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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ab, ohne ein einziges Wort gefunden zu haben. Schließlich startete er den Motor.
    Â» Henning, bitte. «
    Er fuhr los, und er fuhr schnell.
    Â» Henning, du hast den Champagner fast allein getrunken. Vielleicht sollte ich fahren. Mein Onkel hat es mir in Samoa beigebracht. «
    Â» So weit kommt es noch, dass ich mich von meiner Frau chauffieren lasse! «
    Der Wagen rollte in hohem Tempo den Hügel hinab. Henning legte ihn derart stark in die Kurven, dass Elsa fürchtete, aus dem Sitz geschleudert zu werden. Ihr Hut flog davon, und auf dem Rücksitz polterte das Picknickgeschirr. Hennings Fingerknöchel waren weiß, so fest umklammerte er das Lenkrad.
    Â» Ich bitte dich, fahr langsamer! « , rief Elsa. » Du baust noch einen Unfall. «
    Kaum hatten sie die Verbindungsstraße von Rabaul zu Vandervalts Plantage erreicht, erhöhte Henning das Tempo sogar noch. Die staubige Erde wirbelte auf und bildete einen hundert Meter langen Braunschleier.
    Elsa gab ihren Protest auf, sie war vollauf damit beschäftigt, sich und die Accessoires ihres Kleides im Coupé zu halten. Als Vandervalts Gut in Sicht kam, war sie zum ersten Mal froh, dorthin zurückzukehren.
    Henning stoppte abrupt und sprang aus dem Fahrzeug.
    Â» Siehst du, ich habe keinen Unfall gebaut, anders als du es vorhergesagt hast. Ich bin nämlich besser, als du denkst. Deshalb werde ich auch meine Schulden zurückzahlen, trotz deiner ewigen Bedenken. Wenn du dich nur endlich aus meinen Angelegenheiten heraushalten könntest. «
    Mit diesen Worten ging er ins Haus, kippte zwei Whisky, legte sich schlafen und wachte erst am frühen Morgen des nächsten Tages auf.

Das Telegramm
    Henning erwähnte den Vorfall nie wieder, und er behandelte Elsa fortan mit einer Freundlichkeit, die ihr ein schlechtes Gewissen bereitete. Immer mal wieder dachte sie an den Brief, der nach Deutschland unterwegs war, und stellte sich vor, wo er gerade sein mochte – vor Indien, im Roten Meer, bei Kreta, im Golf von Biskaya, im Ärmelkanal … An manchen Tagen wünschte sie, sie hätte ihn nie abgeschickt, an anderen war sie froh, es getan zu haben. Denn Hennings Probleme nahmen zu – und damit auch ihre.
    Ihr Gemahl gab sich keine Mühe mehr, die Pokerspiele vor Elsa zu verbergen, sie fanden immer öfter bei Paul Vandervalt statt und damit direkt vor ihren Augen. Die halbe und manchmal auch die ganze Nacht brachte das halbe Dutzend Freunde im Salon zu, kaum zwanzig Schritte vom ehelichen Schlafzimmer entfernt. Dort lag Elsa im Bett, starrte durch die Dunkelheit zur Decke, hörte das Lachen, das Grölen und die Flüche. Wenn es Hennings Flüche waren, drehte sie sich zur Seite und hielt sich die Ohren zu. Weil sie es nicht mehr aushielt, ging Elsa bald dazu über, ein starkes Schlafmittel zu nehmen.
    Myrtle Maloy, mit der sie – ließ man Gott einmal beiseite – ein Vieraugengespräch beim Vieruhrtee führte, sagte: » Bleiben Sie ruhig. Sobald der Geldhahn versiegt, ist Ihre Stunde gekommen. «
    Ungefähr sechs Wochen nachdem Elsa den Brief aufgegeben hatte, stieg ihre Nervosität ins Grenzenlose. Sie dachte fast nur noch an das Schreiben. Jeden Tag konnte es in Bremen ankommen. Wie würde Hennings Vater reagieren? Würde er ein Telegramm schicken? Sofort oder erst später? An wen, an Elsa oder Henning? Und was würde darin stehen? Elsa durchlebte den Moment, in dem der alte Herr den Brief öffnete und las, ungefähr hundertmal am Tag, er verdarb ihr den Appetit, raubte ihr den Schlaf und machte jeden Gang schwer. Kein Kuss für Henning mehr, ohne dass sie dachte: Hoffentlich habe ich das Richtige getan.
    Es musste das Richtige sein. Henning, der im Club zwar reichlich, aber nach der Hochzeitsnacht nie wieder bis zum Rausch getrunken hatte, knüpfte an Junggesellenzeiten an und hielt sich auch beim Alkohol nicht länger zurück. Vier-, fünfmal pro Woche fiel er nachts ins Bett, ohne noch Herr seiner Sinne zu sein. Er arbeitete so gut wie gar nicht mehr. Auch die anderen Männer tranken, nur nicht ganz so viel, oder sie schienen es besser zu vertragen. Vandervalt jedenfalls stand jeden Morgen auf seiner Plantage und kommandierte die Arbeiter herum, während Henning bis zum frühen Nachmittag im Bett lag. Sobald Elsa mit ihm darüber sprechen wollte, wich er aus, wobei er keineswegs unwirsch wurde, sondern sie im Gegenteil mit spontanen Einfällen

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