Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
in sein Bett gelockt, sie mit Pasta gefüttert und ihr ihr eigenes Herz gezeigt hatte.
Natürlich war es keine passende Beziehung gewesen. Vollkommen unpassend sogar. Er war arm und voller wilder Leidenschaft. Elizabeths Eltern hatten sie im selben Moment, in dem sie von der Affäre erfuhren, nach Boston zurückgeholt.
Und das hatte die Beziehung natürlich beendet.
Elizabeth schüttelte die Erinnerungen ab, ärgerlich, weil ihre Gedanken in die Vergangenheit abgeglitten waren. Sie hatte ihre eigenen Entscheidungen getroffen, und diese waren absolut richtig gewesen.
Jetzt war sie die Direktorin der weltweit größten und angesehensten Firma, die Kunstgegenstände auf Echtheit und Alter prüfte. Standjo hätte genausogut zum Familienunternehmen der Jones gehören können, aber es gehörte ihr. Ihr Name befand sich oben an erster Stelle, und sie auch.
Sie stand am Fenster, eine schlanke, attraktive Frau von achtundfünfzig Jahren. Ihre Haare waren aschblond – mit diskreten Strähnchen von einem der Topsalons in Florenz. Ihr untadeliger Geschmack spiegelte sich in ihrem perfekt geschnittenen Valentino-Kostüm wider, auberginefarben mit gehämmerten Goldknöpfen. Ihre Lederpumps paßten im Farbton genau dazu.
Elizabeths Gesicht war glatt, die gute New-England-Knochenstruktur kaschierte die wenigen Falten, die es wagten, sich zu zeigen. Ihre Augen waren von einem scharfen und harten, intelligenten Blau. Sie bot das Bild einer kühlen, eleganten Geschäftsfrau mit Geld und der entsprechenden gesellschaftlichen Stellung.
Mit weniger hätte sie sich auch nie zufriedengegeben.
Nein, dachte sie, ich will immer nur das absolut Beste.
»Wir warten auf Miranda«, sagte Elizabeth und drehte sich wieder zu Elise herum. »Sie ist die Spezialistin. Ich werde den Minister persönlich anrufen und ihm die kurze Verzögerung erklären.«
Elise lächelte sie an. »Verzögerungen versteht niemand so gut wie die Italiener.«
»Genau. Wir sehen uns später die Berichte an, Elise. Ich möchte jetzt erst einmal den Anruf erledigen.«
»Du bist die Chefin.«
»Ja. Oh, John Carter kommt übrigens morgen. Er wird in Mirandas Team mitarbeiten. Du kannst ihm ruhig in der Zwischenzeit ein anderes Projekt anvertrauen, schließlich braucht er hier nicht Däumchen zu drehen.«
»John kommt? Das freut mich. Wir können ihn im Labor immer gebrauchen. Ich kümmere mich darum.«
»Danke, Elise.«
Sobald sie allein war, setzte Elizabeth sich wieder an ihren Schreibtisch und musterte den Safe, der gegenüber an der Wand stand. Wenn man bedachte, was er enthielt...
Miranda würde das Projekt leiten. Das hatte sie gleich beschlossen, als sie die Bronze gesehen hatte. Es würde eine Standjo-Unternehmung sein, geleitet von einer Jones. Das hatte Elizabeth so geplant, das erwartete sie.
Und das würde sie auch erreichen.
2
Miranda kam fünf Tage zu spät. Sie stieß die hohen mittelalterlichen Türflügel von Standjo, Florenz, auf und marschierte so energisch durch die Halle, daß die Absätze ihrer praktischen Pumps wie Gewehrschüsse auf dem weißen Marmorboden widerhallten.
Während sie um eine hervorragende Bronzereproduktion von Cellinis Perseus, der Medusas abgeschlagenes Haupt in der Hand hielt, herumging, clippte sie den Standjo-Ausweis, den Elizabeths Assistentin ihr per Express zugeschickt hatte, an den Aufschlag ihres Jacketts.
Miranda hatte sich oft gefragt, was die Kunst-Auswahl in der Eingangshalle wohl über ihre Mutter aussagte. Vermutlich, daß sie alle Feinde mit einem einzigen Schlag vernichtete.
Miranda blieb an der Rezeption stehen, trug sich hastig in das Besucherbuch ein und fügte, nach einem Blick auf ihre Uhr, die Zeit hinzu.
Sie hatte sich sorfältig, geradezu strategisch für diesen Tag angezogen und ein königsblaues Seidenkostüm gewählt, das streng und militärisch wirkte. Miranda fand, es erregte Aufsehen und strahlte zugleich Stärke aus.
Das richtige Auftreten war lebenswichtig, wenn man vor einer Begegnung mit der Direktorin des besten Archäometrie-Labors in der Welt stand. Auch wenn diese Direktorin die eigene Mutter war.
Sie drückte den Aufzugknopf und wartete ungeduldig. Sie war entsetzlich nervös, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber sie ließ sich nichts anmerken.
Während sie den Aufzug betrat, zog sie ihre Lippen noch einmal nach. Ein Lippenstift hielt bei ihr normalerweise ein ganzes Jahr, manchmal sogar länger, da sie sich mit solch lästigen Dingen nur befaßte, wenn es nicht zu
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