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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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stillstanden.
    Charlotte ging zum Schreibtisch ihrer Großmutter, zog die Plastikhülle vom Monitor und startete den Computer. Der Bildschirm wurde hell.
    Jonathan stellte seine große schwarze Reisetasche auf den Schreibtisch. Als er sie öffnete, erkannte Charlotte eine enggedrängte, aber sauber geordnete Sammlung von Disketten, Koaxialkabeln, Krokodilklemmen, Telefondrahtrollen, Starkstrom- und Verbindungskabeln, Tonbandkassetten, Kopfhörern, dazu ein Tischmikrofon, Mini-Tonbandgerät, Antenne, Gummihandschuhe, verschließbare Plastikbeutel und Pinzetten.
    Er zog seine Jacke aus und warf sie über die Stuhllehne. Charlotte sah ihm dabei zu, wie er sich mit den knappen, zielstrebigen Bewegungen, die ihr immer das Gefühl vermittelt hatten, nun sei alles in Ordnung, die Hemdärmel hochkrempelte. Jonathan war dabei, die Sache in die Hand zu nehmen.
    Aber in anderer Hinsicht war er ein Fremder. Er wirkte so perfekt gepflegt, so frisch, ganz und gar nicht wie ein Mann, der nach einem zwölfstündigen Flug auch noch über hundert Meilen durch ein Unwetter gefahren war. Sie überlegte, ob diese Art der Lässigkeit einstudiert wirkte, vielleicht seine Methode war, Klienten Vertrauen einzuflößen. Immerhin arbeitete er im technischen Sicherheitsgeschäft, so daß es von absoluter Wichtigkeit für ihn war, als ein Mann mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten zu erscheinen.
    Diese Brillanz, begriff Charlotte, war das Ergebnis einer Verwandlung, deren Anfang sie vor zehn Jahren miterlebt hatte. Sie stellte sich vor, wie er einen Apfel nicht mehr aus der Hand aß, sondern sorgfältig mit dem Messer zerteilte, so wie es die Europäer taten. Vermutlich tunkte er keine Pommes frites mehr in Bratensoße und machte auch keine matschigen Sandwiches aus Schweinefleisch, Bohnen und weichem Toast. Sie hatte einen Verdacht, woher diese Veränderung kam. Von ihm selbst war sie nicht ausgegangen. Ein Mann, der erst mit Mitte Zwanzig entdeckt hatte, daß es Socken überhaupt gab, wurde nicht über Nacht so aalglatt. Kein Zweifel, Jonathan hatte zehn Jahre lang unter einem starken äußeren Einfluß gestanden.
    Dem seiner Frau natürlich. Adele.
    Als er eine Lasche seiner Tasche an einer Seite hochklappte, sah Charlotte einen oben am Rand befestigten Plastikstreifen mit den Worten: »Jede ausreichend fortgeschrittene Technologie ist von Zauberei nicht zu unterscheiden.« Arthur C. Clarke. Außerdem bemerkte sie in einem der Fächer ein Taschenbuch, »Ich, Roboter«, von Isaac Asimov. Beides wirkte tröstlich auf sie. Jonathan interessierte sich also immer noch für Science-fiction, und er las noch, was hieß, daß sich wenigstens einige Dinge an ihm nicht verändert hatten. Vielleicht waren dann andere auch gleich geblieben.
    »Ich muß mich erst einmal in euer Netz einarbeiten und feststellen, wie hoch euer Sicherheitsstandard ist. Wenn unser Freund ein Eindringling ist, kennt er sich mit dem internen System von Biotec aus.«
    »Eindringling? Du meinst ein Hacker?«
    Er lächelte und runzelte zugleich die Stirn. »Hacker sind die guten Jungs, weißt du nicht mehr? Wir waren stolz darauf, daß wir vierzig Stunden ohne Essen und Schlafen daran arbeiten konnten, ein Programm, das kein Mensch je benutzen würde, so zu verfeinern, daß man es nicht mehr weiter verfeinern konnte. Die Medien haben uns diesen Titel gestohlen und ihn den bösen Jungs verliehen.«
    Wie hatte sie es vergessen können? Die regnerische Nacht in Boston vor siebzehn Jahren, als ein bärtiger, zerlumpter, gegen das Establishment kämpfender Johnny ihr leidenschaftlich erklärt hatte: »Ich gehe ans Massachusetts Institute of Technology, Charlotte. Dort sind die besten Hacker auf dem ganzen Planeten.«
    Und alles, was sie hatte denken können, war: Johnny würde in Amerika sein!
    »Würdest du dich bitte für mich einloggen?«
    Charlotte kehrte mühsam in die Gegenwart zurück. »Ich kann dir mein Paßwort geben.«
    Er trat vom Schreibtisch zurück und schob ihr den Stuhl hin. »Ich möchte, daß du dich einloggst.«
    »Aber Jonathan, du darfst mein Paßwort doch kennen.«
    »Will ich aber nicht.« Er drehte dem Computer seinen Rücken zu.
    »Bitte, logg dich für mich ein.«
    »Also gut.« Sie setzte sich hin und tippte rasch ein Wort.
    »Hier.« Sie stand wieder auf und überließ ihm den Stuhl.
    »Danke.« Er nahm Platz.
    Voller Erstaunen sah sie, wie aus Jonathan innerhalb von Sekunden ein anderer Mensch wurde. Sie hatte diese Verwandlung früher schon erlebt –

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