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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Nachmittage gesehen.
    Ihre Lippen waren ein wenig geschürzt und sehr adrett; ihre Haut höchst erquicklich von der Sonne gebräunt. Ihre Augen blickten neckisch, den Manne zu Unbedacht und Ausschweifungeinladend. Möglich, dass sie eine Dirne ist, die sich einen Hurenlohn verdienen wollte, da sie für den schwachsinnigen Sohn, der an ihrem Rockzipfel hing, zu sorgen hat, da ein Gatte und Vater nicht zur Hand.
    Morgen werde ich Salim und Salam nach ihr befragen. Innig einander zugetane Freunde sind sie, diese zu kurz geratenen aber kräftigen, plappersüchtigen Burschen. Beim Gehen halten sie einander umarmt, ja selbst der Schlaf vermag sie nicht zu trennen. Es gibt nichts in der Stadt Jaffa, das ihnen entginge. Salim und Salam begehrten weder Lohn noch Salär, sondern ein
Bakschisch
(ein Wort, das bei den Arabern höchst beliebt) von zwanzig Prozent auf jeden Erwerb und Ankauf. Und es gäbe nichts, das sie nicht zu tun bereit wären. Für eintausend Franken würden sie wohl jede Menschenseele, an der mein Auge keinen Gefallen findet, beseitigen. Doch ich habe ihnen gesagt, dies sei keine meiner Gepflogenheiten.

    Bagdad ist übervoll von allem Guten und Schönen – dickbäuchige Händler mit Doppelkinn türmen auf ihren Ständen Gold- und Silberbarren, Gewürzschätze aus den Ländern Indiens und Chinas, teure und farbenfrohe Seidenstoffe und der feinsten Tücher aus Damaskus, auch Dichter gibt es deren viele in Bagdad, unter ihnen Abu Nuwas und Abu El-Atahiyya, dazu berühmte Sänger, die sich Weltruhm erworben, und diese wie jene lustwandeln auf marmornen Böden durch endlose Flure, spazieren um güldene Springbrunnen, die ihr Wasser in den wolkenlosen Himmel werfen, sitzen unter Weinranken und Dattellauben und preisen allesamt den weisen und verständigen Kalifen Harun Ar-Raschid, von Allah geliebt, da in den Kanälen Bagdads klares Wasser sprudelt und zwischen
seinen Strömen sich ein wunderbares, fruchtbares und farbenfrohes Tal erstreckt, doch zwischen alldem laufe ich, Laila, einsam umher, meine Tage nachtschwarz und mein Herz voller Trauer, denn mein Vater wünscht mich einem Manne zur Frau zu geben, der mir verhasst, einem alten Händler, der einen Harem von zwölf Frauen sich hält, die einander in ständigem Streit zugetan, ihre Zähne gelb und ihre Augen vor Missgunst blitzend, bis sogar die Kanarienvögel in seinem Haus zu singen aufgehört und die grünschwänzigen Papageien mit ihrem goldenen Brustgefieder nicht mehr in den Aprikosenbäumen seines Gartens nisten, derweil ich von Sehnsucht nach meinem Geliebten zerfressen werd, dem schönen, blauäugigen Mann, dem meine Liebe gilt, nicht reicher Kaufmann und nicht Landbesitzer ist er, nicht Moslem und nicht Christ, sondern ein Wandergeselle ohne Namen und ohne Heimat, sein Äußeres freundlich und gewinnend, seine Zunge gewandt und der Sprachen viele sprechend, sein Wuchs stattlich, stets wohnt ein Lachen auf seinem Antlitz, blicken seine Augen weiser als alle Weisheit, bin voll der Liebe ich für ihn.
    Indes, mein Liebster weilt nicht länger in den Mauern unserer Stadt, da seine niederträchtigen Feinde ihn vertrieben, die Handlanger meines Vaters ihn genötigt, um sein Leben zu fliehen, doch durch welches der vier Stadttore, die in ferne Länder führen, ihn seine Schritte trugen, werd ich wohl niemals wissen, wohin seine Seele und sein Leben geleitet, niemals verstehen, und Nacht für Nacht entziehe ich mich lautlosen Schrittes dem wachsamen Auge der Diener und Eunuchen, um die Stadtmauer zu erklimmen und von der Höhe ihrer Zinnen nach dem Geliebten meiner Seele auszuschauen, sinne, ob er die Verse meines Liedes, das für ihn bestimmt, wird hören können, meine Finger in einem verzauberten, unhörbaren Tanz wirbelnd zu sehen vermag, und ob ich ihn noch jemals mit Stricken der Magie zu meiner Stadt, meinen Flüssen werde ziehenkönnen und ihn mit süßem Wasser übergießen, doch in meiner Phantasie werde von seinem starken, stolzen Ross ich hinweggetragen, fliehe mit ihm zu einem unbekannten Land, die Häscher des alten, gehörnten Bräutigams dicht auf unseren Fersen, sie versuchen, uns zu stellen, doch wir galoppieren und galoppieren, Staubwolken wirbeln von den Hufen unseres braven Rosses auf, und mein Liebster küsst mich auf die Lippen, wie süß ist seine Zunge, wie klar seine Augen, des Nachts werde ich mich an ihn schmiegen, werde auf seiner breiten Brust, die sich mit jedem Atemzug hebt und senkt, schlummern, werde seinen strohblonden

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