Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
verfolgten?
Einen Augenblick ging mir die Frage durch den Kopf, ob am Ende der rothaarige Herr Junkarts die Quelle dieser Phänomene war. Er schien mir durchaus imstande, einen Poltergeist auszulösen, wenn ihm etwas nicht passte, und er hatte allen Grund, uns mit Missfallen zu betrachten. Schließlich waren wir der Anlass, warum der Hauseigentümer ihn kündigen wollte.
Dennoch hatte ich meine Zweifel. Die Kraft und Aufmerksamkeit, die mich umgab, schien unmittelbar von dem Bauwerk selbst auszugehen. Ich spürte ein Summen in den Dielen, ein Vibrieren in der Luft. Wenn ein einzelner Mann imstande war, ein ganzes Gebäude zu einer Manifestation seines Willens zu zwingen, dann musste er tatsächlich über einen gewaltigen Willen verfügen. Umgekehrt aber war das, was ich verspürte, unverkennbar eine menschliche oder menschenähnliche Intelligenz. Ich wurde nicht nur registriert, wie mich eine Fotokamera registriert hätte, sondern
wahrgenommen,
auf eine Weise, wie ich mir als Kind vorgestellt hatte, dass Gott mich immerzu sah und hörte.
Während wir die nächste Treppe hinaufstiegen, wandte ich mich an den Agenten. „Ich würde gerne ein bisschen mehr über die Geschichte dieses Hauses hören. Wer vorher hier gewohnt hat und so.“
Alec warf mir einen Seitenblick zu, der besagte: Du bist doch unverbesserlich!
Der Makler konnte mit meiner Frage nichts Rechtes anfangen. Oder
wollte
er sie nicht beantworten? Jedenfalls zuckte er die Achseln. Es gäbe nichts Besonderes zu berichten, behauptete er. Seine Firma verwaltete die Villa seit fast zwanzig Jahren. In der Zeit waren die Mieter gekommen und gegangen. Das sei so üblich. Leute, die einzelne Zimmer mit Küchenbenützung mieteten, waren zumeist nicht sehr sesshaft. Viele waren Studenten.
„Und noch früher?“, bohrte ich. „Wer hat es denn erbauen lassen?“
Darüber konnte er mir auch nicht viel sagen. Das Bauwerk war rund 150 Jahre alt. Erbauen lassen hatte es eine der gut situierten Familien, die in der damals fashionablen Larabaya-Straße ihre Villen errichteten. Im Zweiten Weltkrieg war es eine Zeitlang als Lazarett requiriert gewesen, danach hatte es wechselnde Bewohner gesehen. In den 70er Jahren hatte es eine Firma gekauft. Aber seit seine Gesellschaft es verwaltete, waren hauptsächlich Studenten die Mieter gewesen. Studenten und eben andere Leute, die sich nicht viel leisten konnten. Robert Junkarts wohnte bereits seit drei Jahren da, die drei jungen Leute seit zwei bzw. eineinhalb Jahren.
„Wem gehört es eigentlich?“
Ich erfuhr, dass der Besitzer eine Bank war. Der letzte Besitzer, der Geschäftsmann, hatte sich überschuldet und war in Konkurs gegangen. Sein Hauptgläubiger hatte die Liegenschaft kassiert. Wahrscheinlich hatten die Banker keine große Freude mit dem Kasten, der außer mageren Mieten nichts einbrachte. Sie würden Alec die Hände küssen, wenn er sich entschloss, ihn zu kaufen.
Ich erkundigte mich rundheraus, warum ein so gut erhaltenes Bauwerk so ungewöhnlich billig zu haben sei.
Die Antwort war eine lange Suada über die Schwierigkeiten des Immobilienmarktes – ein Gebiet, von dem ich nicht die geringste Ahnung hatte. Ich blieb trotzdem misstrauisch. Zu fest war die Überzeugung in mir verankert, dass verdächtig billig angebotene Häuser dunkle Flecken auf ihrer Vergangenheit hatten.
Der fischäugige Agent war kein Mann, mit dem man vertrauliche Gespräche führen konnte, also fragte ich ihn auch nicht, ob hier jemals etwas Ungewöhnliches passiert sei, oder gar, ob es hier spukte. Das konnten wir anders auch herausfinden. Schließlich recherchierte ich nicht umsonst seit zwanzig Jahren in den Gefilden des Unerklärlichen.
Wir stiegen in den zweiten Stock hinauf, wo die beiden jungen Leute wohnten. Keiner von beiden war zu Hause, ihre Zimmertüren waren geschlossen. Eine der Türen, die linke, war schwarz gestrichen worden, was dem Agenten einen ärgerlichen Ausruf entlockte. „Das stelle ich ihm in Rechnung! Das wird er bezahlen! Im Mietvertrag steht eindeutig, dass keine Veränderungen vorgenommen werden dürfen!“
Er schloss die schwarze Türe mit einem Hauptschlüssel auf und ließ uns einen Blick in ein Zimmer tun, das mich an Ray Millands wohnliches Mausoleum in „Lebendig begraben“ erinnerte. Ein beißender Geruch von Räucherstäbchen mischte sich in die stickige Luft. Die Fenster waren geschlossen und verhängt, sodass ich erst Näheres erkannte, als der Agent das Licht andrehte.
Ich hatte Zeit
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