Das Haus der Rajanis
und gefangen in den feinen, giftigen Fäden ihrer spinnengleichen Frauen, sodass ihren Söhnen nun nicht einmal ein Fitzelchen Männlichkeit mehr verblieben, da ihnen das Lebensmark bis zur Neige ausgesaugt.
Salim und Salam lauschten dem Rapport meiner Begegnung mit Mustafa Abu-Salach und lachten hämisch. Dann taten sie mir kund, niemals werde der Mann sein Anwesen verkaufen. Erst vor fünf oder sechs Jahren seien Juden zu ihm gekommen, an ihrer Spitze der allbekannte Seev Tyomkin, und hätten einen stattlichen Vorschuss ihm überreicht, doch das Landgut habe der Effendi nicht verkauft und das Geld nie zurückgezahlt.
Gedrückter Stimmung empfahl ich mich.
31. Dezember
Unter großen Mühen habe heute ich vermocht, mich auf das Gut der Rajanis zu stehlen. Denn meine Seele verzehrte sich nach diesem. Alle süßen Erinnerungen an die Zeit, die ich dort verbracht, waren mir zuletzt noch teurer und lieber geworden, bis die Sehnsucht mein Gesicht umwölkte, dass sogar die gnädige Frau meine Traurigkeit gewahrte, ihr Meißeln und Bohren an den Zähnen der Araber unterbrach und mir, nach der Art einer treu sorgenden Ehefrau, Tee mit Honig reichte, um mich zu trösten und aufzumuntern, ja mich mit sorgenvoller, trauriger Miene gar das eine oder andere Male fragte, was mir widerfahren.
Um die Nachmittagsstunde verließ das Haus ich, nahm einen Esel, Hölzer und Pfähle und brachte alles zum nördlichen Ende des Gutes der Rajanis, wo die Kakteenbüsche nicht über die Maßen in die Höhe geschossen und keine Pachtbauern und sonstige übel gesonnenen Kretins zu finden, und dort baute ich aus den Hölzern und Pfählen eine Leiter mir, erklomm diese, sprang, kugelte und fiel auf der anderen Seite der Hecke zu Boden, auf der fruchtbaren, vom Regen feuchten und von niedrigen grünen Gräsern bedeckten Erde.
Alsdann schritt durch die Obstpflanzungen und Bäume ich, Afifas Warnungen, die alten wie die neuen, noch im Ohr, dass, sollte ihr Gatte mich zu fassen bekommen, derweil auf dem Anwesen ich mich umtäte, er den Kopf mir einschlagen würde und die Kehle durchschneiden. Ich lachte bei mir über die Furcht vor diesem Manne, der kein Mann, dem Gatten, der kein Gatte, und dem Vater, der kein Vater, da zwischen den langen, schmalen Bewässerungskanälen ich voranpirschte, von denen viele brackig und mit fauligen Algen bedeckt.
Die Absicht, die ich hegt, war, zum Wohnhaus zu gehen und die griesgrämige Dienerin zu bestricken, ihrer Herrin eine Note zu überbringen, in der ich ihr mit gewinnenden Worten geschrieben, sie möge um Mitternacht mich in unserer Laube treffen, da ihr Gatte niemals wagen und sich getrauen würde, zu so später Stund seine klapprigen Knochen aufzuraffen und das Anwesen abzuschreiten, und da ich also dahinmarschierte, unter meinen Schritten Zweige und kleine Kreidesteinchen raschelten und knackten, trat nach und nach das weitläufige Haus vor meine Augen, altehrwürdig und von grünen Kletterpflanzen behangen, zu allen Seiten umhüllt von Traurigkeit und Zwielicht, als hätte Gevatter Tod persönlich seine Arme darumgelegt, es in ewigen Schlaf zu wiegen.
Noch in Betrachtung dieses Abbilds der Traurigkeit ward meine Seele mit einem Male erweckt und von großem Licht umspült, da ich den Jungen, Salach, gewahrte, der im Fenster saß und durch die Vorhänge auf den finstern Horizont starrte, als sein Blick sich kreuzte mit dem meinen und sogleich Freude und Hoffnung in ihm aufflammten, er mich flüsternd hieß, den alten, ausladenden Johannisbrotbaum zu erklimmen, dessen starke Äste zu allen Seiten sich spreizten, um zu seinem Fenster zu gelangen, wobei er mir bedeutete, äußerste Vorsicht walten zu lassen, da der Vater und Ehemann irgendwo im Hause zugegen, und wie ein Äffchen hüpfte alsbald von Ast zu Ast ich, klammerte an die Rinde mich und zerkratzte meine Haut mir, stieg Sprosse um Sprosse empor wie auf einer Leiter, die just zu diesem Behufe gefertigt, und als ich die höchsten, fragilsten Äste erreicht, zeigte sich Salachs Antlitz mir, trauriger noch als beim ersten Male, da ich ihn erblickt, jedoch ein wenig ermutigt nun durch mein Erscheinen, und er bedeutete mir, von dem Baume zu springen, mich nach dem Fenstersims zu strecken und von dortin sein Zimmer zu ziehen, worauf ich hinab auf die Erde blickt, die nun zwei Stockwerke von mir getrennt: Verfehlt ich den Sprung, würd hinab in die Tiefe ich stürzen und unter Qualen und schrecklichen Schmerzen meine Seele aushauchen, noch ehe Abu-Salach
Weitere Kostenlose Bücher