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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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pfeifen oder zu spielen.«
    Er klappte den Kofferraumdeckel zu und fuhr den Wagen auf der anderen Seite hinaus. Und dann hatte er plötzlich Zeit. Er trank Kaffee mit uns und notierte, welche Spiele er uns noch bringen könne, und dann trank er mit Vater einen Schluck Rotwein. Und weil es nachher Zeit zum Abendessen war, blieb Herr Schulze auch da noch. Dann telefonierten wir in die Stadt, um zu erkunden, wie es mit den Hotelzimmern stünde, und weil es mit Hotelzimmern schlecht stand, übernachtete Herr Schulze schließlich bei uns, frühstückte mit uns und packte noch einige Spielsachen aus dem Wagen.
    Und als er fuhr, sagte Vater: »So, jetzt können wir einen Spielzeugladen aufmachen.«
    »Schade«, meinte Mutter, »daß kein Juwelier da hinten ein Grundstück hat.«
    »Warum?«
    »Ich würde viel lieber einen Juwelierladen aufmachen.«

    Als das Tauwetter einsetzte, waren wir manchmal schon ein wenig verzweifelt. Zwar waren der Bauer, der Bierfahrer, der Tierarzt, der Arzt, die Landpolizei und alle anderen, die durch unser Wohnzimmer mußten, so nett, den ärgsten Dreck erst einmal vom Wagen oder Traktor heruntertropfen zu lassen, und sie flitzen dann auch ganz schnell durch die Bude, aber ein bißchen Schmutz gab es immer, der beseitigt werden mußte.
    Manchmal war Mutter allerdings sehr den Tränen nahe. So kauften wir einen ziemlich breiten Läufer, den wir vor das Haus stellten und immer ausrollten, wenn ein Fahrzeug über den Bach mußte.
    Mutti übersetzte übrigens einen neuen Krimi, der ziemlich grausam war: »Murder in the Zoo«. Das Tolle dabei war, daß der Mörder schließlich der Ermordete war und das Opfer der Mörder. Es war eine Abwandlung von dem alten Sprichwort »Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.«
    Wenn es klingelte, fuhr sie zusammen und zitterte. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Der Frühling zog ins Land, und auf dem Sauberg blühten die Leberblümchen, daß manche Hangstücke zwischen dem noch kahlen Buschwerk ganz blau waren. Am Bach blühten die Weidenkätzchen, und eines Tages war alles grün. Im Winter noch hatten wir Brutkästen an einigen Bäumen angebracht, jetzt waren sie in der Hauptsache von Blaumeisen besetzt, auch ein Kleiberpärchen nistete uns direkt gegenüber. Um die Rehe zu sehen, mußten wir nun etwas weiter in den Wald hineingehen.
    Eines Tages aber stand der Bauer vor unserem Haus und drehte ganz verlegen den Hut in der Hand.
    Er müsse durch, sagte er.
    »Aber ja«, sagte Mutter, »fahren Sie los.«
    Es sei ihm aber so peinlich. Er müsse öfter durch.
    »Ja, dann eben öfter.«
    Ja, aber es sei eben nicht nur der Traktor allein, sondern er habe hinten etwas dran.
    »Was denn?« fragte Mutter harmlos.
    Der Bauer wagte das Wort kaum auszusprechen: »Das Jauchefaß.«
    Mutter holte ein paarmal tief Luft, dann meinte sie, daß sie gegen das Jauchefaß nichts hätte, solange er es nicht in unserem Wohnzimmer entleere.
    Er fuhr insgesamt fünfmal mit dem vollen Jauchefaß durch, fünfmal mit dem leeren. Es stank entsetzlich, obwohl wir die beiden Türen offenließen und eine Dose Luftverbesserer versprühten. Doch gegen den Jauchegeruch konnte der Dosenduft nicht anstinken. Als Vater kam, rümpfte er die Nase und sagte: »Wer hat denn da wieder sämtlichen Dingen freien Lauf gelassen?« Wobei er besonders mich fixierte.
    »Du brauchst mich gar nicht so anzusehen«, rief ich, »das war das Jauchefaß.«
    »Stell dir vor, er fuhr fünfmal durch«, berichtete ihm Mutter.
    »Nun, da muß man eben so ein Zeugs versprühen.«
    »Haben wir doch schon.«
    Vater schickte mich noch einmal in die Drogerie, ich sollte den stärksten Duft holen, den ich bekam. Und zwar zwei Dosen.
    Wir versprühten das Zeug, das ganz angenehm roch, aber in wenigen Minuten war der Duft verflogen, und es roch wieder wie in der Jauchegrube.

    »Da gibt es nichts als lüften«, sagte Vater.
    Wir lüfteten und stellten nach einer Weile fest, daß der Duft sich verändert hatte, er war nun stärker. Der Wind hatte sich nämlich gedreht und blies uns nun auch den Duft von den begossenen Wiesen herein.
    Am nächsten Tag, wir hatten gerade Geschichte, blieb Herr Hofer plötzlich stehen und schnupperte. »Wie riecht’s denn da?« fragte er dann angewidert. »Wie komme ich mir denn vor? Wer war das?«
    Nun fingen auch andere an zu meutern und sagten, daß es entsetzlich stinke. Ich selbst roch nichts mehr und enthielt mich jeder Äußerung. Herr Hofer riß sämtliche Fenster und die

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