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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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sagte, ein paganisches Ritual sei dies, das die Muselmanen pflegten, ehe in die Schlacht sie zögen. Jedel mochte weder dem einen noch dem anderen beipflichten, sodass am Ende sie in ihrem Versteck blieben, wenn auch nach viel Disput und Kontroverse, geflüstert und gewispert, auf dass der Junge sie bloß nicht höre. Allem Anscheine nach sollte zu guter Letzt Jehoshua recht behalten, denn der Junge stillte den Blutfluss mit seinem Gewande und drückte einen Fleck auf seine Stirn, warf alsdann auf das Grab sich und stimmte einen arabischen Singsang an, der nach einem ekstatischen Gebet ihnen klang.
    Ganz unstreitig hat der Junge vollkommen den Verstand verloren, und wenn nicht wir ihn aus seinen eigenen Händen erretten, wird am Ende er sich an einem Haken aufknüpfen oder vom Fenstersims springen, um sich zu entleiben wegen dieser Halluzinationen, die sein Leben erschüttern.
    Ich muss so bald als möglich mit seiner Mutter darüber sprechen.

    Die tumben Pachtbauern empören sich weiter und wagen nicht, die Hand gegen den Verderben bringenden Engel zu erheben, obgleich es unter ihnen sehr wohl jene gibt, die ein Schwert oder einen Dolch zu führen wissen und sich auf die Kunst des Schlachtens und Mordens verstehen, weshalb noch einmal ich ihnen heute die Rede zu Gehör brachte, die ich auf der umgedrehten Stiege auf dem Markt der Obst- und Gemüsehändler gehalten und sie zur Rache anstachelte, und wiewohl die Pachtbauern mir gebannt lauschten, ihre Pupillen geweitet vor Schrecken, und siegestanden, dass ihre Furcht vor dem bösen Engel gewiss groß, werden niemals sie sich gegen ihn erheben und ihr Schicksal in die eigenen Händen nehmen, denn die Zukunft ist schon geschrieben und besiegelt wie die Seiten eines vollendeten Buches, sodass ich sie anflehte, wenigstens einen Schild, ein Schwert oder ein großes Messer mir zu geben und zu zeigen, wie diese zu halten, aber die Pächter antworteten vereint mir, dergleichen würden nicht sie tun, denn sie wollten Allah nicht ungehorsam werden noch seine Pläne durchkreuzen, und die einzige Kraft, die ihnen gegeben, sei die des Gebetes, und sogleich breiteten bis auf den letzten Mann ihre Gebetsteppiche sie aus, warfen sich nieder und flehten zu Allah, er möge die Verderbten verderben und den Tod der Gemordeten rächen und Ruhe und Frieden über ihre Scholle bringen, und als ich schließlich sie sich selbst überließ und von dort wegging, zog eine Schar von Kindern an meinem Ärmel und erzählte mir über ein Versteck von Waffen, die wie geschaffen für die Tat, nach der es mich verlangt, und sie erklärten mir, wie den Ort ich unter den Bäumen unseres Gutes würde finden können, worauf ich ihnen dankte und zum Zeichen meiner Zuneigung durchs Haar fuhr, denn langsam, aber unumstößlich reift in mir der schreckliche Entschluss heran, den Tod meines Vater mit meinen eigenen Hände zu rächen.
    Von dort legte ich den langen Weg zum Grab meines Vaters zurück, zu dem Friedhof auf dem Sandsteinfelsen über dem Meer, und die Grabsteine standen schweigend – nur die Katzen der Trauer jaulten unter den salzigen Büschen –, da eine stürmische, peitschende Erinnerung an das Begräbnis in mir aufkam, denn hier hatte die Ehebrecherin gestanden und Kummer geheuchelt, hier hatte mit den Totengräbern sie mit neuen, ungestümen Kräften gekämpft, hier hatten die Zypressen und Akazien sich zur schaudermachenden Stimme des Windes gewiegt, undich kniete nieder am Grab, das von einer kalten Marmorplatte bedeckt, und sagte: «Vater, obgleich allein auf dem Friedhof ich bin, spüre und weiß ich, dass Augen jetzt auf mich und meinen Körper gerichtet, weiß, es sind deine Augen, die jeden meiner Schritte schauen, und ich schwöre dir, dass ich tun werde, wie du mir befiehlst, dass ich hergehen werde und das Blut des guten Engels vergießen, der auf unser Gut gekommen, auf dass deine Seele ihre ewige Ruhe finden möge, anstatt zwischen der Welt der Nichtigkeit und der Welt der Wahrheit gefangen zu sein, zwischen den Lebenden und den Toten, und nur dieses Gebet richte an dich ich, dass du mir den Wagemut mögest schenken, mich gegen meine Feinde zu erheben und sie mit dem Schwerte zu erschlagen, ebenso wie du es auf behänden Kamelen unter den dichtstehenden Dattelpalmen getan, so Gott will, werde geschickt und entschlossen ich sein wie du im Schwingen der Lanze und tödlichen Stoß», und Vaters Hände reckten aus dem Grab sich, kalt und knöchern, ergriffen meine Finger, drückten

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