Das Haus der Rajanis
schließlich mit donnernder Stimme fragt, ob all dies wahr sei, und ich schweige, den Blick vor ihm senke und sich das ganze Zimmer auf seiner Achse um mich dreht.
Der Doktor befragt mich abermals, was diese Dinge zu bedeuten haben, und ich antworte ihm, meine Traurigkeit rühre von all dem, was mich in meinen Träumen bestürme, worauf er wissen will, welcher Natur diese Träume sind, und ich ihm sage, dass sie, zu meinem Leidwesen, mir allesamt nicht mehr erinnerlich,wenn ich erwache, alle bis auf einen, jene Vision von einem Krieg aller gegen alle, von Rauchsäulen und Booten, die über das Meer schnellen, worauf der Doktor meine Zunge, meine Schläfen und die Adern meiner Hand, in denen das Blut pulsiert, begutachtet, flugs meinen Körper für gesund befindet und meint, dieser leide weder an Malaria noch an einer Erkrankung der Gedärme, weder an einer fiebrigen Überhitzung des Körpers noch an einem durch tierisches Gift verschuldeten eitrigen Auswurf, um mir sodann, mit einem Zucken seiner pechschwarzen Brauen, zu signalisieren, ich möge den Raum verlassen, und mir befiehlt, vor der geschlossenen Türe zu warten, durch die ich alsbald Mutters ersticktes Weinen vernehme und Wortfetzen, «verzweifelt», «verliere den Verstand», «keine Hoffnung», und seine dumpfen Antworten, «Hirse», «Klistier», «Rizinusöl», ehe meine Mutter in erneutes Weinen ausbricht, das wie eine Welle von Erbrochenem aus ihrem Munde spritzt, als er erbarmungslos das Wort «Wahnsinn» bemüht und ihr die Namen mehrerer Heime und Obdächer für Menschen verwirrten Geistes nennt, ja gar in Al-Quds, der Heiligen Stadt, in einem hinter einer Moschee versteckt gelegenen Gebäude, damit die Schwatz- und Tratschsüchtigen sich nicht das Maul zerreißen, und als ihr Weinen allmählich schwächer wird, trete ich in den Flur und blicke von dort auf die Straße, voller Angst, dessen ansichtig zu werden, was ich Nacht für Nacht in meinen Träumen sehe, und eine Schwäche meinen Körper zu bezwingen droht, da alle, die Klage gegen mich geführt, recht behalten haben: Meine Seele ist zerfressen und zernagt von einem niederträchtigen Wurm, von einem Schädling, der die Blätter des Rizinusbaumes vertilgt, von Blattläusen, die sich am Verstand des Menschen laben, bis er dem Wahnsinn anheimgefallen wie ein tollwütiger Hund, weshalb kein anderer Ausweg mir bleibt, als zum Meer zu gehen, ein paar Schritte nur,und dieser absonderlichen Geschichte meines Lebens ein Ende zu setzen, auf dass alle Dschinns mit mir in den Fluten von Jaffa ertrinken, da die See tosen und uns hinabziehen wird in die Finsternis der Tiefe, die ewige Grabstätte der Kreuzfahrer, die aus der Stadt zu flüchten trachteten, und all jener, die ihre Boote unvollkommen gesteuert und hinabgestürzt, um unter dem Mantel der grünen Algen den Fischen ein Fraß zu werden.
24. September 1895, Neve Shalom
Alle Tage dieser Woche bin ich umhergewandert unter den arabischen Maklern, um zu erfragen, ob sie schon etwas gehört hinsichtlich des Landes, nach dem ich suche, habe ihnen meine von den Chowewei Zion ausgestellte Obligation gezeigt über eintausend Franken als Anzahlung, doch was zu finden ich ersehnte, fand sich nicht. Meine Stimmung ist gedrückt. Selbst das vortreffliche moslemische Konfekt, gefüllt mit gehackten Nüssen und überzogen von karamellisiertem Zucker, vermag mich nicht aufzumuntern, da ich von einer Kalamität in die nächste wandle, ohne passables Land und ohne Nutzen all der agronomischen Fertigkeiten, die ich im Auslande erworben.
Doch neben all diesem Misslichen ist heute mir auch etwas Gutes widerfahren in Gestalt eines Abenteuers.
Es war zur Nachmittagszeit, da ich in einer der Gassen unweit des Marktes der Geldwechsler (El-Sarafin in der Sprache der Araber) stand, ganz in der Nähe des nördlichen Stadttores, über mir lange und breite farbenprächtige Stoffbahnen gespannt, die Passanten vor der brennend heißen asiatischen Sonne zu schützen. Ich war im Begriff, zwei Araber zu treffen, Salim und Salam, beideVerschaffer von allem und jedem, die ich ersucht, mir zweierlei zu finden, arabisches Land und ein arabisches Weib, um über das eine wie das andere zu kommen. Wohl hegte ich keine allzu großen Hoffnungen in dieses Gespann, allein eine bessere Wahl hatte ich nicht.
Unterdessen ich an eine Mauer der Gasse gelehnt stand, die Hände in den Taschen, fühlt ich, wie ein Augenpaar mich eingehend betrachtet. Ich hob meinen Blick zu der offen stehenden
Weitere Kostenlose Bücher