Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
raschelnde Gras.
Mit pfeifendem Atem stürzte sie humpelnd wieder auf das Haus zu, fummelte hektisch mit dem Schlüssel am Schloß herum und heulte vor Erleichterung auf, als er endlich hineinglitt.
Miranda taumelte ins Haus, schlug die Tür hinter sich zu und verriegelte sie. Sie sank mit dem Rücken gegen das Holz. Die Schlüssel glitten ihr aus der Hand. Vor ihren Augen verschwamm alles, also ließ sie die Lider sinken. Sie fühlte sich wie betäubt. Doch sie mußte etwas tun, erinnerte sich nur nicht, wie der nächste Schritt auszusehen hatte.
In ihren Ohren klingelte es, und langsam stieg Übelkeit in ihr hoch. Miranda biß die Zähne zusammen und machte einen Schritt vorwärts, dann vorsichtig einen weiteren. Die ganze Halle um sie herum schien zu schwanken.
Sie hatte beinahe schon den Fuß der Treppe erreicht, als sie merkte, daß nicht ihre Ohren klingelten, sondern das Telefon. Mechanisch ging sie in den Salon, wo alles so seltsam normal und vertraut war, und nahm den Hörer ab.
»Hallo?« Ihre Stimme klang weit weg, dumpf wie ein Schlag auf eine Holztrommel. Schwankend stand sie da und starrte auf das Muster, das die Sonne auf den Holzboden malte. »Ja. Ja, ich verstehe. Ich komme. Ich habe... Was?« Miranda schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können, und überlegte krampfhaft, was sie als nächstes sagen mußte. »Ich muß mich zuerst... ich muß mich zuerst um ein paar andere Dinge kümmern. Nein, ich komme so schnell wie möglich.«
Dann schwoll ein Gefühl in ihr an, das sie, benommen wie sie war, zunächst nicht als Hysterie erkannte. »Ich habe schon gepackt«, sagte sie und lachte.
Sie lachte immer noch, als sie den Hörer wieder auflegte. Und sie lachte auch noch, als sie auf einem Sessel in sich zusammensank, sich wie ein Ball zusammenrollte, und merkte gar nicht, daß aus dem Lachen langsam ein Schluchzen wurde.
Miranda umfaßte die Tasse heißen Tee fest mit beiden Händen, trank ihn aber nicht. Sie wußte, daß ihre Hände zu sehr zitterten, um die Tasse zum Mund führen zu können, aber es war tröstlich, sie einfach nur zu halten, die Hitze durch das Porzellan zu spüren.
Sie hatte einen zusammenhängenden Bericht abgegeben – man mußte kohärent, präzise und ruhig sein, wenn man der Polizei ein Verbrechen meldete.
Als sie wieder klar denken konnte, hatte sie die richtigen Anrufe getätigt, und sie hatte mit den Polizeibeamten geredet, die zum Haus gekommen waren. Aber jetzt war das erledigt, und sie war wieder allein. Und abermals hatte sie das Gefühl, keinen einzigen klaren Gedanken fassen zu können.
»Miranda!« Der Schrei wurde begleitet von donnernden Schlägen gegen die Haustür. Andrew stürmte herein und registrierte entsetzt den Gesichtsausdruck seiner Schwester. »Oh, mein Gott!« Er lief zu ihr, kauerte sich vor sie hin und
strich mit seinen langen Fingern über ihre bleichen Wangen. »Oh, Liebling.«
»Mir geht’s gut. Nur ein paar blaue Flecken.« Mirandas mühsam aufgebaute Beherrschung geriet ins Wanken. »Ich bin nicht schwer verletzt – ich hatte nur so unglaubliche Angst!«
Andrew blickte auf die Risse in ihrer Hose, das getrocknete Blut auf der Wolle. »Dieser Hurensohn.« Seine Augen, die von einem helleren Blau waren als die seiner Schwester, wurden dunkel vor Entsetzen. »Hat er...« Er umschloß mit seinen Händen die ihren, die immer noch die Porzellantasse umklammert hielten. »Hat er dich vergewaltigt?«
»Nein. Nein. Nichts dergleichen. Er hat nur meine Tasche gestohlen. Er wollte einfach nur Geld. Es tut mir leid, daß du von der Polizei angerufen worden bist. Ich hätte es selbst tun sollen.«
»Ist schon in Ordnung. Mach dir keine Sorgen.« Andrew umschloß ihre Hände fester, ließ sie aber rasch los, als sie zusammenzuckte. »Oh, Baby!« Er nahm ihr die Tasse ab, stellte sie beiseite und betrachtete ihre aufgeschürften Fingerkuppen. »Es tut mir so leid. Komm, ich bringe dich ins Krankenhaus.«
»Ich muß nicht ins Krankenhaus. Ich habe nur ein paar Beulen und blaue Flecken.« Miranda holte tief Luft, was ihr jetzt, wo er hier war, leichter fiel.
Andrew konnte sie wütend machen, und er hatte sie enttäuscht. Aber er war ihr ganzes Leben lang der einzige gewesen, der immer bei ihr, immer dagewesen war.
Er drückte ihr die Tasse Tee wieder in die Hand. »Trink einen Schluck«, befahl er, dann stand er auf und lief im Zimmer auf und ab.
Er hatte ein schmales, knochiges Gesicht, das gut zu seinem langgliedrigen,
Weitere Kostenlose Bücher