entschloss, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber durfte er aufgrund privater Probleme seine beruflichen Pflichten vernachlässigen? Er schüttelte den Kopf. “Gut, ich werde da sein. Sagen wir, um sechs?”
“Einverstanden. Ich freue mich schon darauf, Sie kennenzulernen, Mr. Douglas.” Er nannte ihm noch das entsprechende Hotel, dann beendete er das Gespräch. Patrick hatte den Hörer kaum aufgelegt, als das Telefon erneut klingelte. “Hallo?”
“Patrick?”
Es war die Stimme einer Frau, doch ganz eindeutig nicht Stinas. Trotzdem kam sie ihm irgendwoher bekannt vor, auch wenn es ihm zunächst nicht gelang, sie einzuordnen. “Ja, am Apparat. Wer spricht denn da?”
“Ludmilla Åkesson”, erwiderte die Anruferin. “Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern, aber ich bin Stinas Tante und …”
Aufgeregt lauschte Patrick den Worten der alten Dame, bei der Stina Zuflucht gesucht hatte. Er war Ludmilla Åkesson nur ein paar Mal begegnet und hatte sie völlig vergessen, als er bei der Suche nach seiner Ehefrau alle Bekannten angerufen hatte. Außerdem hätte er auch nicht damit gerechnet, dass Stina sich an sie erinnern konnte. Ein dummer Fehler, wie er jetzt merkte. Nachdem er aufgelegt hatte, gab es für Patrick kein Halten mehr. Es dauerte keine zehn Minuten, bis er Harald und Margrit informiert, telefonisch einen Flug gebucht und dann seine Koffer gepackt und im Wagen verstaut hatte. Für ihn bestand keine Frage, welcher Termin für ihn die größere Bedeutung besaß. Nils Tjögren mochte in der Lage sein, mit seiner Investition die Firma zu retten, doch er konnte Patrick nicht seine Frau zurückgeben. Und das war das Einzige, was für ihn im Augenblick zählte.
Stina lag in ihrem Bett und starrte mit offenen Augen an die Decke, als es an der Tür klopfte. Seufzend zog sie sich das Kopfkissen übers Gesicht und hielt sich die Ohren zu. Sie wollte keinen Menschen sehen – niemals wieder.
Doch der Störenfried gab einfach keine
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