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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Gelegenheit gefunden, mir die Kehle durchzuschneiden. Doch trotz alledem beging diese Narretei ich, tat einen Sprung zum Fenstersims, zog ins Zimmer mich und fand alsbald zwischen den Büchern und Schriften des Jungen mich wieder.
    Sogleich kam Salach zu mir gelaufen und schenkte mir eine lange Umarmung voller Liebe und Wärme, derweil er sonderbare Dinge murmelte, wie etwa, dass meine lange Abwesenheit er mir verzeihe, und ich voller Erstaunen an mir selbst gewahrte, dass die Zuneigung des Jungen auch mich angesteckt und ich die Liebe zwischen uns fließen und schäumen spürt.
    Beim Schein der Öllampe in seiner kleinen Kammer sah ich, dass seiner Tränen Quelle gar reichlich gesprudelt, und ich fragte ihn: «Salach, wo ist deine Mutter?»
    Der Junge sprach flüsternd, sein Blick starr. Auch zitterte und bebte er, und beim kleinsten Laut auf dem Gang, hinter der geschlossenen Türe, fuhr zusammen er. Er sagte, die Engel des Todes seien hinabgestiegen, auf den Pfaden des Gutes zu wandeln, und redete wirr von Dschinnen, Dämonen und Geistern, die seinen Schlaf und seine Seele peinigten, doch ich packte bei den Schultern und schüttelte ihn, da meine Zeit dort kurz bemessen, und fragte abermals: «Wo ist Afifa?», da Furcht und Sorge sich in mein Herz gestohlen, der Junge habe den Verstand verloren, doch Salach ermannte sich und berichtete mit verängstigter, schwacher Stimme mir, seine Mutter befinde sich in dem Zimmer, das mit seinem Vater sie teile.
    In dem Augenblick, da er mir dieses gesagt, ertönten von derTreppe schwere, grobe Schritte, und Salach erbleichte auf einen Schlag, seine Augen traten hervor und seine Pupillen weiteten und rundeten sich, ja selbst ich erstarrte, da die Schritte näher kamen, Schritte eines kranken, siechen Mannes, und in allerletzter Sekunde sprang Salach auf seine kurzen Beine und stemmte mit seinen schmächtigen Armen gegen die Tür sich, die schon im Begriffe, sich aufzutun. Er bedeutete mir, ich solle unter das Bett schlüpfen, als wie vom Sturme die Türe unter Schlägen und Stößen aufflog und ich von meinem Versteck auf dem Fußboden Salachs kleine, rötliche Pantoffeln auf der einen Seite konnt stehen sehen und auf der anderen – ein Paar feiste schwarze, behaarte Füße mit langen, rosafarben bemalten Nägeln.
    Sogleich ertönte die verhasste, piepsige Weiberstimme des Vaters, der allem Anschein nach von Salach etwas verlangte, eine Antwort auf eine Frage oder eine Erwiderung auf eine Epistel. Salach, der wie angewurzelt mit schlotternden Knien dastand, antwortete stockend, da sein dünnes, kindisches Stimmchen ihn beinahe verriet und in großes Weinen umschlug, noch ehe ihre kurze Konversation geendet und die Tür wieder zugeschlagen.
    Kaum war der Vater abgegangen, kam unter dem Bett ich hervor, küsste flüchtig den verängstigten Jungen auf Hände und Wangen und stieg alsbald die Treppe hinab, dem Vater und Ehemann nach, mit angehaltenem Atem, meinen Bauch platt gegen meinen Rücken gedrückt. Im Erdgeschoss angelangt erinnerte ich mich der Örtlichkeit von meinem ersten Besuch auf dem Gut, demnach sich dort der Raum befinden musste, den Afifa mit ihrem Gatten, dem Effendi, teilte. Mustafa Abu-Salach war derweil auf die Veranda getreten, sodass ich zu diesem Zimmer eilte und dort Afifa vorfand, bleich und schluchzend, ihr Antlitz ein Flickwerk aus getrocknetem Blut. Viel zu sagen vermochte ich nicht,sodass ich ihre Hände ergriff, diese küsste und mich davonmachte, ehe man mich entdeckt.

    Nacht ist’s, und im Hause rumort und raschelt es, tausend Raben krächzen von jedem Ast, die Zypressen erheben sich gegeneinander, Myriaden von Wellen wühlen das ferne Meer auf, und auch der Fluss, Wadi Musrara, lässt ein sonderbares Tosen hören, da zu dieser späten Stunden ich mich von meinem Bett erhebe und mit geschlossenen Augen und gesenkten Lidern gehe, die Treppe hinab, und im Dickicht der Dunkelheit, im Erdgeschoss unseres Hauses, Mutter und Amina gewahre, die über den glühenden Scheiten im Kamin die Köpfe zusammenstecken und flüstern, der Mund der einen am Ohr der anderen, ihre Hände damit beschäftigt, geheimnisvolle Dinge auszutauschen, ihre Augen ruhelos umherirrend, fast als wären wunderliche Figuren sie in einer misslungenen Geschichte, deren Niederschrift abgebrochen, und Vater liegt dort neben ihnen, schläft auf roten Kissen den Schlaf der Gerechten, seine großen Füße ausgestreckt auf einem kleinen Hocker, seine gewaltigen, von Muskeln umflochtenen

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