Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
Vom Netzwerk:
meines Lebens viele solcher Zimmer gesehen, aber ich hatte nicht gewusst, dass sie auch im 21. Jahrhundert immer noch fashionabel waren. Das Bett ähnelte mit seiner schwarzen Samtdecke einem Katafalk. An der Decke darüber war, wie ein Trauerbaldachin, eine Unmenge schwarzes Tuch befestigt, das sich bauschte und in barocken Falten herabwallte. Auf dem Boden standen Dutzende improvisierter Kerzenleuchter, dazwischen prangte auf einem Stapel Bücher ein weiß gebleichter Totenkopf, der mich aus seinen leeren Augenhöhlen auf eine seltsame und beunruhigend lebendige Art anstarrte, als nehme er meine Gegenwart mit menschlichen Sinnen zur Kenntnis. Die Längswand des Raumes bedeckte schwarzer Filz, auf dem eine Unzahl von Fotos festgespießt war, alle mit mehr oder minder melancholischen Sujets. Der Bewohner musste ein Gothic von außergewöhnlich trauerumflorter Gemütsart sein, doch wies nichts darauf hin, dass er ein Satanist gewesen wäre. Das freute mich. Ich mochte Gothics gerne, aber mit Satanisten hatte ich – die trotz all ihrer Extravaganzen eine Protestantin von altem Schrot und Korn war – meine Probleme.
    Das gegenüberliegende Zimmer, das des Mädchens, war ähnlich adjustiert, wenn auch eine Spur weniger depressiv. Auf der schwarzsamtenen Bettdecke drängte sich eine Schar von kaputtgeliebten, glasäugigen Plüschtieren. Hier spürte ich wieder die Gegenwart des unsichtbaren kleinen Mädchens an meiner Seite. Vielleicht, dachte ich, gefielen ihm die Plüschtiere, und es hielt sich gerne in diesem Raum auf, denn ich wurde den Eindruck nicht los, dass es mich auf etwas hinzuweisen versuchte, wie einem Kinder ihr Lieblingsspielzeug vorführen.
    Der Makler wandte sich entschuldigend an uns, als er die Türe schloss. „Das wird natürlich in Ordnung gebracht, ehe Sie hier einziehen.“
    „Es steht noch keineswegs fest, dass wir hier einziehen werden.“
    Ich wusste nicht, ob der Mann mir glaubte. Wahrscheinlich hatte er Sensoren dafür, wann ein Interessent es ernst meinte. Trotzdem bestand ich darauf, auch den Dachboden zu sehen, um zu kontrollieren, ob das Dach so gut war, wie er behauptete.
    Die Frage brachte ihn in Verlegenheit. Er murmelte etwas, dass er den Schlüssel nicht zur Hand habe. Aber der Dachboden sei auch nicht bemerkenswert. Er sei vollkommen leer. Nicht einmal Gerümpel würde dort aufbewahrt.
    Ich spähte misstrauisch zu der verschlossenen Pforte hoch. Der letzte Absatz der Treppe führte zu einer einfachen blauen Metalltüre hinauf, die sich unmittelbar am oberen Ende der Stufen befand. Irgendetwas stimmte hier nicht, aber ich konnte nur warten, bis Alec eine Entscheidung getroffen hatte. Wenn wir erst einmal die Schlüssel in Händen hatten, würde ich selbst nachsehen.
    Alec hatte kein großes Interesse an dem Dachboden. Jedenfalls ließ er sich keines anmerken. Er begutachtete die brutal mit braunem Lack übermalte Wandtäfelung, die da und dort hinter dem Sperrmüll hervorguckte, klopfte mit seinem Gehstock auf dem Schiffboden herum und zupfte an den Eselsohren der grünen Tapete.
    Ich wandte mich an unseren Führer. „Das Souterrain würde mich noch interessieren; Sie erwähnten, dort befindet sich ein größeres Badezimmer?“
    „Ja, ganz genau.“ Der Agent hatte es merkwürdig eilig, der Dachbodentüre den Rücken zu kehren. Er schusselte förmlich die Treppe hinunter und schwatzte dabei so eifrig, wie einer im Dunkeln pfeift, um sich Mut zu machen. Im ursprünglichen Plan des rund 150 Jahre alten Bauwerkes – so erzählte er uns – waren keine Badezimmer vorgesehen gewesen, nur die engen Waschräume in jedem Stockwerk, und der einzige Platz, wo man eines einrichten konnte, ohne das halbe Haus aufzustemmen, befand sich im Untergeschoss. Dafür war es aber auch besonders geräumig. Dort unten gab es überhaupt noch eine Unmenge Platz; man konnte einen hübschen Hobbyraum oder Partykeller anlegen ...
    Unter diesem Geplauder hatten wir das Erdgeschoss erreicht. Ich merkte, dass Junkarts‘ Türe einen Spalt breit offen stand. Wahrscheinlich lehnte er dahinter an der Wand und lauschte. Ich erinnerte mich, wie er uns angesehen hatte. Was sich in seinem Blick spiegelte, war viel mehr als nur die gewöhnliche Neugier eines Mieters gewesen, der sich eventuellen zukünftigen Mitbewohnern gegenübersieht. In den klugen braunen Augen war etwas aufgeleuchtet, als gratulierte er sich selber: Da sind sie ja endlich!
    Wir warfen einen Blick in das Zimmer des zukünftigen Fotomodells, das

Weitere Kostenlose Bücher