Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
schlaksigen Körperbau paßte. Seine Haut sah ähnlich aus wie die seiner Schwester, allerdings waren seine Haare von einem dunkleren Rot, fast mahagonifarben. Jetzt stemmte er wütend die Hände in die Hüften.
»Ich wünschte, ich wäre hier gewesen. Verdammt, Miranda. Ich hätte hier sein müssen!«
»Du kannst nicht überall sein, Andrew. Niemand hätte vorhersagen können, daß ich vor unserem Haus überfallen werde. Ich glaube – und die Polizei glaubt es auch –, daß er ins Haus
einbrechen und uns ausrauben wollte, und mein Nachhausekommen hat ihn überrascht und deshalb hat er seine Pläne geändert.«
»Sie sagten, er hatte ein Messer.«
»Ja.« Sie hob die Hand, um behutsam die feine Linie an ihrer Kehle zu betasten. »Und ich kann dir sagen, daß ich meine Messerphobie noch nicht überwunden habe. Ich brauche nur eins zu sehen, und mein Verstand steht still.«
Andrew blickte grimmig drein, fragte aber mit sanfter Stimme, während er sich neben sie setzte: »Was hat er getan? Kannst du es mir erzählen?«
»Er ist aus dem Nichts aufgetaucht. Ich wollte gerade meine Sachen aus dem Auto holen. Er hat mich an den Haaren zurückgerissen und mir das Messer an die Kehle gehalten. Ich dachte, er wollte mich umbringen, aber er hat mich nur niedergeschlagen, meine Tasche und meine Aktentasche genommen, die Reifen zerstochen, und dann war er weg.« Miranda versuchte ein schiefes Lächeln. »Nicht ganz der Empfang zu Hause, den ich mir vorgestellt hatte.«
»Ich hätte hier sein sollen«, sagte Andrew noch einmal.
»Andrew, bitte.« Sie lehnte sich an ihn und schloß die Augen. »Du bist ja jetzt hier.« Und das genügte offenbar, um sie zu beruhigen.
»Mutter hat angerufen.«
»Was?« Er hatte ihr gerade den Arm um die Schultern legen wollen, beugte sich jetzt aber vor, um seiner Schwester ins Gesicht zu sehen.
»Das Telefon klingelte, als ich ins Haus trat. Gott, ich bin immer noch ganz benommen«, klagte Miranda und rieb sich die Schläfen. »Ich muß morgen nach Florenz fliegen.«
»Sei nicht albern. Du bist gerade erst nach Hause gekommen, und du bist überfallen worden, verletzt und durcheinander. Du meine Güte, wie kann sie da von dir erwarten, daß du ein Flugzeug besteigst?«
»Ich habe es ihr nicht gesagt.« Miranda zuckte mit den Schultern. »Ich habe gar nicht nachgedacht. Jedenfalls war die Aufforderung laut und deutlich. Ich muß einen Flug buchen.«
»Miranda, du wirst jetzt ins Bett gehen.«
»Ja.« Sie lächelte wieder. »Bald.«
»Ich rufe sie an.« Andrew sog die Luft ein wie jemand, dem eine unangenehme Aufgabe bevorsteht. »Ich erkläre es ihr.«
»Mein Held.« Liebevoll küßte sie ihn auf die Wange. »Nein, ich fliege. Ein heißes Bad, ein paar Aspirin, und mir geht es wieder gut. Und außerdem kann ich nach diesem kleinen Abenteuer ein bißchen Ablenkung gut gebrauchen. Anscheinend hat sie eine Bronzeskulptur, die ich untersuchen soll.« Der Tee war kalt geworden, und Miranda stellte die Tasse wieder ab. »Sie würde mich nicht nach Standjo beordern, wenn es nicht wichtig wäre. Sie braucht einen Archäometriker und zwar schnell.«
»Sie hat einen unter ihren Leuten in Standjo.«
»Stimmt.« Dieses Mal war Mirandas Lächeln fröhlich. »Standjo« stand für Standford-Jones. Elizabeth hatte dafür gesorgt, daß nicht nur ihr Name, sondern auch alles, was mit ihr zu tun hatte, in dem Florentiner Unternehmen an erster Stelle stand. »Wenn sie mich dahaben will, muß es also etwas Großes sein. Sie will, daß es in der Familie bleibt. Elizabeth Standford-Jones, Direktorin von Standjo, Florenz, schickt nach einem Experten für italienische Renaissance-Bronzen, und sie wünscht, daß dieser den Namen Jones trägt. Ich habe nicht vor, sie zu enttäuschen.«
Miranda bekam für den nächsten Morgen keinen Flug mehr und mußte die Abendmaschine nach Rom mit Transfer nach Florenz buchen.
Fast ein ganzer Tag Verspätung.
Das würde ein Heidengeld kosten.
Während sie versuchte, ihre Schmerzen im heißen Badewasser zu lindern, berechnete Miranda die Zeitdifferenz und beschloß, daß es keinen Grund gab, ihre Mutter anzurufen. Elizabeth lag jetzt wahrscheinlich schon im Bett.
Heute abend konnte sie sowieso nichts mehr in die Wege leiten. Morgen früh würde sie bei Standjo anrufen. Ein Tag mehr würde keinen großen Unterschied machen, nicht einmal für Elizabeth.
Sie würde mit einem Mietwagen zum Flughafen fahren, weil ihr Knie so sehr schmerzte, daß das Fahren
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