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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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lediglich als Angehöriger eines Opfers befragt; der einzige greifbare Anlass für ein Gespräch mit ihm war der Tod seines Neffenbei dem Bombenanschlag in der Einkaufsgalerie am Puschkinplatz.
    Dass der Tote, der Woronesher Bürger Gennadi Lartschikow, ein Verwandter des legendären Pnyrja war, hatten sie rasch ermittelt. Bis zum Eintreffen des FSB-Teams und des Notarztes hatten zwei kahlgeschorene Gorillas die Leiche bewacht. Ihre Papiere wurden überprüft, unter anderem ihre Waffenscheine. Beide Leibwächter hatten bei ihren Wiederbelebungsversuchen das Jackett abgeworfen, ohne daran zu denken, dass sie darunter Pistolentaschen mit nagelneuen Waffen trugen. Ihre Papiere waren in Ordnung. Die Jungs arbeiteten für die private Firma »Skorpion« – dem FSB und der Miliz bekannt als der persönliche Sicherheitsdienst von Pnyrja.
    »Sie behaupten also, Ihr Neffe sei ganz zufällig in der Nähe des Explosionsortes gewesen?«, fragte der Ermittler zum dritten Mal und bekam zum dritten Mal dieselbe Antwort.
    »Ja, das behaupte ich. Es war ein Terroranschlag, niemand sollte damit gezielt getötet werden.«
    Der Ermittler wusste, was diese Antwort bedeutete: »Steck deine Nase nicht in meine Angelegenheiten, darum kümmere ich mich selbst«.
    Der Ermittler blieb hartnäckig. »Und Sie hatten ursprünglich nicht vor, Ihren Neffen bei seinem Einkaufsbummel zu begleiten? Soviel wir wissen, war Gennadi zum ersten Mal in Moskau, er kennt sich in der Stadt nicht aus. Da lag es doch nahe, dass Sie ihn begleiten.«
    »Du willst sagen, ich sollte umgebracht werden?« Pnyrja zwinkerte ihm zu. »Klar, ihr würdet in dieser Scheiße viel lieber rühren, wenn es ein gewöhnlicher Auftragsmord wäre. Nein, mein Freund, das waren Terroristen, das war ein spezieller Gruß an euch.«
    Über ihnen raschelte und knackte es.
    »Wo ist das Geld, ver-r-dammt?«, schrie der Papagei an der Decke. Der Ermittler zuckte zusammen und hob den Kopf.Der Papagei saß auf dem Kronleuchter. Die Käfigtür stand offen.
    »Dieser Teufel, hat er wieder mit dem Schnabel die Tür aufgemacht!« Pnyrja lachte, legte den Kopf in den Nacken und rief: »Ab nach Hause, du Spaßvogel. Fliegt wie ein Huhn, aber kanns nicht lassen. Pass auf, du Trottel, du fällst noch runter oder zerschlägst mir den Kronleuchter.«
    »Auge um Auge!«, antwortete der Papagei und versetzte den Kronleuchter in Schwingungen.
    »Was soll ich nur mit ihm machen?« Pnyrja hob die Achseln. »Na schön, gönnen wir ihm ein bisschen Bewegung.«
    Der Papagei musterte indessen aufmerksam den Ermittler und erstarrte plötzlich eigenartig. Im nächsten Augenblick klatschte etwas Flüssiges, Schwarzweißes auf die Schulter des Mannes. Pnyrjas schwerfälliges, heiseres Lachen erfüllte den Raum.
    »He, du Schlingel!« rief er dem Papagei lachend zu. »Was ist das für ein Benehmen? Ich rufe gleich den Koch, der verfüttert dich zum Abendbrot an den Kleinen. Verzeihen Sie bitte dem dummen Vogel, Sie gefallen ihm, da wollte er Ihnen was schenken.«
    Der Ermittler rückte seinen Sessel ein Stück weg, um weiteren Geschenken auszuweichen, holte eine Packung Papiertaschentücher hervor, wischte sein Jackett ab, räusperte sich gezwungen und fragte: »Warum haben Sie eigentlich Gennadi eine Leibwache mitgegeben?«
    »R-rache, du Aas!«, versprach der Papagei fröhlich.
    »He, benimm dich, du Dummkopf«, sagte Pnyrja stirnrunzelnd, »eine Frecheit reicht, jetzt halt gefälligst den Schnabel, sonst nehm ich an dir Rache, dann ist Ruhe im Karton.« Er drohte dem Papagei mit dem Finger und wandte sich wieder dem Ermittler zu.
    »Warum ich Gena Leibwächter mitgegeben habe, fragst du? Damit er nicht so allein war. Was denkst du denn? Dass mein Neffe nicht unbehelligt in Moskau rumlaufen kann? O nein,mein Lieber, ich habe schon lange vor niemandem mehr Angst. Ich bin unsterblich, kapiert? Das weiß jeder.«
    Pnyrjas Gesicht war puterrot angelaufen, die letzten Worte hatte er so laut herausgebrüllt, dass das wieder eingedöste Krokodil sich erneut regte.
    »Schon gut, beruhigen Sie sich.« Der Ermittler seufzte und zündete sich eine Zigarette an. »Niemand zweifelt an der Unsterblichkeit Ihrer Seele.«
    »Klar, ihr seid ja heutzutage nicht mehr durch die Bank Atheisten wie früher.«
    »Ihr seid auch nicht mehr wie früher.« Der Ermittler lächelte.
    »Das ist wahr.« Pnyrja nickte. »Aber bei uns war Religion immer eine freiwillige Angelegenheit, ihr dagegen braucht sogar für den Glauben an Gott die

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