Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
Kontrolle verlieren dürfen.”
Stina trat von hinten an ihn heran und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. “Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.”
Sie meinte es ehrlich. Sie hatte es ebenso gewollt und genossen, wie er es getan hatte. Und auch wenn sie wusste, dass es für sie noch viel zu früh war, weitreichende Entscheidungen über ihre Zukunft zu treffen, hatte sie durch diesen sanften Kuss neue Hoffnung geschöpft.
Als er sich wieder zu ihr umwandte, glaubte sie, in seinen Augen ganz ähnliche Empfindungen zu sehen. Er lächelte zögernd, und Stina spürte, wie ihr Puls sich sogleich wieder beschleunigte. “Ich bin froh, dass du so darüber denkst”, sagte er. “Aber du sollst auch wissen, dass ich warten kann. Du hast alle Zeit der Welt, um dir über deine Gefühle und dich selbst klar zu werden.”
Stina erwiderte sein Lächeln. Sie war erfüllt von einem Hochgefühl, das sie fast ein wenig erschreckte. “Komm, lass uns jetzt hineingehen”, sagte sie und ergriff seine Hand.
5. KAPITEL
S pät am Abend, als alle anderen Bewohner des Hauses am See bereits schliefen, stand Patrick vor dem Fenster seines Arbeitszimmers und blickte gedankenverloren nach draußen. Ein glückliches Lächeln umspielte seine Lippen. Das Wunder, auf das er so sehr gehofft hatte, schien tatsächlich wahr zu werden. Noch vor ein paar Tagen hatte er es nicht für möglich gehalten, dass es ihm in absehbarer Zeit gelingen würde, Stinas Vertrauen zu gewinnen. Nach dem Gesetz war er zwar nach wie vor ihr Ehemann, allerdings konnte das für Stina in ihrer augenblicklichen Situation keine Bedeutung mehr haben. Immerhin erinnerte sie sich weder an ihn noch an ihre gemeinsame Vergangenheit.
Umso überraschter war er über ihren plötzlichen Wandel. Als er sie aus dem Krankenhaus geholt hatte, war sie still und verschlossen gewesen. Doch innerhalb weniger Tage nur war sie aufgeblüht und zu einem völlig neuen Menschen geworden.
Versonnen fuhr Patrick sich mit dem Daumen über die Lippen. Noch immer glaubte er, den sanften Druck ihres Mundes darauf zu spüren. Ein wohliger Schauer durchrieselte ihn.
Dieser Kuss war die wirkliche Überraschung dieses Tages gewesen. Patrick hatte sich geschworen, Stina nicht unter Druck zu setzen. Doch als sie ihn so verträumt aus ihren großen blaugrünen Augen angeschaut hatte, hatte er einfach die Kontrolle über sich verloren.
Vielleicht war dieses überstürzte Handeln ja ein Fehler gewesen. Unwillkürlich fragte er sich, was Dr. Magnusson dazu sagen würde, sollte er jemals davon erfahren. Doch der Arzt hatte, trotz all seiner praktischen Erfahrung, keine Ahnung, was es bedeutete, einem geliebten Menschen stets nahe zu sein, ohne ihn jemals berühren zu dürfen. Patrick hingegen wusste es – und für ihn war es die reine Hölle.
Er war froh und glücklich, dass Stina ihm seinen Ausrutscher nicht übel genommen hatte. Im Gegenteil: Sie hat es anscheinend sogar ebenso genossen wie er selbst. Gab es in ihrem Unterbewusstsein vielleicht irgendwo einen Teil, der sich doch noch an ihn erinnerte? Der wusste, wie sehr er sie liebte? Patrick hoffte es so sehr.
Nur mit Mühe konnte er sich dazu durchringen, wieder hinter seinen Schreibtisch zu gehen. Er hatte noch eine unangenehme Aufgabe vor sich, die er jedoch beim besten Willen nicht länger aufschieben konnte. Die Zukunft von Douglas Constructions hing davon ab, wie das Gespräch, das er gleich führen würde, verlief. Und so gerne er sich auch ausschließlich um Stina gekümmert hätte, gab es da noch andere Menschen, für die er verantwortlich war. Seine Angestellten verließen sich darauf, dass er das Unternehmen verantwortungsvoll leitete und ihre Arbeitsplätze sicherte. Er durfte sein Privatleben nicht über alles stellen, auch wenn es ihm schwerfiel, denn der Gedanke an Stina lenkte ihn immer wieder von allem anderen ab.
Seufzend ließ er sich auf seinen Bürostuhl sinken. Einen Moment lang nahm er sich die Freiheit, mit geschlossenen Augen dazusitzen und die vergangenen Tage Revue passieren zu lassen. Dann atmete er tief durch und griff nach dem Telefonhörer.
Es dauerte nicht lange, bis sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete.
“Lasse? Es tut mir leid, dass ich Sie so spät noch störe, aber es ist wirklich dringend. Hören Sie, ich will gleich mit der Tür ins Haus fallen: Was ist dran an den Gerüchten, dass Blomquist AB Insolvenz angemeldet hat?”
Mit angehaltenem Atem wartete Patrick auf
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