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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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überraschte, etwa einer Mondscheinfahrt durch die Plantage, einem Dinner im einzigen Restaurant von Port Rabaul oder einem Kaffeekränzchen, zu dem er ein paar Leute einlud.
    Es fiel ihr ungeheuer schwer, ihm böse zu sein. Nüchtern war er der liebevollste Mann, den sie sich denken konnte, und im betrunkenen Zustand war er so schutzbedürftig, dass ihre Fürsorge den Ärger schnell besiegte.
    Doch der Brief, der verfluchte, mit Hoffnungen erfüllte lavendelfarbene Brief, schwebte allzeit über allem.
    Als Henning und Elsa eines frühen Abends in Richtung Rabaul fuhren, sah Elsa den Moment gekommen, den sie seit Wochen gleichermaßen herbeisehnte wie fürchtete: die Ankunft des Telegramms. Auf der Straße kam ihnen auf einem Fahrrad ein Mann entgegen, der heftig winkte. Erst als Henning den Wagen anhielt, sah Elsa, dass der Mann einen Umschlag in der Hand hielt – und dass der Mann Max Richter war.
    Wie immer trug er den fleckigen, verstaubten Leinenanzug, ein Hemd, an dem ein Knopf fehlte, sowie einen Strohhut, der dabei war, in seine Bestandteile zu zerfallen. Henning hingegen hatte für den Ausflug einen hellblauen Anzug mit blütenweißem Hemd, Einstecktuch und eine sportliche Kappe gewählt. Der Unterschied in der Kleidung machte sich auch im Tonfall der Unterhaltung bemerkbar.
    Â» Guten Tag, Herr Matthes. Guten Tag, Frau Matthes. «
    Â» Ich sehe, Sie haben jetzt ein Fahrrad, Richter « , sagte Henning.
    Â» Ja, ich dachte, ich gönne mir mal was. «
    Â» So, so. Ziemlich alt, das Ding. «
    Â» Es bringt mich dorthin, wohin ich will, Herr Matthes. «
    Â» Und wohin wollen Sie gerade? «
    Â» Zur Plantage. «
    Â» Hat mein Freund Vandervalt Sie gerufen? «
    Â» Nein, hat er nicht. Ich muss nicht eigens auf seine Plantage gerufen werden, um zu wissen, dass ich dort gebraucht werde. «
    Die beiden Männer wechselten einen Blick.
    Leicht genervt fragte Henning: » Gut, Richter, was gibt’s? Warum haben Sie mich angehalten? «
    Â» Die Leute von der Post haben mich gefragt, ob ich Ihnen ein Telegramm rausbringen kann, wo ich doch sowieso zur Plantage fahre. Hier, bitte. «
    Henning warf nur einen kurzen Blick auf den Umschlag, auf dem nichts weiter stand als: » mr. henning matthes, cable « . Er steckte ihn ein, sagte: » Danke, Richter « , und fuhr weiter.
    Eine Minute lang brachte Elsa kein Wort hervor. Sie saß auf dem Beifahrersitz und blickte starr geradeaus. Die grüne Wand aus Dschungel links und rechts, die pudrigen Wolken, die vor dem Automobil aufsteigenden Wildtauben – das alles entging ihr völlig. Sie dachte, es wäre viel mehr Zeit vergangen, als sie endlich fragte: » Willst du es nicht aufmachen? «
    Â» Was? «
    Â» Das Telegramm. «
    Â» Ach, das ist bestimmt von meinem Vater. Wer weiß, was er jetzt wieder will. Er kommandiert mich herum, seit ich in der Schule war. «
    Elsa lächelte gezwungen. » Es könnte wichtig sein. Vielleicht ist jemand krank geworden … oder etwas anderes Schlimmes. «
    Â» Also gut. « Henning seufzte und griff in die Innentasche seines Jacketts, ohne die Straße aus den Augen zu lassen.
    Elsas Nerven waren bis zum Äußersten gespannt. Sie streckte Henning ihre eiskalten Hände entgegen, um das Telegramm in Empfang zu nehmen, aber es steckte in der Innentasche fest, und sie befürchtete, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden. Hennings Zukunft hing von diesem Telegramm ab – und damit auch die ihre.
    Da schoss aus einem Seitenweg ein anderer Wagen hervor, kreuzte die größere Straße unmittelbar vor der Kühlerhaube von Hennings Coupé, wirbelte eine Menge Staub auf und bog ohne abzubremsen in einen anderen Seitenweg ein.
    Henning trat voll auf die Bremse. Das Coupé stoppte abrupt und drehte sich um neunzig Grad, sodass es quer auf der Straße stehen blieb. Durch eine Lücke im Staubwirbel erkannte Elsa, wer in dem Wagen saß, bevor Henning rief: » Der wäre uns fast in die Seite gefahren! Diese Bugatti-Fahrer glauben doch alle, ihnen gehöre die Welt. Hast du gesehen, wer das war? Eigentlich kann es nur Warwick gewesen sein. Na, dem werde ich was erzählen, wenn ich ihn das nächste Mal … Ach, was soll’s! Ist ja nichts passiert. «
    Elsa hatte Henning kaum zugehört. Im Vorbeifahren hatte sie die Blicke zweier Frauen aufgefangen, die auf dem Beifahrersitz und dem Notsitz des

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