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Das Haus auf den Klippen

Das Haus auf den Klippen

Titel: Das Haus auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sie
vermißt gemeldet war, gerührt hatten, um ihm Trost zuzusprechen. Aber eine beträchtliche Anzahl von Leuten hatte es unterlassen. Ihre Eltern blieben ganz besonders im Hintergrund. Ihm
war bewußt, daß er in den Augen vieler nichts als ein Mitgiftjäger war, ein Opportunist. Einige der Artikel in den Zeitungen
von Boston und Cape Cod hatten Interviews mit Leuten gebracht, die ganz offen ihre Skepsis über die Umstände des Unfalls äußerten.
Die Carpenters gehörten schon seit Generationen zu den berühmten Familien in Massachusetts. Im Lauf der Zeit hatten sie
Senatoren und Gouverneure hervorgebracht. Was immer ihnen
zustieß, war von öffentlichem Interesse.
Er stand auf und ging zum Herd hinüber, um sich Kaffee
nachzuschenken. Mit einemmal überwältigte ihn der Gedanke
an die bevorstehenden Stunden, an den Trauergottesdienst und
die Beerdigung, an die unvermeidliche Anwesenheit der Medien. Alle würden sie ihn im Auge behalten.
»Zum Teufel mit euch allen, wir haben uns geliebt!« sagte er
heftig und knallte den Kaffeekocher auf den Herd.
Er trank hastig einen Schluck Kaffee. Der war kochend heiß.
Der Mund brannte ihm, und er rannte zum Spülbecken und
spuckte die Flüssigkeit aus.
6

S
    ie hielten in Buzzards Bay lange genug an, um Kaffee, Brötchen und eine Zeitung, den Boston Globe, zu besorgen. Als
sie in dem schwerbeladenen Kombiwagen über die Sagamore
Bridge fuhren, seufzte Menley: »Meinst du, daß es im Himmel
    Kaffee gibt?«
»Das hoff ich aber schwer. Sonst bleibst du nicht lange genug
wach, um deine ewige Belohnung zu genießen.« Adam sah sie
mit einem Schmunzeln in den Augen von der Seite an.
Sie waren früh aufgebrochen und bereits um sieben unterwegs. Jetzt um halb zwölf überquerten sie gerade den Cape Cod
Canal. Nach einer Viertelstunde Protestgeschrei hatte eine ungewöhnlich entgegenkommende Hannah während der restlichen
Fahrt bisher geschlafen.
Die Vormittagssonne verlieh der Metallstruktur der Brücke
einen silbernen Glanz. Im Kanal unten dampfte ein Lastschiff
langsam durch das sanft bewegte Wasser. Dann waren sie auf
der Route 6.
»Genau hier hat mein Dad immer jeden Sommer ausgerufen:
›Wir sind wieder am Cape!‹« sagte Adam. »Es war schon immer
sein eigentliches Zuhause.«
»Glaubst du, daß der Verkauf deiner Mutter leid tut?«
»Nein. Das Cape war nach Dads Tod nicht mehr dasselbe für
sie. Sie fühlt sich in North Carolina wohler, in der Nähe ihrer
Schwestern. Aber ich bin wie Dad. Dieser Platz steckt mir im
Blut; unsre Familie verbringt schon seit drei Jahrhunderten den
Sommer hier.«
Menley setzte sich etwas anders hin, damit sie ihren Mann im
Blickfeld hatte. Sie war glücklich, endlich mit ihm hier zu sein.
Sie hatten im Sommer von Bobbys Geburt vorgehabt, herzukommen, aber der Arzt wollte nicht, daß sie im Zustand der
Hochschwangerschaft so weit wegfuhr. Im Jahr darauf hatten sie
gerade das Haus in Rye gekauft und waren dabei, sich einzugewöhnen, weshalb es keinen Sinn hatte, zum Cape zu kommen.
Wieder einen Sommer später hatten sie Bobby verloren. Und
danach, dachte Menley, gab es nichts mehr für mich als diese
schreckliche Taubheit, das Gefühl völliger Entfremdung von
jedem anderen menschlichen Wesen, die Unfähigkeit, auf Adam
einzugehen.
Letztes Jahr war Adam dann allein hierhergekommen. Sie hatte ihn um eine Trennung auf Probe gebeten. Resigniert hatte er
eingewilligt. »Auf keinen Fall können wir so weitermachen,
Men«, hatte er zugegeben, »und nur so tun, als wären wir verheiratet.«
Drei Wochen war er schon weg, als ihr damals klar wurde,
daß sie schwanger war. Während der ganzen Zeit hatte er kein
einzigesmal angerufen. Tagelang hatte sie sich mit der Frage
gequält, ob sie es ihm sagen sollte, und hin und her überlegt, wie
er wohl reagieren würde. Endlich rief sie doch an. Seine unpersönliche Begrüßung versetzte ihr einen Schlag, doch als sie sagte: »Adam, vielleicht ist es nicht gerade das, was du hören
willst, aber ich bin schwanger, und ich bin sehr glücklich darüber«, da hatte sie sein Jubelschrei in Hochstimmung versetzt.
»Ich komm sofort nach Hause«, hatte er gesagt.
Jetzt spürte sie Adams Hand in ihrer eigenen. »Ich frage mich,
ob wir gerade an dasselbe denken«, sagte er. »Ich war hier am
Cape, als ich erfahren hab, daß Ihre Hoheit unterwegs ist.«
Eine Weile lang schwiegen sie; dann blinzelte Menley Tränen
zurück und fing an zu lachen. »Und weißt du noch, wie sich
nach ihrer Geburt Phyllis darüber

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