Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
schwierig
werden konnte, selbst wenn sie die Reifen rasch gewechselt bekam. Sie mußte nur...
Miranda setzte sich so abrupt auf, daß das Wasser über den Wannenrand schwappte.
Ihr Paß. Ihr Paß, ihr Führerschein, ihre Kreditkarten. Der Kerl hatte ihr die Brieftasche gestohlen, die Handtasche – alle ihre Unterlagen.
»Oh, Mist«, brachte sie nur hervor und rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Das war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte.
Miranda zog den altmodischen Stöpsel aus dem Abfluß der Wanne mit den Klauenfüßen. Sie dampfte förmlich, und der Ausbruch zorniger Energie ließ sie aufstehen und nach einem Handtuch greifen, bevor ihr lädiertes Knie unter ihr nachgab. Sie unterdrückte einen Schmerzenslaut, stützte sich an der Wand ab und ließ sich wieder zurücksinken, wobei das Handtuch in das ablaufende Wasser fiel.
Plötzlich hätte sie am liebsten geweint, vor Frustration, Schmerzen und der Angst, die sie jetzt wie ein tiefer Stich durchfuhr. Nackt und zitternd saß sie da, und ihr Atem kam in kurzen, keuchenden Stößen, bis sie sich wieder gefaßt hatte.
Durch Tränen würde sie weder ihre Papiere zurückbekommen, noch konnte sie damit die Schrammen heilen oder nach Florenz gelangen. Also drängte Miranda sie entschlossen zurück und wrang das Handtuch aus. Vorsichtig stützte sie sich ab, um aus der Wanne zu steigen. Dann hangelte sie sich zu dem deckenhohen Spiegel an der Innenseite der Tür und stellte sich davor.
Auf ihren Armen waren blaue Flecken. Sie konnte sich gar nicht erinnern, daß der Mann sie dort angefaßt hatte, aber die Male waren deutlich zu sehen, also mußte er es wohl getan haben. Ihre Hüfte schillerte bereits schwarzblau und tat entsetzlich weh. Das kam daher, daß er sie ans Auto gerammt hatte.
Ihre Knie waren zerkratzt und aufgeschürft, das linke war häßlich rot und geschwollen. Wahrscheinlich hatte sie sich eine Prellung zugezogen, als sie hingefallen war. Ihre Handflächen
brannten von der rauhen Begegnung mit dem Kies der Auffahrt.
Aber es war die lange, feine Linie an ihrer Kehle, die ihr erneut Benommenheit und Übelkeit verursachte. Fasziniert und entsetzt zugleich fuhr sie mit den Fingern daran entlang. Knapp neben der Halsschlagader dachte sie. Knapp am Tod vorbei.
Er hätte sie mit Leichtigkeit töten können.
Und das war schlimmer als die blauen Flecken, schlimmer als die pochenden Schmerzen. Ein Fremder hatte ihr Leben in seiner Hand gehalten.
»Nie wieder.« Sie wandte sich vom Spiegel ab und humpelte zu dem Messinghaken neben der Tür, an dem ihr Bademantel hing. »Das lasse ich nie wieder zu.«
Miranda fror und wickelte sich, so rasch sie konnte, in ihren Bademantel. Während sie ihn zuschnürte, ließ sie ein Geräusch draußen vor dem Fenster erstarren. Ihr Herz raste.
Er war zurückgekommen.
Sie wollte weglaufen, sich verstecken, nach Andrew schreien, sich hinter der verschlossenen Tür zusammenrollen. Mit zusammengebissenen Zähnen schob sie sich jedoch ans Fenster und blickte hinaus.
Es war Andrew. Miranda wurde schwindlig vor Erleichterung. Er trug die Holzfällerjacke, die er immer anhatte, wenn er Holz hackte oder auf den Klippen mit dem Fahrrad unterwegs war. Er hatte das Flutlicht eingeschaltet und schwang auf dem Weg durch den Garten etwas in der Hand.
Verwirrt preßte sie ihr Gesicht ans Fenster.
Ein Golfschläger? Warum in aller Welt marschierte er mit einem Golfschläger über den verschneiten Rasen?
Aber dann wußte sie, warum, und Liebe durchflutete sie, beruhigte sie mehr als jedes Schmerzmittel.
Er wollte sie bewachen. Tränen traten ihr in die Augen. Dann sah sie, daß er stehenblieb, etwas aus seiner Tasche zog und zum Mund führte.
Ihr Bruder nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche.
Oh, Andrew, dachte sie, und schloß deprimiert die Augen. Was sind wir nur für ein Pärchen.
Die Schmerzen in ihrem Knie weckten sie auf.
Miranda schaltete das Licht an und schüttelte ein paar Tabletten aus dem Röhrchen auf ihren Nachttisch. Sie schluckte sie und dachte dabei, daß sie doch wohl besser Andrews Rat befolgt hätte und ins Krankenhaus gegangen wäre, wo irgendein sympathischer Arzt ihr ein wirkungsvolleres Mittel gegen die Schmerzen verschrieben hätte.
Miranda blickte auf das Leuchtzifferblatt ihrer Uhr und stellte fest, daß es kurz nach drei war. Wenigstens hatte die Mischung aus Ibuprofen und Aspirin, die sie um Mitternacht genommen hatte, ihr drei Stunden Erleichterung verschafft. Doch
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