Das Haus der Rajanis
zu dem Gute wie auch zu dessen exaltierter Herrin.
Meine Augen sind immerzu zum Horizonte gerichtet, doch die Elefantenkarawane derer, die eilen, das Blut zu rächen, will nicht kommen, derweil die Tage geschwind verstreichen und einschwerer Schatten in den Wolken sich verdichtet und Furcht auf das Haus und seine Ländereien herabregnen lässt, da der böse Engel viele seiner Getreuen auf unser Gut gebracht hat, allesamt bleichgesichtige Juden mit verschlagenem Blick wie er, die eine Art Turm und Mauer sich errichtet, hinter denen sie hocken und die Bauern von der
Biara
vertreiben, laut pfeifen und auf unserem Land sich aufführen, als wären dessen Herren und Meister sie, und wer soll erheben sich und in den Kampf ziehen gegen diesen Schurken und seine Rotte?
All mein Heil und meine Hoffnungen trachten danach, die trompetenden Elefanten zu hören, den Boden unter ihrem Gewicht erbeben zu spüren und den Tod dessen zu gewahren, der meiner Seele verhasst, der Verderben und Zerstörung bringende Engel, seine gepeinigten Schreie zu hören, wenn von den Elefanten er niedergetrampelt, sein Körper zerquetscht und zermalmt und Blut mit Fleisch sich mischt, da seine Seele der Engel jeden Moment wird aushauchen und seine Schreie Flüsse und Meere erzittern lassen, doch noch ist der Himmel klar und wolkenlos und am Horizont kein Elefant zu sehen, kein Kamel und nicht einmal ein blindes Maultier zum Troste, und ich, zwischen Verzweiflung und Hoffnung schwankend, zermartere mir das Hirn, warum meine Onkel und Cousins nicht tun, worum in meiner geheimen, dringenden Depesche ich sie gebeten, vielleicht achten ja gering sie einen Brief, der von einem Knaben verfasst, vielleicht spotten insgeheim sie über meine gepeinigte Seele oder aber haben die Botschaft nie erhalten, da fern der Heimat sie und noch nicht zurückgekehrt, und dieser Gedanke vermag zu trösten mich und mir neue Lebensgeister einzuflößen, wie ein letztes Aufflammen des Feuers Funken aus der verglimmenden Asche stieben lässt, und an diesem Span der Hoffnung hänge alle Tage ich, beschirme mit der Hand die Augen vor der Sonne, die allegraue Wintertrübsal abgelegt hat, und halte beständig Ausschau, die mit großem Jubel und Kriegsgetöse Eintreffenden zu sehen, die dem Dreck und Gestank ein Ende bereiten werden, welche auf unserem Gut sich breitgemacht.
29. Januar 1896, Neve Shalom
Da nach der Mühsal eines arbeitsamen Tages erschöpft und zerschlagen ich die Schwelle meines Hauses erreicht, harrte die gnädige Frau meiner mit der Neuigkeit, ihre Schwester Rivka habe ein Telegramm geschickt und darin die Ankündigung, dass schon in einer Woche nach dem Heiligen Lande abzureisen sie gedenke.
«Bon voyage», sagte ich.
«Jetzt komm her», sagte sie.
«Zu welchem Behufe?», fragte ich.
«Deine Ehegattenpflicht zu erfüllen», erwiderte sie.
«Dazu fehlt mir die Kraft», sagte ich.
«Jetzt», sagte sie, «und nicht später.»
Ich bestieg sie, jedoch ohne Saft und Kraft. Dem Wodka und den arabischen Gewürzen, die Konvulsionen in meinen Gedärmen auslösten und mein Blut sinken ließen, gab die Schuld ich.
Die gnädige Frau murrte, drehte mir ihre Hinteransicht zu, bedeckte mit dem Laken sich und war alsbald eingeschlafen.
Was mich jedoch betrifft, so bin noch wach ich, liege im Bett und schreibe nun diese Zeilen zum Schein der Öllampe.
An diesem Morgen habe meinen Geliebten ich gemordet. Ich ging entgegen ihm in meinem schönsten Kleid und mit meinem weißen Schleier und den zierlichen Schuhen, doch hinter meinem Rücken hielt ein Messer mit kurzer, scharfer Klinge ich verborgen, streckte meine Arme aus, ihn zu umfangen, und erwiderte seine köstlichen Küsse, und mein Geliebter, mein Angebeteter trägt auf seinen von der Sonne gebräunten, starken Armen mich, seine Haut tropft von wohlriechendem Schweiß, und ich schiebe meine Rache noch auf, sage nichts ihm über seine Taten auf dem Perlenmarkt von Bagdad, wo öffentlich er mit einer anderen Frau ward verlobt, einer wunderschönen schwarzhaarigen Braut, und wie er sie mir vorgezogen, sie vor aller Augen geküsst, lautstark angespornt von den Händlern der Stadt, nein, stattdessen heuchele Hingabe ich, erwidere seine Küsse, und mein Geliebter, den mein Herz begehrt, legt auf ein weiches Lager aus Palmblättern, gepolstert mit roten Blüten, mich, und ich kichere, da mein Kleid er mir auszieht, meine glatten Schenkel und zierlichen Füße entblößt und sich hinabbeugt, meine Zehen zu küssen, eine
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