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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Bugatti saßen. Die eine war die Prostituierte Paulette, die Warwick in Kimbe aufgelesen hatte, die andere war Iolana, die schöne polynesische Kellnerin aus dem Hotel » Kronprinz « . Sie hatten Elsa im Vorbeifahren auf eine eigentümliche Weise angesehen, so als hätten sie kurz vorher noch über sie gesprochen, vielleicht sogar über sie gelästert. Was hatte das zu bedeuten? Sie kannte die beiden Frauen doch kaum.
    Nach ein paar Minuten dachte Elsa schon nicht mehr daran, stattdessen drehte sich erneut alles um das Telegramm. Da waren sie jedoch schon vor dem Restaurant im Hotel » Kronprinz « angekommen, wo Henning zufällig einem Geschäftspartner begegnete. In der nächsten halben Stunde ergab sich daher keine Gelegenheit, ihn noch einmal auf das Fernschreiben seines Vaters anzusprechen.
    Â» Wonach ist dir, Prinzessin? « , fragte Henning, als sie endlich zu zweit am Tisch saßen.
    Nach einem Telegramm, hätte sie am liebsten geantwortet, sagte jedoch: » Wähle du für mich. «
    Es gab ohnehin nur eine Handvoll, noch dazu immer dieselben Gerichte: deutscher Rinderbraten mit dunkler Soße, englisches Roastbeef mit grüner Soße oder Steaks in Teichen aus Ketchup, von denen man nicht wusste, ob sie die australische oder die amerikanische Küche repräsentierten … Mit Südseegerichten gab man sich im » Kronprinz « nicht ab.
    Â» Das Telegramm, Henning « , erinnerte sie ihn.
    Â» Ich will nicht, dass mir mein Vater den Abend verdirbt « , sagte er.
    Dann bestellte er eine Flasche Rotwein.
    Es hätte ein angenehmer Abend werden können. Henning war guter Dinge, er erzählte Anekdoten aus seiner Jugend, und zum ersten Mal erfuhr Elsa mehr über den Mann, den sie vor sieben Monaten kennengelernt und vor vier Monaten geheiratet hatte. Sie glaubte daran, dass jeder Mensch vier Seiten habe, die ihn prägen: was gegenwärtig ist, was vergangen ist und was künftig sein soll. Außerdem eine geheime Seite, die er sogar – zu Recht – vor seinen Liebsten verbirgt. Von Henning kannte Elsa nur die gegenwärtige Seite. Was er mit sich herumtrug und welchen Weg er einzuschlagen gedachte, war ihr schleierhaft geblieben, aber an jenem Abend gewährte er ihr immerhin einen kleinen Einblick.
    Vor ihrem inneren Auge entstand das Bild eines Jungen, der geliebt werden wollte, der diese Liebe jedoch nur im Tausch gegen Leistungen erhalten konnte, die außerhalb der ihm von der Natur mitgegebenen Möglichkeiten lagen. Henning war nun einmal kein begnadeter Kaufmann, er hasste Mathematik, und er war nicht in der Lage, sich länger als einige Minuten auf eine Sache zu konzentrieren. Seinem erfolgreichen, disziplinierten Vater war er daher nie gut genug gewesen. Im Grunde genommen teilte Henning mit Elsa dasselbe Schicksal, denn ihr als Mischling hatten ihre samoanische Familie und ihr Umfeld nie das Gefühl gegeben, hundertprozentig zugehörig zu sein. Ein paar Prozent hatten immer gefehlt, was sich unter anderem darin ausdrückte, dass man sie nicht auf Feste mitgenommen oder als Letzte über Familienangelegenheiten informiert hatte. Sie war eine Ausgesetzte im eigenen Land gewesen.
    Nun war sie beinahe froh, dass sie etwas mit ihrem Gatten gemeinsam hatte. Seine Offenheit hätte sie sogar euphorisch gemacht, wenn nicht – ja, wenn das Telegramm in seinem Jackett nicht gewesen wäre. Wie ein Druck lastete das Papier, das über Hennings Herz ruhte, auf ihrem Herzen.
    Sie wagte es nicht, noch einmal danach zu fragen. Am liebsten hätte sie das Ding zerrissen – auch wenn das natürlich gar nichts gebracht hätte. Dann wieder wollte sie von sich aus auf die Angelegenheit zu sprechen kommen, nur um sie endlich hinter sich zu haben. Während des Essens und auf der Rückfahrt war sie mehrfach kurz davor, Henning zu beichten, was sie getan hatte, aber sie hielt den Moment immer für unpassend. Kurz vor dem Schlafengehen, so malte sie sich aus, wäre es am besten. Im Ehebett, bevor sie das Licht löschten.
    Doch als sie in Vandervalts Villa ankamen, hatte sich dort bereits die Meute von Pokerfreunden versammelt, die ihr den Ehemann sofort entriss.
    Elsa verstand Henning sogar – jedenfalls ein bisschen. Diese Leute verlangten nichts von ihm, sie waren einfach da, und er war ihnen willkommen. In ihrer Mitte war das Leben für ein paar Stunden frei von jedwedem Ballast. Um zu ihnen zu

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