Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
und ⦠und ⦠es ernährte sich am ersten Tag seiner Existenz gewissermaÃen von Kimos Fleisch. Es war wie eine Made in mir. Es ist unerheblich, dass das aus biologischer Sicht falsch ist. So kam es mir vor, und daran hat sich bis heute nichts geändert. «
Iolana sah Elsa an, als könne sie ihre Gedanken lesen. » Ich weiÃ, dass das ungerecht ist, dass dieses Kind nichts dafür kann. Aber ich kann ⦠ich kann Mele einfach nicht ansehen. Ich kann nicht einmal an sie denken, geschweige denn sie berühren, ohne sie als Parasiten zu empfinden. « Diesmal wanderte ihr Blick zu Max. » Und ich werde nie, niemals wieder ein Kind bekommen. «
Niemand wagte ihr zu widersprechen, weil niemand vollständig nachfühlen konnte, was seit diesem furchtbaren Erlebnis in ihr vorging. Allein diese Geschichte zu hören war so aufwühlend, dass Elsa es wie eine Geschmacklosigkeit der Natur empfand, dass weiterhin die Vögel ihre Lieder sangen und die Schmetterlinge umeinanderflatterten.
Iolana selbst befreite die Menschen, die sie liebte, aus der beklemmenden Verlegenheit, ihre grausigen Erlebnisse zu kommentieren. Sie verlagerte die Diskussion ins Sachliche.
» Ich bin wenige Tage nach Meles Geburt von den Marquesas geflohen. Sowohl Akamu als auch mein Bruder, der andere Mann auf dem Foto, das Akamu Max gezeigt hat, suchten mich überall, und es dauerte nur ein knappes Jahr, bis mein Bruder mich in Port Rabaul aufgespürt hatte. Doch ich hatte doppelt Glück. Zum einen, weil Titus mir versprach, mich zu beschützen. Zum anderen, weil mein Bruder während seiner Suche, die ihn viel herumkommen lieÃ, sehr empfänglich für Geld geworden war und sich von Titus bestechen lieÃ. Mir war jedoch klar, dass Akamu niemals Geld annehmen und weiter nach mir suchen würde, entweder um mich zu sich zu holen oder um mir das Kind zu bringen. Ich würde lieber sterben, als mit ihm zu gehen. Glücklicherweise hat er inzwischen eine neue Frau gefunden. Was das Kind angeht, ich kann nicht ⦠ich kann es einfach nicht lieben und auch nicht in meiner Nähe ertragen. «
Das waren harte Worte. Elsa wechselte mit Max einen langen Blick. Sie waren beide in einer grässlichen Situation, denn sie liebten Iolana, hatten sich mittlerweile aber auch mit Meles Schicksal identifiziert. Unvorstellbar, das Mädchen, das gerade bei Gung in der Küche saà und weinte, wieder Myrtle Malone zu überlassen. Mele in ein Internat abzuschieben war kaum besser. Sie verdiente es, in einer Familie aufzuwachsen, die sie akzeptierte und liebte.
» Was wäre ⦠« , begann Max, hatte jedoch Mühe, seinen Vorschlag zu formulieren. » Iolana, ich weiÃ, es ist viel verlangt, aber ⦠was wäre, wenn Mele wirklich hier einziehen würde und du ganz ins âºPacifico⹠übersiedelst? «
So wie Paulette Iolana als Einzige hatte ohrfeigen dürfen, so durfte Max als Einziger einen solchen Vorschlag machen, ohne Iolana zu verprellen. Sie war Teil dieses Hauses, und ihre Berechtigung, darin zu leben war gröÃer als die ihrer Tochter. Elsa wäre sich schäbig vorgekommen, ihre Freundin quasi hinauszudrängen. Aus dem Mund von Max hörte sich der Vorschlag jedoch völlig anders an. Er sagte gewissermaÃen: Bitte komm ganz zu mir.
Bevor Iolana etwas erwidern konnte, führte Gung den australischen Polizeichef von Port Rabaul ins Baumhaus. Myrtle Malone hatte den Braten gerochen und Anzeige wegen Kindesentführung erstattet. Sie berief sich auf Akamus schriftliche Bestätigung, mit der er Mele den Methodisten überantwortete, da Iolana die Erziehung abgelehnt hatte.
» Ich frage Sie ohne Umschweife « , sagte der Polizeichef, ein knorriger, vollbärtiger, wenig umgänglicher Mann aus dem Outback. » Befindet das Mädchen sich in Ihrem Haus? «
Elsa erhob sich. » Nein « , sagte sie.
Iolana erhob sich fast im selben Moment. » Ja « , sagte sie.
Elsa war entsetzt, und der Polizeichef fuhr sich über den Bart. » Aha « , meinte er. » In dem Fall, Mrs. Warwick, muss ich Sie bitten, mir das Mädchen auf der Stelle zu übergeben. Sie selbst müssen sich darauf einstellen, belangt zu werden. Ich ⦠«
» Ich habe Mele aus dem Camp geholt « , sagte Iolana überraschend. » Ich bin die Mutter, und niemand anders als ich wird mein Kind groÃziehen. «
Damit blieb dem Polizeichef nichts
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