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Das Haus auf den Klippen

Das Haus auf den Klippen

Titel: Das Haus auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hervor und suchte herauszufinden, was genau ihm
eigentlich daran merkwürdig vorkam.
9

M
    enley wand sich unter Adams Arm heraus und rutschte
sachte auf ihre Seite des Betts hinüber. Er murmelte halb
ihren Namen, wachte aber nicht auf. Sie erhob sich, schlüpfte in
ihren Morgenrock und schaute mit einem leisen Lächeln auf ihn
hinab.
    Der dynamische Strafverteidiger, der ganze Jurys mit seiner
Redekunst umstimmen konnte, sah im Schlaf völlig wehrlos aus.
Er lag auf der Seite und hatte den Kopf auf einen Arm gebettet.
Sein Haar war zerzaust, wodurch die grauen Stellen stärker zum
Vorschein kamen und die erste Andeutung von Haarausfall auf
dem Schädel deutlich sichtbar wurde.
    Es war kühl im Zimmer, deshalb beugte sich Menley hinunter
und zog ihm die Bettdecke über die Schultern, streifte dabei mit
den Lippen über seine Stirn. An ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag war sie zu dem Schluß gekommen, daß sie wahrscheinlich nie jemanden finden würde, den sie gern heiraten wollte.
Zwei Wochen später traf sie Adam auf einem Kreuzfahrtschiff,
der Sagafjord. Das Schiff machte eine Tour rund um die Welt,
und weil Menley ausführlich über den Fernen Osten geschrieben
hatte, war sie eingeladen worden, über den Reiseabschnitt zwischen Bali und Singapur einen Vortrag zu halten.
    Am zweiten Tag der Schiffsreise war Adam bei ihrem Liegestuhl stehengeblieben, um mit ihr zu plaudern. Er hatte eidesstattliche Aussagen in Australien eingeholt und spontan denselben Reiseabschnitt gebucht. »Herrliche Stationen unterwegs,
und ich kann eine Woche Urlaub gebrauchen«, hatte er erklärt.
Am Ende jenes Tages war ihr klargeworden, daß Adam der
Grund war, weshalb sie drei Jahre zuvor ihre Verlobung aufgekündigt hatte.
    Bei ihm war es anders gewesen. Er hatte sich erst allmählich
in sie verliebt, im Verlauf des darauffolgenden Jahres. Menley
fragte sich manchmal, ob sie wohl je wieder etwas von ihm gehört hätte, wenn sie nicht drei Straßen voneinander entfernt in
Manhattan gewohnt hätten.
    Es half, daß sie von Anfang an einiges gemeinsam hatten.
Beide waren aktive New Yorker und leidenschaftlich von Manhattan eingenommen, obwohl sie in ausgesprochen unterschiedlichen Welten aufgewachsen waren. Adams Familie besaß eine
Doppelwohnung an der Park Avenue, und er war zur Eliteschule
Collegiate gegangen. Sie war in Stuyvesant Town aufgewachsen, an der Vierzehnten Straße, wo ihre Mutter auch jetzt noch
wohnte, und sie hatte die öffentlichen Schulen dort besucht. Zufällig aber hatten sie beide ihren Abschluß bei der Georgetown
University gemacht, wenn auch im Abstand von acht Jahren. Sie
liebten beide das Meer, und Adam hatte seine Sommerferien auf
Cape Cod verbracht, während sie für tägliche Badeausflüge am
Strand zum Jones Beach hinausgefahren war.
    Als sie regelmäßig miteinander auszugehen begannen, war es
Menley klar, daß der zweiunddreißigjährige Adam mit seinem
Junggesellenleben sehr zufrieden war. Und warum auch nicht?
Er war ein erfolgreicher Rechtsanwalt. Er hatte ein schönes
Apartment, eine Serie von Freundinnen. Manchmal verstrichen
Wochen, bevor er wieder anrief.
    Als er dann um ihre Hand anhielt, vermutete Menley, daß es
etwas mit seinem näherrückenden dreiunddreißigsten Geburtstag
zu tun hatte. Es war ihr egal. Als sie verheiratet waren, klang ihr
wieder etwas im Ohr, was ihr ihre Großmutter viele Jahre zuvor
gesagt hatte: »In der Ehe ist häufig der eine stärker verliebt als
der andere. Es ist besser, wenn die Frau diejenige ist, die nicht
so intensiv liebt.«
    Weshalb ist es besser? hatte Menley überlegt, und sie fragte
sich jetzt dasselbe, während sie ihn betrachtete, wie er so friedlich schlief. Was ist verkehrt, wenn man diejenige ist, die am
meisten liebt?
    Es war sieben Uhr. Das starke Sonnenlicht drang neben den
Rändern der heruntergezogenen Rollos ins Zimmer hinein. Der
weitläufige Raum war einfach ausgestattet mit einem Himmelbett, einer mittelgroßen Kommode, einem Kleiderschrank, einem Nachttisch und einem Stuhl mit gerader Lehne. Alle Möbel
waren offenbar echt. Elaine hatte ihr erzählt, daß Mr. Paley und
seine Frau noch kurz vor seinem Tod zu verschiedenen Auktionen gegangen waren, um Möbel aus dem frühen achtzehnten
Jahrhundert zusammenzustellen.
    Menley war glücklich über die Tatsache, daß jedes Schlafzimmer einen offenen Kamin hatte, obwohl sie die Feuerstellen
jetzt im August sicher nicht nötig hatten. Das Zimmer neben
ihrem

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